Skandal
verdient, in schmutzigen Hafenstädten als Taschendieb zu arbeiten, dachte Simon stumm.
»Wie hast du ihn kennengelernt?«
»Ich glaube, damals hat er versucht, mich auszurauben«, murmelte Simon.
Emily lachte entzückt. »Weshalb hast du entschieden, ihn zu deinem Koch zu machen?«
»Es macht ihn überglücklich, die Speisen zuzubereiten, die ich im Osten zu schätzen gelernt habe. Wenn ich ihn in der Küche habe, bin ich nicht gezwungen, die übliche englische Kost aus zähem Hammelfleisch, fettigen Würsten und schweren Puddings zu mir zu nehmen.«
»Mir ist schon aufgefallen, daß wir viele Gerichte mit Nudeln und
Reis essen«, bemerkte Emily. »Ich muß schon sagen, mir schmeckt das. Die wunderbaren Gewürze sind sehr stimulierend für das Geschmacksempfinden.«
Simon sah sie unwillig an, da ihm durchaus bewußt war, daß sie versuchte, das Thema zu wechseln. »Du wirst zu Almacks gehen, meine Liebe«, sagte er leise und bestimmt.
»Ach, ja?« Die ganze Angelegenheit schien sie nicht weiter zu berühren. »Ich werde mit Lady Merryweather darüber reden. Sie ist ein Quell der Weisheit, wenn es darum geht, wie man in der Gesellschaft auftritt, meinst du nicht auch? Simon, ich spiele mit dem Gedanken, meinen eigenen Salon zu eröffnen, einen Literarischen Zirkel. Ich habe heute nachmittag einen solchen Kreis besucht, und ich muß schon sagen, daß ich sehr enttäuscht war. Literarische Fragen wurden kaum auch nur angeschnitten. Alle wollten nur über Geldanlagen reden.«
Mit dieser Bemerkung gelang es ihr, Simons Aufmerksamkeit augenblicklich zu fesseln. »Ach ja, wirklich?« Er nahm noch einen Bissen von dem Curry und sah seiner Frau gespannt ins Gesicht. »Wer hat den Salon besucht?«
»Er ist in Lady Turnbulls Haus abgehalten worden«, sagte Emily, ohne sich näher festzulegen. »Es waren etliche Leute da. Ich gestehe, daß ich einige der Namen vergessen habe.« Sie zog die Stirn in konzentrierte Falten. »Da war jedoch ein Gentleman, der Crofton hieß. Ich erinnere mich an ihn, weil ich ihn nicht besonders gut leiden konnte.«
Wenn Crofton da war, dann konnte Ashbrook nicht weit gewesen sein, dachte sich Simon grimmig. Er entschloß sich, sachte mehr Informationen aus ihr herauszuholen. »Ich glaube, ich habe Croftons Bekanntschaft einmal auf der Straße vor seinem Club gemacht. Auf mich hat er auch nicht gerade sympathisch gewirkt. Erinnerst du dich sonst noch an jemanden, der Lady Turnbulls Salon besucht hat?«
»Tja...« Emily warf einen wachsamen Blick auf ihn. »Ein oder zwei andere vielleicht. Wie ich schon sagte, ich habe mir nicht alle Namen merken können.«
Dann war Ashbrook also tatsächlich dagewesen, und aus irgendwelchen Gründen versuchte Emily, ihm diese Information vorzuenthalten. Simon packte plötzlich die Wut, und er schickte Greaves mit einem einzigen Blick aus dem Zimmer. Er wartete, bis er mit seiner Frau allein war, die begeistert auf einem Bissen Curry mit Chutney herumkaute.
»Ich wüßte gern ganz genau, was sich heute in Lady Turnbulls Salon abgespielt hat, Emily.«
»Die Sache ist die, Mylord«, sagte Emily in vollem Ernst, »daß ich es dir lieber nicht erzählen würde, solange ich nicht mit Sicherheit weiß, wie sich die Dinge entwickeln.«
Simon starrte sie entgeistert und wutentbrannt an. Verdammt und zum Teufel. Hatte sie etwa vor, ein zweites Mal mit Ashbrook auszureißen? Er konnte selbst nicht daran glauben, aber die Eifersucht fing jetzt schon an, an seinen Eingeweiden zu nagen. »Was genau soll sich denn deiner Meinung nach dort entwickeln?«
»Das ist ein Geheimnis.«
»Ich will es aber wissen.«
»Wenn ich es dir sage, ist es kein Geheimnis mehr«, hob Emily sachlich hervor.
»Du bist jetzt eine verheiratete Frau, Emily. Man hat keine Geheimnisse vor seinem Mann.«
»Die Sache ist die, daß es schrecklich peinlich für mich wäre, wenn die Dinge nicht gut ausgehen.«
Simon, der sein Weinglas in die Hand genommen hatte, stellte es wieder hin, weil er es andernfalls mit den Fingern zerdrückt hätte, bis es gesprungen wäre. »Du wirst mir sagen, was das alles zu bedeuten hat. Ich fürchte, ich muß darauf bestehen, es zu erfahren.«
Emily stieß einen kleinen Seufzer aus und warf ihm einen flehent-lichen Blick zu. »Gibst du mir dein Ehrenwort darauf, es keiner Menschenseele zu erzählen?«
»Ich habe ganz bestimmt nicht die Absicht, Gerüchte über meine eigene Frau in Umlauf zu setzen.«
Emily wurde etwas gelöster. Ihre Augen sprühten Funken,
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