Skagboys 01
Sinn für Humor vollkommen verloren zu haben – ein äußerst schlechtes Zeichen für meinen Ginger-Kumpel.
Dieses Mal geht Tom allerdings auf den Kommentar ein. »Danke … Keith.«
»Mit diesen Ärschen rumzuhängen«, meint Sick Boy und schaut dabei Spud, Swanney und mich an.
»Gut, jetzt scheinen wir uns der Sache anzunähern«, stellt Tom fest und rückt auf seinem Stuhl nach vorn. »Keith meint die Außenwelt, sprich: wo wir leben, unsere Umgebung. Simon erwähnt bestimmte Beziehungen, in erster Linie Freundschaften. Eine Art Gruppendruck also, der dieses sinnlose und autodestruktive Verhalten fördert.«
Ich kann nicht anders, als mit einer Salve höhnischen Gelächters zu reagieren. »Wenn dem so is, gratulier ich euch zu dem Geniestreich, uns alle in diesem Wohnkomplex zusammenzupferchen! Wirklich großartig … alle Junkiekumpels auf einem Haufen!«
»Da hat Rents verdammt recht«, meint Skreel. »Ich hab hier drinnen ein paar wirklich tolle Leute kennengelernt, keine Frage. Aber ehrlich gesagt …« Er schaut zu den anderen, um sicherzustellen, dass sich niemand beleidigt fühlt. »Ehrlich gesagt, wird keiner von denen mir dabei helfen, vom Stoff runterzukommen.«
Tom bleibt cool. Vielleicht hat Schwester Vierauge doch nicht so unrecht gehabt, als sie meinte, dass er einer der Besten auf seinem Gebiet ist. »Natürlich gibt es bei allen Reha-Angeboten limitierende Faktoren. Was mich allerdings interessieren würde – und ich möchte das nur als Denkanstoß verstanden wissen –, ist die Frage, ob Peer-Gruppen nicht auch positives Verhalten verstärken oder fördern können?«
»Positives Verhalten? Wie Abstinenz? Enthaltsamkeit?«, frage ich nach. Ein Witz, anzunehmen, dass hier irgendwer den Stoff aufgeben will!
»Sicher. Ihr wollt doch alle clean werden, oder nicht?!«
Es folgt ein langes Schweigen. Totenstille. Wir schauen uns gegenseitig an und merken, dass plötzlich Die Große Lüge im Raum hängt – das Märchen, das dieses Reha-Spielchen überhaupt erst möglich macht und die Grundlage für diesen absurden Entzugs-Kult bildet. Was soll man da sagen? Swanney schnallt als Erster, dass gerade viel auf dem Spiel steht, und springt in die Bresche, um den Verdacht zu entkräften. Auf seiner Visage strahlt zwar ein Lächeln, aber eigentlich ist er todernst. »Ich habe so viele Leute abgezogen und enttäuscht, dass mich die Reue und die Schuld killen würden, wenn ich nüchtern bleibe. Das ist es einfach nicht wert.«
»Da hat er nicht ganz unrecht«, werfe ich wieder etwas voreilig ein. Einen Augenblick später hasse ich mich schon dafür. Ich meine allerdings, was ich sage, und weiß, dass Johnny es auch tut. Wie viel Schuld mag er bereits auf sich geladen haben? Sicherlich eine ganze Menge – ein immenses Gewicht, das er bis zum Ende seiner Tage mit sich herumschleppen muss. Entweder man lernt, ein besserer Mensch zu werden und damit zu leben, was man getan hat, oder aber man lernt, sich einfach einen Scheiß drum zu kümmern.
»Nun … ja …«, sagt Tom. »Aber denkt bitte dran: Dieses Reha-Zentrum ist ein Versuch. Wenn wir keine Ergebnisse liefern, wird es geschlossen.«
Sick Boy – der ein bisschen beleidigt zu sein scheint, dass ich ihm in puncto zynische Zwischenbemerkungen den Rang abgelaufen habe – wirft Tom einen ernsten Blick zu. »Also müssen wir uns jetzt alle zum Wohl des Reha-Zentrums zusammenreißen, oder wie?! Das ist ja wirklich großartig.«
Tom ist ein harter Hund und lässt sich nicht so leicht aus der Fassung bringen. »Du kennst die Alternative, Simon … fast alle von euch haben bereits eine Bewährungsstrafe bekommen und müssten diese dann absitzen.«
Ansagen dieser Art holen uns immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. So bescheuert dieses Reha-Programm auch sein mag – selbst im Vergleich zur softesten Haftanstalt ist es noch ein Kinderspiel. Wenn ich eine Sache aus den Nächten in der Ausnüchterungszelle gelernt habe, dann die, dass ich nicht für das Kittchen geschaffen bin. Ich habe es mir damals geschworen, und ich schwöre es mir heute erneut: ICH WERDE NIEMALS WEGEN JUNK HINTER GITTER GEHEN. Egal, was für eine Bullshit-Reha mir das System anbietet – zeigt mir die gestrichelte Linie, und ich unterschreibe, wenn mich das davor bewahrt, gesiebte Luft zu atmen.
Tom wendet sich an Skreel. »Martin …«
»Nenn mich Skreel, Mann.«
»Sorry, ähm … Skreel. Was möchtest du aus dieser Gruppe mitnehmen?«
»Ich will einfach mit dem
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