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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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nie wirklich geglaubt, dass dir so viel an Harry lag! Du hast keine Träne vergossen, als er starb!"
    Sie hielt inne, erschreckt durch den Ausdruck auf seinem Gesicht.
    Es dauerte einen Augenblick, bevor er sprach. Als sie ihn beobachtete, sah Phoebe, dass er sehr bleich war, sein Satyrblick zeigte sich deutlich und seine Lippen waren fest zusammengepresst. Als er sie öffnete, sagte er bloß mit barscher Stimme: „Als Harry starb, verlor ich einen Teil meiner selbst. Wir wollen das nicht erörtern. Ich habe nur eines hinzuzufügen: Du bist Edmunds Mutter und kannst ihn besuchen, wann immer es dir beliebt. Ich habe dir das schon viele Male gesagt, aber ich will es wiederholen. Komm nach Chance, wenn es dir gefällt - mit oder ohne deinen Gatten!"
    Sir Nugent, der gespannt zugehört hatte, rief, als die Tür sich hinter Sylvester schloss: „Nun, bei meiner Seele, das ist verteufelt anständig von ihm! Du musst zugeben, meine Liebe, es ist verteufelt anständig! Verdammt, wenn ich mir je gedacht habe, er würde mich nach Chance einladen! Tatsache ist, ich hatte angenommen, dass er mich nicht im Geringsten mag. Ich werde gehen, glaube ich. Ich sage nicht, es würde nicht todlangweilig sein: kein Spaß und kein Scherz, und die Gesellschaft ziemlich steif, nehme ich an. Aber ein Besuch auf Chance, weißt du! Ich will dir sagen, was ich tun werde: Ich werde ihn einladen, mit mir ein Glas Wein zu trinken! Nein, bei Gott, ich werde ihn einladen, mit mir zu speisen! Glaubst du, ich sollte meinen Anzug wechseln, meine Liebe? Nein! Das könnte ihn aus der Fassung bringen. Ich werde ein frisches Halstuch umlegen, das wird genau dem Zweck entsprechen!"
    Von diesen angenehmen Plänen erfüllt, eilte er aus dem Zimmer. Janthe zerschmolz von Neuem in Tränen, zeigte aber Anzeichen, ihre Fassung wiederzugewinnen, als Phoebe ihr versicherte, sie würde Edmund auf der Heimreise nach London jegliche Sorge angedeihen lassen.
    „Oh, liebe Miss Marlow, würden Sie nicht mitfahren, ich könnte nicht zustimmen, dass er von mir weggebracht wird!", sagte Janthe und umklammerte Phoebes Hand. „Ich bin sicher, Sie werden sich um ihn so gut kümmern, wie ich selbst es nur könnte! Und wenn irgendjemand so ungerecht ist, zu sagen, ich hätte mein Kind im Stich gelassen, Sie wissen, dass das nicht wahr ist!"
    „Sollte jemand so etwas zu mir sagen, werde ich erwidern, dass er Ihren Armen entrissen wurde", versprach Phoebe.
    „Entschuldigen Sie mich! Ich muss zu ihm zurückgehen und seine Kerze ausblasen."
    Aber als sie das Schlafzimmer erreichte, das sie mit Edmund teilte, hielt sie auf der Schwelle inne, denn Sylvester saß auf der Kante von Edmunds Bett. Er stand sofort auf und sagte mit etwas Befangenheit: „Ich bitte um Entschuldigung! Ich sollte nicht hier sein, aber Edmund rief nach mir."
    „Natürlich! Es macht nichts aus!", sagte sie, und ihr Ton ihm gegenüber war freundlich wie noch nie.
    „Phoebe, Onkel Vester sagt, mein Papa hätte eine Troddel abgeschnitten und er die andere!", erzählte ihr Edmund mit funkelnden Augen.
    Sie musste lachen. „Ich frage mich, ob er es gern hätte, wenn du die Troddeln von seinen Stiefeln abschneidest!"
    „Ah, ich habe ihm erklärt, dass das eine Sache ist, die man Onkeln auf keinen Fall antun darf!", sagte Sylvester.
    Er zauste Edmunds Locken. „Gute Nacht, du abscheulicher Balg!"
    „Du willst doch nicht wegfahren?", sagte Edmund, von plötzlicher Furcht ergriffen.
    „Nicht ohne dich."
    „Und Phoebe? Und Tom?"
    „Ja, beide werden mit uns kommen."
    „Gut!", sagte Edmund und gab Sylvesters Mantel frei.
    „Ich glaube, wir werden kreuzfidel sein! "

Die Gesellschaft erreichte Calais zwei Tage später, nachdem sie die Reise in Etaples unterbrochen hatte, wo sie in einem Gasthof abstieg, den Sylvester als den zweifellos schlechtesten bezeichnete, den er je besucht hatte. Tom war der Einzige, von dem man hätte sagen können, er habe Edmunds Erwartungen erfüllt. Sylvester war beim Aufbruch um die gute Laune gebracht worden, denn nicht einmal das Versetzen von Phoebes kleiner Perlenbrosche wie auch seiner eigenen Uhr und Kette verschaffte ihm genug Geld, damit er in seinem gewohnten Stil reisen konnte. Er war außerordentlich böse auf Tom, dass jener in einer Pfandleihe plötzlich die Brosche hervorgezogen hatte; er sagte, diese Torheit würde ihn nun dazu zwingen, einen seiner Leute nach Frankreich zu schicken, um sie wieder einzulösen. Er verabscheute das Feilschen um den Wert seiner Uhr;

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