Skagboys 01
Drücken aufhören und wieder gesund werden«, lügt er Tom ins Gesicht.
Tom nickt langsam und hält den Blick einen Moment lang auf Skreel gerichtet, bevor er sich zu Johnny dreht.
Swanney ist ein ausgekochter Wichser, der – Gott segne ihn dafür – genau weiß, wie er die Leute in diesem Raum auf die Palme bringt. »Natürlich ist es schwierig«, meint er mit einem Schulterzucken. »Denn wir alle wissen, wie geil und wie unvergleichlich erlösend ein Schuss Skag sein kann … ganz besonders, wenn man am Klappern ist.« Seine Zunge flitzt über die Lippen, und ein Grinsen macht sich auf seiner Visage breit. Einen Moment lang sieht er wie eine Eidechse aus, die gerade eine saftige Fliege verdrückt hat. Skreel rutscht nervös auf seinem Stuhl hin und her, und Mollys blasse Züge versteinern urplötzlich. Audrey lässt von ihren Nägeln ab und kaut stattdessen auf ihren Haarspitzen herum, während Spud seinen Kopf mit den Händen festhält und ein gequältes Stöhnen hervorpresst, als Johnny weiterspricht. »Dieses wunderschöne, berauschende Gefühl der Entspannung, das dich überkommt, wenn der Stoff durch deine Venen rast und in deinem Gehirn explodiert. Mit einem Mal badest du in diesem wonnigen Schauer der Euphorie, der all die kleinen und großen Probleme und all den Dreck um dich herum zu Staub zerfallen lässt und deine Schmerzen hinwegfegt. Und das mit nur einem kleinen Schuss, mit nur einem klitzekleinen Schuss …«, sinniert er, während sich Molly, Audrey, Spud, Ted und Skreel in ihren Stühlen winden.
»Das reicht jetzt, Johnny«, sagt Tom.
»Ich mein ja nur …« Er lässt ein gekünsteltes Lächeln aufblitzen. »Skag hat auch seine guten Seiten. Ansonsten würde es ja keiner nehmen …«
»… oder Geld damit verdienen können!«, wendet Molly ein und eröffnet eine neue Schlacht in dem alten Krieg.
Tom winkt allerdings ab. »Ich weiß, was du sagen willst, Molly, aber ich würde gern auf die Verluste zu sprechen kommen. Ich möchte, dass ihr darüber nachdenkt, was ihr durch euren Heroinkonsum verloren habt.« Er steht auf, geht zum Flipchart und nimmt einen Stift zur Hand.
»Marie«, ruft Sick Boy.
Tom sieht ihn mit einem verwirrten Gesichtsausdruck an. »Ist das deine Freundin?«
»Die beste, die ich jemals hatte«, gibt Sick Boy grinsend zurück, und alle lachen. Der arme Tom erstarrt auf der Stelle und wirkt auf einmal so steif und stumm wie ein Vibrator ohne Batterien.
»Er meint Pinke«, hilft Spud aus und bewahrt Tom, dessen Hals schon eine leicht rote Farbe angenommen hat, vor der völligen Blamage. Also schreibt Tom »GELD« in Großbuchstaben an das Flipchart.
»Kumpels«, meint Ted.
Toms schwarzer Marker setzt diesen Hinweis in »FREUNDE« um.
»Ich weiß nich, wie es den anderen geht«, meldet sich Keezbo zu Wort und schaut dabei traurig zu Sick Boy rüber. »Aber was du über Freundinnen gesagt hast, Mr. Simon …«, er blickt zu Audrey und Molly, »oder Freunde, um nicht sexistisch zu sein – jedenfalls … der Sexualtrieb verschwindet.«
Sofort ertönt nervöses Gekicher.
»Nicht notwendigerweise«, wirft Swanney ein. »Bester Sex, den ich jemals hatte, war auf Skag. Also ganz am Anfang.«
»Aye, ganz am Anfang«, höhnt Sick Boy. »Wahrscheinlich der einzige Fick in deinem Leben, für den du nicht bezahlen musstest.«
Swanney zeigt ihm das umgedrehte Victory-Zeichen. »Wie war das noch mal, als du am Klappern warst und an meine Tür gehämmert hast?«
Sick Boy windet sich in seinem Stuhl und schweigt. Schlagartig sind alle ruhig. Es ist, als würden sie spüren, wie sich da etwas in ihren Hosen rührt: diese Schwänze, die schon seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt wurden und nun nach Action schreien, und diese Pussys, die wahrscheinlich viel zu oft benutzt wurden, aber schon Ewigkeiten nichts mehr gefühlt haben.
Wir quatschen eine Weile weiter, den üblichen Mist eben, und werden relativ schnell müde. Die Gähnattacken häufen sich und signalisieren, dass es Zeit für eine Kaffeepause wird. Alle kippen sich ein paar Tassen von dem pechschwarzen Trunk rein, dessen Koffeingehalt so hoch ist, dass er dich wie Base-Speed aus den Latschen knallt. Dazu gibt es dieses süße Mürbeteiggebäck und – am allerwichtigsten – Zigaretten. Alle hier sind Nikotinjunkies. Sogar Tom. Ich hingegen werde von den Rauchern misstrauisch beäugt, weil ich die Glimmstängel verabscheue.
Die Pausenzeiten sind die besten Momente. Da erzählen sich die Leute ihre Lebensgeschichten –
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