Skagboys 01
Hazel und ich je zusammen konsumierten, war Wodka. Es ist ein tolles Gefühl, Post zu bekommen. Sick Boy, der Arsch, kennt das zur Genüge, denn der kriegt jeden zweiten Tag Briefe von irgendwelchen Perlen.
Zurück in meinem Zimmer, mache ich mir erst mal Bowie an. Während David darüber singt, dass er immer wieder in dasselbe Auto reinfährt, lese ich den Brief von Hazel.
Lieber Mark,
ich hoffe, die Reha läuft gut, und du findest die Kraft, das Programm durchzuhalten. Neulich habe ich deine Mutter auf der Junction Street getroffen. Sie war gerade auf dem Weg zur Kirche, um eine Kerze für dich anzuzünden und für dich zu beten. Ich weiß, dass du jetzt bestimmt darüber lachen wirst, aber es zeigt doch, wie besorgt sie um dich ist. Alle aus deiner Familie machen sich Gedanken. Ich auch.
Ich arbeite immer noch bei Binns. Momentan plane ich einen Urlaubstrip mit Geraldine Clunie und Morag Henderson. Es soll nach Mallorca gehen. Geri ist eine Arbeitskollegin, und Morag kennst du sicher noch von der Schule.
Neulich hab ich Roxy Music im Playhouse gesehen, Mark! Was für ein unglaublicher Gig! Danach traf ich ein paar alte Bekannte im Mathers Pub auf der Broughton Street: Kev Stewart, Gwen Davidson, Laura McEwan, Carl Ewart. Die haben alle nach dir gefragt und gemeint, dass sie dich vermissen. Genauso wie ich. Können wir bitte, bitte BALD unseren alten Mark wiederhaben?
Pass auf dich auf.
Alles Liebe,
Hazel xxxx
Beim Lesen ihrer Worte fühle ich, wie etwas in meiner Brusthöhle zusammensackt. Ich zerknülle den Brief zu einer Kugel und werfe ihn in den leeren Mülleimer. Die Putzfrau scheint jetzt täglich durch die Zimmer zu gehen, denn gestern lagen da noch einige Blätter, die ich aus meinem Tagebuch herausgerissen hatte, und ein paar mit Herrensahne besudelte Papiertaschentücher. Egal. Einen Augenblick später fische ich Hazels Brief wieder aus dem Eimer, streiche ihn glatt und stecke ihn in meine Jeanstasche.
Der alte Mark? Wer zum Teufel soll das sein?
Nachdem ich mich gesammelt habe, gehe ich mit Spud und Seeker zur Meditationsgruppe. In der anschließenden Kaffeepause erzählt Seeker von den Motorrädern, die er bereits besessen hat. Schwester Vierauge bricht unseren Austausch mit dem Hinweis auf die anstehende Gruppensitzung zur Prozessbegleitung ab. Wie ausgelaugte Zombies trotten wir in den Gruppenraum. Die Atmosphäre wird von zuckersüßer Gefühlsduselei bestimmt: jede Menge Umarmungen und aufgesetzte Nettigkeiten. Das Aggro-Potenzial der Teilnehmer wird sich erst in der Nachmittagssitzung zeigen – in der Gruppe zu Suchtthemen.
Toms Augen blicken beschäftigt durch die Gegend. Sein rot-schwarzes Holzfällerhemd ist auf der Vorderseite mit jeder Menge Krümeln des süßen Mürbeteiggebäcks bedeckt, das in diesen Sitzungen reißenden Absatz findet. »Ich würde euch gern Audrey vorstellen, die heute zum ersten Mal an dieser Gruppe teilnimmt. Hallo, Audrey.«
»Enjoy de re-hab-il-i-tay-shan«, begrüßt Swanney sie mit Fake-Jamaika-Singsang. Jetzt verstehe ich endlich, wo Matty diesen nervenden Karibik-Akzent aufgeschnappt hat. Er gibt zwar immer vor, Johnny zu hassen, will in Wirklichkeit aber genauso sein wie der weiße Schwan.
Molly, jetzt Sitznachbarin von Audrey, scheint Tom ziemlich sympathisch und den Rest der Gruppe, mit Ausnahme von Sick Boy natürlich, ziemlich unsympathisch zu finden. »Nun …«, beginnt sie mit reichlich Pathos. »Ich bin hier, um mein Leben auf die Reihe zu bekommen. Ich bin für alles offen und will Tom die Chance geben, seinen Job zu machen. Audrey wird es ganz gewiss genauso gehen.«
Alle Blicke sind nun auf die schweigende, fingernagelkauende Audrey mit den großen, gequält dreinblickenden blauen Augen gerichtet.
»Danke … Molly«, meint Tom, während die Gruppe mit gelangweiltem Stöhnen und einem vereinzelten Kichern reagiert. Tom schaut mir direkt in die Augen. Es kommt mir so vor, als wolle er mich ermutigen, das Wort zu ergreifen. Sorry, Kumpel, aber Matrose Rents hat seine Segel bereits gesetzt, und der Zielhafen heißt »Schweigen«. Seeker streckt seine Beine aus und wirft die Arme hinter den Kopf. Er lässt ein gigantisches Gähnen aus seinem Rachen kriechen und streicht anschließend seine Bikermähne zurück. Er wirkt wie ein Löwe, der gerade einen Pitbull verspeist hat.
Ich ertappe mich dabei, immer wieder zu Audrey hinüberzuschauen. Sie sieht ziemlich mitgenommen und durchgenudelt aus, aber das tut jeder nach der Entgiftung. Sick Boy
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