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Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Titel: Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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Karte gesetzt hatte, um irgendeine Wahrheit aufzudecken. Sein Tod war der Grund, warum sie und ihre Mutter so gelitten hatten. Die schneidende Kälte und der ständige Hunger. Die Verzweiflungstat ihrer Mutter, sich der Prostitution zuzuwenden, und nicht viel später ihr Tod. Marys Jahre als Straßenkind, ihr Überleben als Taschendiebin und Einbrecherin. Die unweigerliche Festnahme, der Gerichtsprozess mit dem Urteil der Todesstrafe   – sie hatte praktisch schon die Schlinge um den Hals gespürt.
    Und dann ihre wundersame Rettung. Die Frauen der Agentur hatten ihr ein neues Leben geschenkt.Mary Lang, einziges Kind eines chinesischen Matrosen und einer irischen Näherin, war Geschichte. Sie war neugeboren als Mary Quinn, Waisenmädchen. Erzogen an Miss Scrimshaws Mädcheninstitut. Ausgebildet zu einer verdeckten Ermittlerin. Ein aufregendes, hoffnungsvolles Leben hatte vor ihr gelegen   – bis zu diesem Morgen.
    Mary presste die Handflächen an die Schläfen, als könne das das Dröhnen ihres Blutes dämpfen. Das Blut, das auch in den Adern eines opiumsüchtigen Mörders floss. In denen ihres Vaters, den wiederzu finden sie sich so gewünscht hatte   – zumindest so lange sie ihn für tot hielt.
    Was, wenn es sich um einen abscheulichen Zufall handelte? Es konnte doch noch einen Laskaren geben, der den gleichen Namen wie ihr Vater trug. Was hatte die Polizei noch über ihn gesagt? »Ein älterer Matrose.« Das wirkte zunächst beruhigend. Andrerseits, wenn ihr Vater tatsächlich überlebt hätte, wäre er jetzt Ende vierzig. Wenn man das harte Leben auf See mitbedachte, war es nicht auszuschließen, dass ihr Vater wie ein älterer Mann aussah. Was wusste sie sonst noch von ihrem Vater? Nur, dass er in seiner Jugend Prinz Albert ähnlich gesehen hatte. Sein Spitzname in Limehouse war »Prinz« gewesen. War es möglich, dass eine solche Ähnlichkeit bestehen blieb, selbst nach Jahren eines harten Lebens?
    Die Chance, diesen Lang Jin Hai zu Gesicht zu bekommen, war gering. Er war im Gefängnis und würde bald wegen des Mordes an dem unehrenhaftenRalph Beaulieu-Buckworth vor Gericht gestellt werden. Möglicherweise legte man ihm sogar ein noch größeres Verbrechen, das des Hochverrats, zur Last, je nachdem, was die Königin entschied. Für die Königin war diese ganze Affäre vor allem eine Frage der Reputation, dennoch würde es keiner wagen, ihre Entscheidung infrage zu stellen   – nicht mal der Kommissar von Scotland Yard. Auch das machte ihr zu schaffen. Nicht, dass Mary wünschte, dass der Ruf des Prinzen von Wales beschmutzt würde oder dass Schande auf die königliche Familie fiel durch die Verbindung mit Beaulieu-Buckworth. Doch Königin Victorias unbestrittene Autorität in dieser Angelegenheit warf andere, noch gefährlichere Fragen bezüglich des Rechtssystems auf, das Lang Jin Hai verurteilen würde.
    Ein neuer Gedanke schoss Mary durch den Kopf: Was, wenn sich der Prinz in dem, was er meinte gesehen zu haben, täuschte? Vielleicht hatte er einen Kampf und einen Toten gesehen, aber voreilige Schlüsse über die Ursache gezogen? Er war ja leicht verletzt gewesen   – vielleicht außer Atem und verängstigt und mit seinen eigenen Verwundungen beschäftigt   –, als Beaulieu-Buckworth sich auf den Laskaren stürzte. Konnte Lang   – wie sie ihn nennen musste, ob er nun ihr Vater war oder nicht   – Prinz Albert Edward in seinem Opiumnebel nicht angegriffen haben, ohne ihn überhaupt zu erkennen? Vielleicht hatte Lang sogar in Notwehr gehandelt, um sich, wie er glaubte, vor zwei aggressiven, betrunkenenAristokratenlümmeln zu schützen? Außerdem   – vielleicht hatte Beaulieu-Buckworth ja auch als Erster das Messer in der Hand gehabt.
    Mit kribbelnden Fingerspitzen setzte sie sich unvermittelt auf. Sie war blind gewesen   – töricht   –, so schlimm wie die Königin selbst, und hatte die Fakten nicht richtig beurteilt. Nein, sie war noch schlimmer gewesen. Gerade sie musste doch wissen, dass äußere Erscheinung täuschen konnte; dass die Dinge nicht immer so waren, wie sie aussahen. Wie konnte sie sich der Meinung dieser ganzen privilegierten Leute anschließen und einfach davon ausgehen, dass Lang schuldig war?
    Der Klumpen in Amys Bett rührte sich und murmelte etwas. Mary sprang aus dem Bett. Sie musste ermitteln. Die Wahrheit aufdecken. Und womöglich kämpfen, um einen unschuldigen Mann zu retten.
    Einen Mann, der möglicherweise ihr Vater war.

Fünf
    Sonntagnachmittag
    Acacia

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