Skandal im Ballsaal
Verfassung müsse größte Sorgfalt geübt werden: „Miladi" solle sich vor Überanstrengung hüten.
„Ich vermute also, wir werden hier für mindestens eine Woche festgehalten", sagte Phoebe, die mit Tom und Edmund ausging, um für Edmund Wäsche zu kaufen. „Tom, hast du es fertiggebracht, in jenem Hotel Nachricht zu hinterlassen, wo man uns finden kann? Für Salford, wie du weißt!"
„Nachricht hinterlassen!", wiederholte Tom verächtlich.
„Natürlich habe ich das nicht! Du nimmst doch nicht an, sie würden Fotherby da so schnell vergessen, nicht wahr? Als er versuchte, das Haus zu kaufen! Wahrlich, ein arger Tropf!"
„Tropf", wiederholte Edmund, der dieses erfreuliche Wort seinem Gedächtnis einprägte.
„Oh Gott!", sagte Tom. „Nun, wiederhol das nicht, kleiner Edmund! Und noch etwas! Du sollst Sir Nugent nicht,Alter'
nennen!"
Er wartete, bis Edmund wieder nach vorn gelaufen war, und sagte dann streng zu Phoebe: „Hör mal, Phoebe, du hast keine Veranlassung, ihn zu ermutigen, so ungezogen zu Fotherby zu sein!"
„Ich ermutige ihn nicht", sagte sie und blickte ein wenig schuldbewusst drein. „Nur kann ich nicht glauben, es wäre dumm, ihn daran zu hindern, denn das könnte Sir Nugent zu dem Wunsch veranlassen, ihn zu behalten. Und du kannst nicht leugnen, Tom, wenn er eine Abneigung gegen ihn hat, macht es das viel leichter für - macht es das viel leichter, Lady Janthe zu überreden, ihn aufzugeben!"
„Nun, gibt es eine pflichtvergessenere Frau!", keuchte Tom. „Gib acht, dass Fotherby nicht aufgestachelt wird, ihn zu ermorden, das ist alles! Er ist nicht gewillt, diesen Ärger viel länger zu erdulden, und die Art, in der der junge Dämon fortfährt ihn zu fragen, ob er eine Fliege aus einem Pferdeohr entfernen könne oder irgend so etwas, und dann sagt, sein Onkel Vester könne das, genügt, den Dummkopf ins Ir-renhaus zu treiben!"
Phoebe kicherte, sagte aber: „In der Tat, man kann sich über seine schlechte Laune nicht wundern! Mit einer leidenden Braut und einem Stiefsohn, der ihn verabscheut, hat er wirklich schreckliche Flitterwochen, nicht wahr?"
Aber keiner dieser unangenehmen Umstände war tatsächlich die Ursache von Sir Nugents Mangel an Gleichmut, wie Phoebe bald entdecken sollte. Als er sie an diesem Nachmittag allein im Kaffeesalon traf, dauerte es nicht lange, bis er ihr den wahren Grund seiner Unzufriedenheit anvertraute. Er mochte das „Poisson Rouge" nicht. Phoebe war zuerst eher überrascht, da Madame Bonnet, eine hervorragende Köchin, ihn mit all der Ehrerbietung und der Sorge um sein Wohlgefallen behandelte, die der anspruchsvollste Gast hätte verlangen können; und jeder sonst, vom Kellner bis zum Hausdiener, eilte, seinen geringsten Befehlen zu gehorchen. Nachdem sie seinem Vortrag ein paar Minuten gelauscht hatte, verstand sie die Sache besser. Sir Nugent hatte sich nie zuvor herabgelassen, in irgendeinem außer dem elegantesten und teuersten Hotel abzusteigen. Sein Ansehen wie seine Vorliebe für Pomp hatten schwere Wunden erlitten.
Empfindsamere Seelen mochten davor zurückschrecken, die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen; für Sir Nugent Fotherby, den wohlhabendsten Mann Englands, war es der Atem des Lebens. Er hatte sich ungeheuer an dem Aufsehen erfreut, das durch Janthes verschwenderisch ausgestattete Kutsche verursacht worden war; es bereitete ihm große Freude, von Gastwirten, tief gebeugt vor Unterwürfigkeit, in die besten Zimmer geleitet zu werden und zu wissen, seine müßige Reise werde von neidischen Augen beobachtet. Im „Poisson Rouge" war nichts dergleichen zu beobachten. Hätte er das „Hotel d'Angleterre" erwerben und alle anderen Gäste daraus verjagen können, hätte er sich gewiss ähnlich vereinsamt gefühlt: aber was für eine Geste wäre es gewesen! Wie schnell hätte sich die Nachricht seiner Exzentrizität in der ganzen Stadt verbreitet! Mit welcher Ehrfurcht hätten die Bürger auf ihn gewiesen, wann immer er auf die Straße gegangen wäre! Über ein altmodisches Gasthaus in einer ruhigen Straße zu befehlen, mochte exzentrisch sein, vermittelte aber den Einwohnern von Abbeville keine Vorstellung von seinem sagenhaften Reichtum. Es war sogar zweifelhaft, ob irgendwer außerhalb Madame Bonnets unmittelbarer Umgebung etwas darüber wusste.
Natürlich drückte er seinen Kummer nicht so klar aus, er war eher aus seinen anderen Klagen zu entnehmen. Da Phoebe diese Art von Stolz nicht kannte, hörte sie ihm mit ebenso
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