Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3
kann’s kaum erwarten.«
Sie stieß ein nervöses Lachen aus. »Das wirst du nicht mehr sagen, wenn ich fertig bin.« Sie war verrückt, das Gespräch so schnell darauf zu bringen. Aber es war James gegenüber nicht fair, es hinauszuzögern. Damit konnte sie sich und ihm zumindest weitere Intimitäten ersparen, die ihnen hinterher peinlich wären.
James verstummte. »Ich habe eine Ahnung, dass ich so etwas schon mal gehört habe.« Er rückte nicht ab, aber sein Lächeln war seiner Stimme nicht mehr anzuhören.
»Ich habe dir ja schon ein bisschen von meiner Vergangenheit erzählt.«
»Dass du wegen Einbruchdelikten verurteilt worden bist, ja. Und das ist mir ganz egal, Mary; ich war selbstgerecht und eingebildet. Du bist –«
»Nicht.« Sie legte einen Finger auf seine Lippen, ehe er etwas Unwiderrufliches sagen konnte; etwas, das er später, nach diesem Gespräch, bereuen würde. »Bitte. Hör mir einfach zu.« Das tat er immer, wenn sie ihn darum bat. Eine seiner besten Eigenschaften. »Den Namen ›Quinn‹ benutze ich teilweise wegen der Verurteilung. Es war der Mädchenname meiner Mutter, und ich trage ihn sehr gerne und bin froh, dass ich ihn tragen kann. Aber es gibt noch einenGrund, warum ich nicht den Nachnamen meines Vaters trage, und den will ich dir sagen.« Sie holte tief Atem. »Ich bin als Mary Lang geboren. Ich bin zur Hälfte chinesischer Abstammung.«
Sein Kopf fuhr hoch, seine Augen weiteten sich und er starrte sie mit forschendem Blick an, als sähe er sie mit neuen Augen. Er fügte die Eindrücke zusammen – die dunklen Haare, fast tiefschwarz; die leicht schrägen Augenlider. Sie saß da und ließ seinen prüfenden Blick stumm über sich ergehen, damit er alles aufnehmen konnte. Nach einer ziemlich langen Pause stieß er den Atem aus. »Da wäre ich nie draufgekommen.«
»Nein?« Ihr Lächeln war leicht schief. »Mein Vater war ein chinesischer Matrose.«
Er sah sie erneut an und etwas in seinem Blick veränderte sich. Er hörte auf, ihr Aussehen zu studieren, sondern sah sie einfach an – Mary, seine Rivalin, seine Komplizin, seine Freundin. »Wie faszinierend. Ich möchte gerne mehr über deine Kindheit hören. Aber … diese ganze Geheimniskrämerei, nur
deswegen
?«
Das tat weh. Ihre ganzen sorgfältigen Vorkehrungen, ihre Angst … »Du willst nichts darüber wissen?«
»Natürlich will ich das. Aber es hat keine Auswirkungen auf meine Gefühle für dich.« Er packte sie an den Armen und zog sie so nahe, dass sie sich fast mit der Stirn berührten. »Mary, ich liebe dich. Nein, nein – hör mich erst zu Ende an. Ich bin wahnsinnig, bis zur Lächerlichkeit und leidenschaftlich in dichverliebt. Deine Vergangenheit ist mir egal. Deine Herkunft ändert nichts an meinen Gefühlen. Ich liebe dich, du dickköpfige kleine Närrin. Ist das deutlich genug für dich?«
Gebannt von seinem wild entschlossenen Blick bekam sie kaum Luft. Sie musste im Himmel sein. Es war mehr, als sie sich je erträumt hatte. Oder war es die Hölle – eine grausame Tragikomödie, die sie in ihren brutalen Strudel riss? »James, das war noch nicht alles.«
»Dann sag es mir. Du wirst mich nicht vergraulen.« Er war sich seiner so sicher, hielt sie voller Zuversicht fest.
»Ich – mein Vater ist 1847 oder 1848 verschwunden. Es hieß, er sei auf See vermisst und wahrscheinlich tot.«
»Ja.«
»Aber er kam zurück.« Man konnte die Katastrophe nicht auf geschönte Art erzählen. »James, mein Vater ist der Opiumsüchtige, der Ralph Beaulieu-Buckworth getötet hat.«
Bei all seiner Gewissheit, das hatte er nicht erwartet. Er setzte sich zurück und sein Griff löste sich. Schluckte schwer. Starrte sie eine Weile an. »Großer Gott.«
Sie spürte, wie ihre Fassung zu Bruch zu gehen drohte wie eine Schicht Eis auf einem See. »Es war kein vorsätzlicher Mord. Zuerst war es Selbstverteidigung. Aber die Tatsache bleibt bestehen: Mein Vater war ein drogenabhängiger Mörder.«
»War?«, wiederholte er.
»Er ist letzte Nacht gestorben.« Und nun kamen die Tränen, heiß und beschämt und unerwünscht. »Er wurde rehabilitiert – bekam lebenslänglich statt der Todesstrafe. Aber er ist nicht mehr.« Ihre Schultern sanken nach unten und fingen zu zittern an. Trä nen fielen ihr in den Schoß. Was hatte es zu bedeuten, dass sie James von ihrem Vater erzählen konnte, nicht jedoch Anne und Felicity? Die Reaktion würde die gleiche sein: Abscheu. Verdammung. Ächtung.
»Ach,
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