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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Straßenbahnen, Autohupen und Menschenmassen – für ein eigenartiges, aber wunderschönes Gefühl sorgten: Wir konnten uns entspannt zurücklehnen und den Trubel genießen. Fionas Augen glänzten, und auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck des Staunens.
    — Erinnerst du dich noch daran, wie krass hell der Vorlesungsraum in Noels Seminar immer war?
    — Ja, die Sonne knallte direkt in den Raum, weil die Jalousien kaputt waren.
    — Ich weiß noch das eine Mal, als die Sonnenstrahlen dich so geblendet haben, dass du eine Hand vor die Augen halten musstest, während du mit Noel über die Kapitalbildung unter europäischen Kaufleuten diskutiert hast.
    — Ähm … ja …
    — Ich war schon damals unglaublich heiß auf dich …
    Der Gedanke bescherte mir ein Hochgefühl, betrübte mich aber auch. — Das ist jetzt sechs Monate her … überleg mal, wir hätten das schon ein halbes Jahr lang machen können!
    Gut gelaunt und angetrieben von billigem Wein und der begeisterten Stimmung in unserer Gruppe, ging es weiter Richtung Osten. Mein Herz schlug Purzelbäume und befand sich in einem permanenten Ausnahmezustand. Fiona ging es genauso. Wir bauten dieses nur schwer beschreibliche, fröhlich-alberne Party-Universum um uns herum auf und zogen alles und jeden in diese Welt hinein, während wir singend – »Istanbul (Not Constantinople)« in albernem Ami-Akzent – und scherzend in Zugabteilen quer durch Europa reisten.
    Why did Constantinople get di woiks?
    Ain’t nobody’s business but dem Toiks’.
    Abends schleppten wir uns ins Hotel zurück, fielen uns, trunken von der Intensität unseres Zusammenseins, glückselig in die Arme und erwachten dann noch einmal für unseren privaten Höhepunkt des Tages. Ihre wunderbaren Massagen an meiner Lendenwirbelsäule, diese liebkosenden Fingerspitzen an meinen geschundenen Wirbeln, kneteten nach und nach den von den Staatsbütteln verursachten Schmerz hinfort. Wir erfanden Spitznamen füreinander. Sie nannte mich ihren Luxus-Leith-Laddie , weil ich es liebte, mich in einer vollen Badewanne zu entspannen.
    Als wir schließlich in der Türkei ankamen, platzte bei Bisto und Joanne der Knoten, und die beiden fingen etwas miteinander an. Es war eigenartig und eigentlich auch zum Scheitern verurteilt: Die beiden hatten keinen wirklich guten Draht zueinander und waren mehr oder weniger durch die Umstände zu diesem Schritt gezwungen worden.
    Istanbul war ziemlich geil. Überall schlichen diese Cliquen stockkonservativer Idioten rum, die uns angafften, als hätten sie noch nie in ihrem Leben ein Mädchen gesehen. In dieser Hinsicht erinnerte es mich ein bisschen an Leith. So versuchte ich, stets nah bei Fiona zu bleiben. Einmal bestellten wir in einem Restaurant ein ziemlich abgefahrenes Gericht: Ko ç yumurtas ı . Als der Ober uns dann die Teller mit den Lammhoden auf den Tisch stellte, kam in Bisto wieder der Schafficker aus Aberdeen raus, und der Arsch wusste nicht, ob er die Dinger nun essen oder liebkosen sollte.
    Die abgefahrenste Nummer war unser Bootstrip über den Bosporus, als wir von einer Seite der Stadt zum Be s ¸ ikta s ¸ -Hafen auf der anderen Seite übersetzten. Die erbarmungslos heiße Nachmittagssonne hatte sich durch die dicke Wolkendecke gekämpft und brannte auf uns herunter. Mein Fred-Perry-Shirt klebte an mir und fühlte sich an wie eine zweite Haut. Auf dem Rückweg beschlossen wir, ein bisschen Acid einzuwerfen. Ich hatte das Zeug am Vorabend von einem Typen in einem Nachtclub bekommen und eigentlich nur gekauft, um ihm nicht das Skag abzunehmen, das er mir ebenfalls anbot (und das mich tausendmal mehr reizte).
    Wir saßen auf dem Bootsdeck, und irgendwann schlug der Trip ein. Wie eine Abrissbirne krachte er auf uns herab. Mir dämmerte, dass wir gerade von einem Kontinent zum nächsten übersetzten, quasi Asien verließen und nach Europa unterwegs waren. Als sich diese Erkenntnis in meinem Hirn manifestiert hatte, dehnte sich das schmale Deck über mein Sichtfeld hinaus aus, und ich konnte nur noch Joanne sehen. Bisto und Fiona hingegen waren verschwunden. Ich konnte aber spüren, dass Fiona an mich gebunden war, ich konnte sie fühlen. Wir waren wie ein Wesen mit zwei Köpfen. Ihr Atem füllte meine Lungen, ihr Blut zirkulierte in meinem Körper. Es war, als ob wir Venen, Atmungsapparat und Herz miteinander teilen würden.
    Dann lagen mit einem Mal Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft meines Lebens vor mir ausgebreitet auf dem unglaublich weiten Deck. Es war

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