Skandal im Ballsaal
ein Zimmer mit Salford teilen? Er wird das nicht mögen!"
„Oh, das ist es nicht, was ihn bedrückt!", sagte Tom fröhlich. „Er kümmert sich nicht um die Gesellschaft, und er ist es nicht gewohnt, dass ihm die Kellner sagen, man werde ihm bientot servieren! Als ich ihn verließ, wollte er gerade im Kaffeesalon den Herzog hervorkehren, um für uns einen der kleinen Tische zu bekommen. Er wird es auch tun: Der Kellner begann sich zu verbeugen und die Hände zu reiben -
und alles nur wegen Seiner Gnaden wohlerzogener Art und seines gewinnenden Lächelns!"
Als sie in den Kaffeesalon hinunterkamen, sahen sie, dass Sylvester in der Tat einen kleinen Tisch nahe der Tür ergattert hatte und sie dort mit Edmund erwartete, dessen Stuhlman mittels zweier großer Bücher erhöht hatte. Edmund sah besonders engelhaft aus und erregte sehr viel Bewunderung.
„Ein wenig mehr von dieser Art", sagte Sylvester mit unterdrückter Stimme, als er Phoebes Stuhl für sie zurechtrückte, „und sein Charakter wäre verdorben!"
„Wenn man davon absieht, dass er sich nicht darumkümmert", stimmte sie zu.
„Nein, Gott sei Dank! Ich habe etwas bestellt - das hoffentlich auch Ihrem Geschmack entspricht, Miss Marlow; aber es gibt hier sehr wenig Auswahl -, was wir Hausmannskost nennen würden."
Er wandte sich an einen gequälten Kellner, und Edmund, offensichtlich beeindruckt durch das geläufige Parlieren seines Onkels, kündigte plötzlich an, er könne auch Französisch sprechen.
„Oh, was für ein Aufschneider!", sagte Tom. „Was kannst du sagen?"
„Ich kann Worte sagen", erwiderte Edmund. „Ich kann sagen bonjour und petit chou und ..." Bei diesem Punkt verlor er das Interesse, als der Kellner vor ihm eine sorgfältige Auswahl von Speisen ablud.
Das Dinner war gut, und obwohl die Bedienung langsam war, hätte das Mahl ohne widrigen Zwischenfall vorübergehen können, wäre es Edmund nicht eingefallen, die versammelte Gesellschaft mit einem weiteren Beispiel seiner Fertigkeit in der französischen Sprache zu beglücken. Am Ende des Tisches, der in der Mitte des Raumes aufgestellt war, saß eine ungeheuer fette Frau, die Edmunds Missfallen erregt hatte, indem sie ihm zunickte und ihn jedes Mal anlächelte, wenn er von seinem Teller aufblickte. Sie war so sehr von seiner Schönheit hingerissen, dass sie, als sie auf ihrem Weg aus dem Kaffeesalon an seinem Stuhl vorbeikam, nicht nur Phoebe wegen seines himmlischen Aussehens be-glückwünschte, sondern der Versuchung nicht widerstehen konnte, sich zu ihm niederzubeugen und einen schmatzen-den Kuss auf seine Wange zu drücken.
„Petit chou!", sagte sie und strahlte ihn an.
„Salaude!", gab Edmund empört zurück.
Er wurde sofort zur Ruhe gewiesen. Sylvester erklärte der entsetzten Dame, Edmund habe dieses Wort aufgeschnappt, ohne seine Bedeutung zu verstehen. Er entschuldigte sich bei ihr und ertrug das herzliche Ergötzen all jener, die in Hörweite saßen. Als er sich wieder niedersetzte und einen Blick auf seinen unartigen Neffen richtete, der nichts Gutes ahnen ließ, ergriff Phoebe zu Edmunds Verteidigung Partei und sagte: „Es ist ungerecht, ihn zu schelten! Er weiß wirklich nicht, was es bedeutet! Er muss es im .Poisson Rouge' gehört haben, als er sich in der Küche aufhielt."
„Madame sagte es zu Elise", warf Edmund dunkel ein.
„Nun, es ist nicht sehr höflich, mein Lieber", sagte Phoebe zu ihm, mit einem sanften Verweis.
„Ich habe es nicht für höflich gehalten", erklärte Edmund mit zufriedener Stimme.
„Es scheint mir ganz ungewöhnlich zu sein, dass man ihm erlaubt haben sollte, sich dem Küchenpersonal anzuschließen", sagte Sylvester. „Ich hätte angenommen, unter euch vieren ..."
„Ja, und mir ist es oft ungewöhnlich erschienen, dass man ihm unter ich weiß nicht wie viel Leuten erlaubt haben sollte, sich Stallburschen anzuschließen!", erwiderte Phoebe scharf.
Das war so unwiderlegbar, dass Stille herrschte, bis Tom, um die Spannung zu mildern, Sylvester irgendeine Frage über die Reiseroute des nächsten Tages stellte. Sobald sie den Kaffeesalon verließen, brachte Phoebe Edmund hinauf zu Bett, bot Sylvester eine sehr frostige und Tom eine sehr herzliche „Gute Nacht".
Am nächsten Tag herrschte beim Frühstück peinliche Höflichkeit. Sylvester richtete verbindliche Bemerkungen an Phoebe, und Phoebe beantwortete sie mit förmlicher Artigkeit.
Aber die Förmlichkeit ließ Phoebe sofort im Stich, als sie bemerkte, dass sie statt
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