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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Pitbull in Ritterrüstung hätte diesen Sturz überlebt. Der arme kleine Retriever wird irgendwo zermatscht unter diesem Haufen Scheiße liegen. Ich versuche, Luft zu holen, aber der feine Staub und die Zigarettenasche, die durch den Aufwärtswind von dem Müllkanal nach oben gezogen werden, füllen meine Lungen. Ich bekomme einen Hustenanfall und kotze erst mal eine Runde. Sehen kann ich nur noch aus einem Auge, das zudem tränt wie verrückt. Ich bin total fertig und will fast aufgeben, als ich ein leises Wimmern höre. Ich wühle etwas in dem Müll herum, ziehe ein paar Lagen nasses Zeitungspapier beiseite und sehe … den kleinen Retriever, der da mitten in Eierschalen, verschrumpelten Teebeuteln und Kartoffelschalen liegt. Mit großen Augen starrt mich der Welpe an. Aber er hat irgendwas in der Schnauze …
    Als ich genauer hinschaue, fühle ich meinen Mageninhalt wieder nach oben steigen und muss mich verdammt zusammenreißen, um nicht erneut zu kotzen: Der Kleine hat so ein labbriges Ding im Maul, das aussieht wie eine Stoffpuppe. Es ist ungefähr dreißig Zentimeter lang, hat einen großen Kopf und dünne, gummiartige Gliedmaßen. Wirkt wie ein Space-Alien, das man in Tomatensoße, Dreck und irgendeine schmierige Pampe getaucht hat. Die Beine sind zwischen den Zähnen des Welpen gefangen, Oberkörper und Kopf baumeln an der Seite seines Mauls herunter. Gefällt mir ganz und gar nicht, wie das aussieht. Ganz und gar nicht! Mir gefriert das Blut in den Adern, und ich merke, wie mein Puls gegen meine Schädeldecke hämmert. Der Anblick der Beine zwischen den Zähnen des Welpen … fürchterlich! Die Augen von dem Ding sind zwar geschlossen, aber seine blauen Augenlider stehen irgendwie hervor. Es hat schwarzes, mattes Haar. An der Seite des Kopfs prangt eine Wunde – ein großes Loch, aus dem jede Menge Zeug herausquillt. Das ist keine verdammte Puppe! Sieht eher aus wie …
    Der Welpe hat mich zwischen seinen Zähnen …
    Die Beine gefangen …
    Mein kleines Gesicht …
    Ihr kleines Gesicht …
    Ich kann mich nicht mehr bewegen, sondern sitze regungslos in dem Müllhaufen und starre den kleinen Retriever und dieses mit blutroter Pampe befleckte, teils kaffeefarbene, teils blaue Ding an, auf dem er herumkaut. Irgendwann lässt der Hund dieses Etwas los und kommt zu mir herüber. Ich nehme ihn hoch und drücke ihn an meine Brust. Er fühlt sich warm an und gibt leise Seufzer von sich. Aus seiner Nase steigen Dampfwolken mit warmer Atemluft auf.
    Ich starre wieder auf das Ding, das da vor mir im Müll liegt. Seine Augen sind geschlossen, und es sieht so aus, als wäre es zur Ruhe gekommen und würde schlafen.
    Ich kann verdammt noch mal nicht …
    Es ist kein Baby. So bescheuert bin ich nun auch nicht. Da müsste man schon ganz schön krank drauf sein, um dieses Ding als »Kind« zu bezeichnen – das ist es nämlich noch nicht und auch niemals gewesen. Das soll aber nicht heißen, dass hier nicht ein bisschen mehr Respekt angebracht gewesen wäre. Es fühlt sich falsch an, das Ding einfach hier liegen zu lassen. Nur eine verdammt kaltherzige Schlampe kriegt so etwas fertig und schmeißt es hierhin, als wäre es Abfall.
    O mein Gott, was hat sie nur getan?!
    Ich weiß nicht, was ich tun soll. Als wieder eine Ladung die Rutsche hinunter in den Container saust und auf meinem Rücken landet, mache ich, dass ich aus dem Teil rauskomme. Der Welpe leckt an meiner Hand. So nehme ich ihn unter den Arm, klettere aus dem Container und schließe die Tür hinter mir ab, als ich den Raum verlasse.
    Ich stinke erbärmlich. Nach Müllcontainer. Mit dem Welpen unterm Mantel laufe ich eine halbe Ewigkeit durch die Gegend. Irgendwann latsche ich am Kanal entlang. Die Sonne geht gerade unter, und es wird noch mal kälter. Der Kleine hat jetzt aufgehört zu wimmern. Wahrscheinlich hat er dort unten erbärmlich gefroren. Nach einer Weile fühlt es sich so an, als wäre er eingeschlafen. Ich kann nur an eine Sache denken: das Ding im Container. Erst: warum? Dann: wie? Danach: wann? Daten. Uhrzeiten …
    Da das Neighbourhood Housing Office nicht weit weg ist, gehe ich dort vorbei und gebe den Schlüssel an der Rezeption ab. Die Tante am Empfang schaut mich an, als ob ich der letzte Arsch bin. Ich hab das Gefühl, dass sie mich am liebsten rausschmeißen würde, aber sie tut es nicht. Schätze mal, ich sehe wirklich wie ein Freak aus. Mit all dieser Scheiße auf meinen Klamotten stinke ich wie ein Iltis. Obendrein lugt noch ein

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