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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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wie eine Panoramaansicht, in der alles ineinanderfloss: das Kinderzimmer im Fort, mein Zimmer in unserer Sozialwohnung unten am Fluss (der jetzt seltsamerweise wie der Bosporus aussah), die Stehtribüne in der Ostkurve des Easter-Road-Stadions und zum Schluss unser Wohnzimmer in der Montgomery Street, von dem wiederum ganz neue namenlose Gassen und Wege ausgingen. Ich war fasziniert von der Idee, diese Wege eines Tages hinunterlaufen zu können …
    — Werd ich mal hinunterlaufen oder bin ich vielleicht schon mal hinuntergelaufen, in einem vorherigen Leben …, flüsterte ich zu Fiona. Sie lachte nur laut und sagte ein paarmal hintereinander: — Fleegle, Bingo, Drooper und Snork.
    Ich steckte ihr nicht, dass meine Ma uns immer so genannt hatte. Früher hatte sie jedem von uns (Dad, Billy, Davie und mir) in Anlehnung an diese wuscheligen TV -Figuren einen Spitznamen verpasst. Making up a mess of fun , dachten Fiona und ich zusammen an den Titelsong der Serie und starrten dabei aus unserem gemeinsamen Auge auf Joanne, die einen richtig beschissenen Trip hatte. — Ich hab genug davon! Wann hört das endlich wieder auf? Wann hört es wieder auf?, bettelte sie in einer Tour.
    Dann flatterten mit einem Mal mehrere Bücher einem Vogelschwarm gleich an mir vorbei, und eine überwältigende Erkenntnis krachte auf mich herunter: Parker hat recht! Wie in einem Trompe-l’œil verspotteten mich die fliegenden Schinken und verkündeten Parkers Triumph. — Jetzt kapiere ich das alles …, sagte ich zu mir selbst, während ich meinen Arm um Fiona legte und zuschaute, wie Bisto versuchte, Joanne zu beruhigen. Das Wasser des Flusses hatte mittlerweile die Farbe und die Beschaffenheit eines riesigen, im Wind wehenden Hibs-Trikots angenommen. — … jetzt schnall ich, dass alles im Arsch ist.
    Fiona lachte noch einmal. Es war ein eigenartig mechanisches Geräusch, das so klang, als würde sich irgendein technisches Gerät mitten im Betrieb festfressen. Ich schob ihr Haar zur Seite und flüsterte in ihr Ohr: — Zärtlich ist die Nacht. Ich drückte meine tauben Lippen auf die ihren. Das Acid schien meine Liebe erst vollkommen zu machen. Jetzt war sie frei, beflügelt, kannte keine Schranken oder Mauern und überwand mühelos die Grenzen meines Verstandes.
    — Wann hört das endlich auf?, nörgelte Joanne. — Ich halt das nicht mehr aus. Ich will, dass es aufhört. Wann hört das wieder auf?
    Ein Typ mit einer fantastischen Frisur kam auf uns zu. Er hatte pechschwarze Haare mit blonden Spitzen, die steil von seinem Kopf abstanden und an eine dieser Seeanemonen aus dem Great Barrier Reef erinnerten. Er trug eine verspiegelte Sonnenbrille, in deren Gläsern ich das Fiona-und-Mark-Monster mit seinen zwei irrsinnigen Köpfen und den heraushängenden Zungen sehen konnte. Der Kerl zeigte auf die Anlegestelle, die plötzlich an der Seite des mittlerweile menschenleeren Decks aufgetaucht war.
    — Endstation, Freunde. Wollt ihr nicht wieder an Land gehen?
    Ängstlich wie Piraten, die soeben dazu verurteilt wurden, über die Planke zu laufen, torkelten wir die Gangway hinunter aufs trockene Festland.
    — Verdammt … verdammt … Hammertrip, Alter …, keuchte Bisto in meine Richtung.
    — Ja, nicht schlecht, stimmte ich zu.
    — A mezzur furn …, säuselte Fiona.
    — Wann hört das wiedaaa … auf?!, meckerte Joanne.
    Wie bei allen guten Sachen lautete die Antwort: viel zu früh! Es war an der Zeit für die Heimreise. Gut gelaunt, ständig singend und doch irgendwie traurig reisten wir quer durch Europa zurück nach London. Unser kleiner Chor schmetterte enthemmt Songs wie »Istanbul (Not Constantinople)«, »The Northern Lights Of Old Aberdeen« und »I Belong To Glasgow«, bei dem sich Joanne, zu unser aller Überraschung, ziemlich reinhängte. Sie begründete ihren leidenschaftlichen Gesang damit, dass es kein Lied für ihren Heimatort Paisley gäbe. Ich wünschte, ich hätte so einen Song für Leith singen können. Sogar einer für Edinburgh wäre mir recht gewesen. Aber nichts da. Das Beste war allerdings Fionas beschwingte Version von »Blaydon Races«.
    Als sich der Zug der Heimat näherte, sank die Stimmung in den Keller. Im Bahnhof von Newcastle lag mir Fiona in den Armen, und riesige Kullertränen rollten ihre Wangen hinunter. Ich küsste ihre glänzende Stirn und spürte Verzweiflung in mir aufsteigen, als sie aus dem Zug stieg. Am liebsten hätte ich sie mit mir nach Hause genommen, aber nicht in die Bude mit Sick Boy und

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