Skandal im Ballsaal
zuversichtlich, aber zweifellos bedurfte es eines geschickten Vorgehens. Rosina wäre imstande, es zu verpfuschen; außerdem war nichts geeigneter, Sylvester zurückschrecken zu lassen, als Phoebe immer in der Gesellschaft ihrer guten, einfältigen Cousinen zu finden. Nein, das würde nicht angehen, entschied Ihre Ladyschaft. Es ginge auch nicht, Phoebe nach Paris mitzunehmen: Witwe Ingham glaubte nicht, dass Trennung einem Herzen zuträglich war, besonders, wenn das betreffende Herz Sylvester gehörte, nach dem so viele Mädchen angelten.
Der Plan musste aufgegeben werden, aber Mrs Irthings Besuch hatte viele Erinnerungen wachgerufen. Lady Ingham hing ihnen nach, und erst als sie und Phoebe sich nach dem Dinner in den Salon begaben, gab sie diese Stimmung wieder auf und bat Phoebe, von ihrem eigenen Tag zu erzählen. Phoebe sagte, sie habe sehr viel Vergnügen gehabt, und nahm dann nach einem entschlossenen Atemzug das Wagnis auf sich. „Großmama, ich muss dir etwas erzählen!"
Sie wäre nicht überrascht gewesen, wenn das Geständnis ihrer Schriftstellerlaufbahn getadelt worden wäre; aber Witwe Ingham, einmal überzeugt, dass strengste Anonymität gewahrt worden war, zeigte sich eher amüsiert. Sie sagte sogar, sie hätte immer gewusst, Phoebe sei ein kluges kleines Kätzchen.
Vermutlich hielt sie es für unwahrscheinlich, dass das Buch ihrer Enkelin von einem Mitglied der Gesellschaft gelesen würde; vielleicht hielt sie es auch für noch unwahrscheinlicher, dass ein Porträt, gezeichnet von einer so unerfahrenen Hand, erkennbar wäre. Sie lachte nur, als Phoebe ihr die schreckliche Wahrheit mitteilte. Aber als Phoebe sie fragte, ob sie glaube, Sylvester solle vor dem gewarnt werden, was ihm drohte, sagte sie rasch: „Nicht um alles in der Welt! Guter Gott, du musst wahnsinnig sein, an so etwas zu denken!"
„Ja, Madam. Nur - ich kann mich nicht ruhig fühlen!", sagte Phoebe.
„Unsinn! Er wird nichts davon erfahren!", erwiderte Lady Ingham.
Anders als Lord Byron konnte Phoebe nicht sagen, dass sie eines Morgens aufwachte und be-rühmt war, denn der kluge Mr Newsham hatte sich keinen Anhaltspunkt über ihre Identität entreißen lassen. Er sah keinen Gewinn in der Tatsache, dass ein halbflügges Schulmädchen ,The Lost Heir' geschrieben hatte: weit besser war es, sagte er seinem Partner, die Gesellschaft in Erstaunen zu versetzen. Der arme Mr Otley, der vergebens beteuerte, niemand als ein Hohlkopf würde Geld für den Roman einer unbekannten Autorin ausgeben, fand sich mit seiner Fehleinschätzung ab und beobachtete mit neidi-schem Auge die Anstrengungen seines älteren Partners, das Buch durch Reklame an die Gesellschaft zu bringen.
Mr Newsham hatte die ganze Zeit über recht behalten.
Die geschickten Briefe, die er an einflussreiche Personen geschrieben hatte, die Schmeichelei, die er aufgewendet hatte, die geheimnisvollen Hinweise, die er hatte fallen lassen, trugen reiche Früchte. Die Liste der privaten Subskribenten ließ Mr Otley sofort die Augen aus dem Kopf treten.
„Ah! Und das ist bloß der Anfang!", sagte Mr Newsham.
„Das sind die Snobs, die ein Vermögen vergeuden würden, um nicht hinter der Mode zurückzubleiben. Natürlich alles Frauen: Ich wusste, sie würden nicht die Gelegenheit riskie-ren, einen Schlüsselroman nicht als Erstes gelesen zu haben.
Inzwischen habe ich entdeckt, wer dieser Bursche mit den Augenbrauen ist: niemand anderer als Seine Gnaden von Salford, mein Junge! Wenn das nicht genug ist, die Snobs nach dem Buch verrückt zu machen, sag mir, was sonst!"
Da Mr Newsham fortfuhr, nur mit Miss Battery zu korrespondieren, wusste Phoebe nicht, dass ihr Buch im Handel war, bis sie die drei hübschen Bände in Lady Seflons Salon sah. „Liebe Lady Ingham, ist Ihnen dieses unverschämte Buch in die Hände gekommen? Aber ich brauche nicht zu fragen! Ist es nicht die boshafteste Sache, die man sich vorstellen kann?", rief Ihre Ladyschaft, bewegte heftig den Fächer und flatterte mit den Augenlidern. „Abscheuliche Kreatur, wer immer sie ist! - Und es ist nicht Caro Lamb oder diese Irin: das weiß ich bestimmt! Stellt uns alle an den Pranger! Ich vergebe ihr nur wegen ihrer Studie der armen lieben Emily Cowper! Ich muss gestehen, ich lachte selbst Tränen! Sie hat natürlich nicht die geringste Ahnung davon - glaubt, es ist wegen der Ähnlichkeit von Mrs Burrell gedacht! Aber Ugolino - oh, meine Liebe, meine Liebe, wie müssen seine Gefühle sein, sollte ihm je das Buch in
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