Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3
auf Liebe beruht. Ganz zu schweigen von gefährlichen Unternehmungen, knappem Entkommen aus brennenden Häusern, von hohen Türmen und aus explodierenden Abwasserkanälen.«
»Und wir würden streiten.«
»Na klar, immer.«
»Falls ich überhaupt heiraten will.«
»Richtig: Ich kenne keine geeignete Methode, dich zu irgendwas zu zwingen.«
»Und du bist verrückt genug, um dir vorzustellen, dass es klappen könnte – eines Tages?«
Er nahm ihr Gesicht in die Hände. Sein Lächeln war so strahlend, dass es den ganzen Raum zu erleuchten schien. »Ich stelle es mir himmlisch vor.«
Ein wunderbares Gefühl durchrieselte sie. »Du hast eine seltsame Vorstellung vom Himmel.«
»Küss mich, dann wirst du es erleben.«
An diesem merkwürdig langen und traumähnlichen Morgen folgten nun die seltsamsten Minuten. Mary hatte sich nie ernsthaft vorgestellt, jemanden zu heiraten, hatte es immer als unmöglich angesehen. Und obwohl sie sich schon lange zu James hingezogen fühlte, waren diese wiederholten, so ernst vorgetragenen Liebeserklärungen wie blendende Lichtblitze in einem dunklen Raum.
Langsam streckte sie sich mit durchgedrücktem Rücken und erhobenem Kinn und neigte sich ihm zu. Begegnete seinem dunkel schimmernden Blick und lächelte fast erwartungsvoll. So behutsam und langsam hatten sie nie angefangen, fiel ihr ein. Alle früheren Küsse waren impulsiv und spontan über sie gekommen. Doch jetzt war alle Befangenheit, alles Zögern dahin. Alles stimmte und war richtig. Als ihre Lippen seine ganz zart berührten, bebte sie und fragte sich, wie sie ihm so lange hatte widerstehen können.
Er seufzte leicht und zog sie näher, und sie war verloren und ließ sich in seine wunderbare Wärme ziehen. Immer noch benommen, aber ohne Angst und Scheu. So ineinander versunken bezweifelte sie, je etwas anderes zu brauchen – Luft, Wasser, Essen. Zusammen waren sie eine Einheit, und sie fand die Vorstellung nicht erschreckend, sondern beglückend. Aber da gab es noch etwas …
»James.«
Er rückte ein wenig ab. »Noch mehr Redebedarf?«
Sie küsste ihn wieder. »Ich liebe dich.«
»Grausames Wesen, dass du mich so lange hast warten lassen, das zu hören«, murmelte er und barg sein Gesicht an ihrem Hals.
»Ich wollte es unten im Tunnel sagen.«
»Das hatte ich gehofft.«
»Ich habe Angst gehabt.«
»Ich weiß.«
Sie lache und schlang ihm die Arme um den Hals. »Arroganter Kerl.«
»Was du aber auch ganz attraktiv findest.« Er zog ihr mit rascher Bewegung die Haarnadeln aus dem Haar, sodass es ihr über die Schultern fiel. »Komm her.«
Sie brannte. Alle Müdigkeit, alle Zweifel verglühten angesichts seiner Körperwärme und der Macht seiner Beteuerungen. Sie verlor sich in tastenden Gefühlen, handfesten Berührungen, Seide auf Haut, Atemzüge, die Lippen und Wimpern liebkosten. Erst als James innehielt – seine Hände plötzlich bewegungslos auf ihrem Rücken, ihrem Bein –, verharrte auch sie.
»Ich kann nur hoffen«, sagte eine steife, halb erstickte Stimme, »dass das ein böser Traum ist.«
Marys Gliedmaßen wurden zu Blei. Ihre Haut prickelte plötzlich vor Scham, nicht mehr vor Verlangen.
James räusperte sich. Lächelte Mary beruhigend zu. Und wandte seinem Bruder das Gesicht zu. »Hallo, George. Ich dachte, du bist aus.«
»Ich bin … gerade … zurückgekommen.« Georgesah finster von James zu Mary und wieder zurück. »Hat es einen Sinn, wenn ich dich darauf hinweise, wie unziemlich dieses Benehmen ist?«
»Überhaupt keinen«, sagte James leichthin.
George preschte weiter vor. »So ein … so ein Betragen ist ganz und gar ungehörig. Und diese Person«, er deutete mit bebendem Finger auf Mary, »ist keine Dame.«
Alle Belustigung wich unvermittelt aus James und er stand auf. »Miss Quinn ist die Frau, die ich liebe«, sagte er ganz ruhig, »und du redest gefälligst mit Achtung von ihr.«
Georges Gesicht nahm einen interessanten bläulichen Rotton an. »WAS tust du?«
»Du hast mich gehört. Ich liebe Miss Quinn und verlange von dir, dass du sie höflich behandelst.«
George schien kurz vor einem Schlaganfall zu stehen. Schließlich sagte er jedoch mit zitternder Stimme: »Dieses Weibsstück, diese Alleyn, die du in Indien kennengelernt hast, war schon schlimm genug, aber das hier … das hier … James, das geht zu weit. Ich untersage dir strengstens, mit dieser Person zu verkehren.«
Alleyn – war das der Name des Mädchens in dem blauen Kleid?
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