Skandal
und plötzlich schäumte sie vor Aufregung über.
»Nein, das tust du sicher nicht. Also, das Geheimnis besteht darin, daß Ashbrook mir versprochen hat, mein episches Gedicht zu lesen und mir zu sagen, ob es gut genug ist, um es seinem Verleger vorzulegen, Whittenstall. Ich bin so aufgeregt und gespannt, daß ich es kaum noch aushalte.«
Simon spürte, wie sich die Spannung in seinen Eingeweiden lockerte, als er den erwartungsvollen Blick in Emilys Augen sah. Natürlich hatte sie nicht vor, mit Ashbrook auszureißen. Er mußte verrückt gewesen sein, diesen Gedanken auch nur in Betracht zu ziehen. Er kannte sie wahrhaft besser. Emily war hoffnungslos in ihren Drachen verliebt, den sie geheiratet hatte.
Seine Reaktion auf die fernliegende Bedrohung war jedoch ein klares Anzeichen dafür, wie sehr sie an seiner Selbstbeherrschung kratzte. Simon zog eine finstere Miene.
Aber jetzt hatte er es mit einem anderen Problem zu tun. Emily hatte zwar vielleicht nicht vor, sich von dem Dichter verführen zu lassen, aber Simon hegte nicht den leisesten Zweifel daran, daß Ashbrooks Ziele alles andere als unschuldig waren. Emily hatte es innerhalb von kürzester Zeit fertiggebracht, daß alle ganz wild auf sie waren, und Ashbrook hielt sich für extrem schick. Eine Liaison mit der charmanten, exzentrischen Frau des Earl of Blade einzugehen, würde dem Poeten zweifellos als eine interessante Herausforderung erscheinen. Wahrscheinlich fragte er sich, was er sich eigentlich vor fünf Jahren hatte entgehen lassen, als Emily seinen Schädel mit einem Nachttopf traktiert hatte.
Ashbrook, du Mistkerl. Du hast dir anscheinend ausgerechnet, daß die einzige sichere Art, Emilys Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen, darin besteht, Interesse an dem zu zeigen, was sie schreibt. Simon beschloß, er würde sich entschieden des Dichters annehmen müssen, aber bis dahin brauchte er sich keine Sorgen zu machen, daß Emily ihn verlassen wollte.
Schon während er sich sagte, daß er keinen Grund zur Sorge hatte, mußte sich Simon gezwungenermaßen eingestehen, wie wichtig ihm Emily geworden war. Er schlug sich noch mit dieser unangenehmen Vorstellung herum, als Emily wieder etwas sagte.
»Was ist, Simon? Ist das für mich nicht eine ganz phantastische Gelegenheit?«
Sein Mund verzog sich lakonisch, als er die hoffnungsvolle Aufregung in ihren hübschen Augen sah. »Das ist allerdings eine äußerst interessante Entwicklung, meine Liebe.«
Emily nickte zufrieden. »Ja, das ist wahr, und jetzt verstehst du bestimmt, warum ich nicht wollte, daß jemand etwas davon erfährt, solange Richard mir nicht seine Meinung dazu gesagt hat. Es wäre einfach zu demütigend, wenn er beschließt, daß Die Geheimnisvolle Dame sich nicht für eine Veröffentlichung eignet. Ich habe festgestellt, daß sich die Hautevolee für erniedrigende Gerüchte einfach begeistert.«
»Du hast vollkommen recht, wenn du die Angelegenheit geheimhalten willst«, murmelte Simon. »Und ich glaube, es wäre eine sehr gute Idee, wenn du deinen eigenen Literarischen Salon eröffnest, statt Lady Turnbulls Zirkel zu besuchen. Sie steht nicht gerade in dem Ruf, Literatur wahrhaft zu schätzen, fürchte ich. Ihr Salon ist lediglich ein Vorwand dafür, daß gewisse Menschen dort Zusammentreffen, um über den neuesten Klatsch zu reden. Und, wie du schon bemerkt hast, kann Klatsch hier in der Stadt ziemlich grausam sein.«
»Ja, zu dem Schluß bin ich auch gekommen.« Emily machte sich wieder über ihr Curry her. »Ich werde meinen eigenen Salon so bald
wie möglich gründen. Ich glaube, ich werde Celeste und ihre Mutter und natürlich Lady Merryweather einladen. Und es gibt noch zwei oder drei andere Damen, die ich in der letzten Zeit kennengelernt habe und die sich sehr für die jüngsten Entwicklungen in der Literatur interessieren. Ich hoffe, sie werden ebenfalls kommen.«
»Du mußt mir eine Namensliste derjenigen geben, die du einzuladen gedenkst«, sagte Simon.
Emily blickte schnell auf, und ein wachsamer Ausdruck stand in ihren Augen. »Nein, das werde ich nicht tun.«
Er blinzelte, als ihm dieser unerwartete Widerstand entgegenschlug. »Darf ich fragen, warum nicht?«
Sie wies anklagend mit ihrer Gabel auf ihn. »Weil ich durch deine Tante endlich dahintergekommen bin, wie du die Dinge handhabst. Du hast anscheinend die Angewohnheit, Leute einzuschüchtern, damit sie das tun, was du von ihnen willst. Um ganz offen zu sein, ich würde dir sogar unterstellen, daß du alle auf
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