Skandal im Ballsaal
viel Verwunderung wie Vergnügen zu. Es wäre müßig gewesen, die Freude zu leugnen, die nur durch das Bedauern gemäßigt wurde, dass die reiche Fundgrube der Albernheit, die seiner stutzerhaften Erscheinimg zugrunde lag, ihr unbekannt gewesen war, als sie sein Bild durch die Seiten von ,The Lost Heir' huschen ließ. Sie sah sich schon an einer neuen Geschichte über ihn schreiben und begrüßte mit Erleichterung (da ihr erstes literarisches Abenteuer so schreckliche Folgen gezeitigt hatte) den Eintritt Master Raynes und seines neuen Freundes, der ihm auf den Fersen folgte.
Madame hatte dem jungen Hund.den Namen Toto gegeben, aber für ihre Gäste war er „Chien", da ein leichtes Missverständnis zwischen Madame und Master Rayne entstanden war. Edmund, der seine Abneigung vor Fremden bei dem Wunsch überwand, seine Bekanntschaft mit Toto fortzusetzen, hatte sich aufgerafft, ihn in der Küche zu suchen und sogar seinen Namen von Madame zu erfragen. „Chien", hatte Madame gesagt, und als Edmund das wiederholte, hatte sie genickt und in die Hände geklatscht. So musste der junge Hund den Namen Chien behalten.
Sir Nugent blickte seinen Stiefsohn voll Argwohn an, aber Edmund wandte sich an Phoebe. Er wollte die Buntstifte, die Tom ihm gekauft hatte, da Chien den Wunsch geäußert hatte, porträtiert zu werden. Nachdem Master Rayne mit Buntstiften und etwas Papier versorgt worden war, legte er sich auf den Boden und widmete sich der Kunst. Der liebenswerte Chien saß neben ihm, trommelte mit dem Schwanz auf den Boden und schnappte gesittet nach Luft.
Da Sir Nugent sah, dass Edmund mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt war, nahm er seine Rede wieder auf und wanderte im Zimmer hin und her, während er seine Sorgen aufzählte.
Er hatte sich an diesem Morgen in den schmucksten Stadtanzug geworfen. Seine Kleidung umfasste außer so ungewöhnlichen Merkmalen wie weißen Pantalons und dem Fotherbyknoten ein Paar Schaftstiefel, noch nie getragen und mit besonders großen goldenen Troddeln geschmückt. Hoby hatte sie nach Sir Nugents Entwurf angefertigt, und selbst Lord Petersham war niemals in auffallenderer Fußbekleidung gesehen worden. Als Sir Nugent im Kaffeesalon umherschritt, schwangen die Troddeln bei jedem Schritt, ein Effekt, der beabsichtigt war. Niemand konnte es verabsäumen, sie zu bemerken, nicht einmal ein junger Hund von zweifelhafter Abstammung.
Chien war von den Troddeln fasziniert. Er beobachtete sie mit schief gehaltenem Kopf mehrere Minuten lang, bevor er der Versuchung erlag, aber sie wippten zu verlockend, als dass man ihnen widerstehen konnte. Er erhob sich, um sie näher zu erforschen, und schnappte nach einer, die seiner Nase am nächsten baumelte.
Ein Ausruf des Schreckens entfuhr Sir Nugent, gefolgt von einem überlauten Befehl an Chien, sie loszulassen. Chien antwortete mit einem Knurren, als er an dem Tand zerrte, und wedelte mit dem Schwanz. Edmund brach in schallendes Gelächter aus und klatschte in die Hände. Dieser Ausbruch unschuldiger Heiterkeit entlockte Sir Nugent eine so wilde Verwünschung, dass Phoebe es für klug hielt, ihm zu Hilfe zu kommen.
Tom betrat die Szene des Tumults. Chien bellte aufgeregt in Phoebes Armen; Edmund lachte noch immer; Pett, der von den gepeinigten Schreien seines Herrn angelockt wurde, kniete vor ihm und glättete sanft die Troddeln; und Sir Nugent, rot vor Wut, beschrieb in leidenschaftlichen Ausdrücken die verschiedenen Arten der Hinrichtung, die Chien verdiente.
Tom handelte mit großer Geistesgegenwart, indem er Edmund so entschieden befahl, Chien wegzubringen, dass der Knabe gehorchte, ohne einen Einwand zu wagen. Dann runzelte Tom die Stirn über Phoebes Kichern und besänftigte Sir Nugent dadurch, dass er versprach, Chien würde der Aufenthalt im Kaffeesalon verwehrt werden.
Als er von dieser Verbannung in Kenntnis gesetzt wurde, war Edmund empört und musste zur Ordnung gerufen werden, denn er bat Tom, Sir Nugent auf den Riecher zu hauen.
Er zog sich in großem Zorn mit Chien in die Küche zurück, wo er den Rest des Nachmittags verbrachte, indem er mit einem Teigklumpen spielte und mit Rosinen, Marzipan und kandierten Fruchtschalen bewirtet wurde.
Am folgenden Tag unterließ es Sir Nugent klugerweise, seine schönen neuen Stiefel zu tragen; und Edmund überraschte seine Beschützer mit so gesittetem Betragen, dass Sir Nugent allmählich widerstrebend an ihm Gefallen fand.
Am Nachmittag begann es zu regnen, und nachdem er
Weitere Kostenlose Bücher