Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute
IDS
Ohne Gummi und ohne Gefühl – der Film
Teenager Telly ist auf der Jagd nach Jungfrauen. Heute möchte er Darcy «erlegen», also zum Sex verführen. Um sie rumzukriegen, lügt er ihr auch was von Liebe vor. Darcy ist erst 13 Jahre alt, Telly ein paar Jährchen älter, aber auch noch keine 18. Eine wacklige Handkamera folgt den beiden. Authentisch? Voyeuristisch?
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USA (1995)
Produktion: Excalibur Films, Independent Pictures, Miramax Films
Produzenten: Cary Woods, Cathy Konrad, Christine Vachon, Lauren Zalaznick
Regie: Larry Clark
Buch: Harmony Korine, Larry Clark
Kamera: Eric Alan Edwards
Musik: Lou Barlow, John Davis
Schnitt: Christopher Tellefsen
Darsteller: Leo Fitzpatrick (Telly), Chloë Sevigny (Jennie), Justin Pierce (Casper), Yakira Peguero (Darcy), Sajan Bhagat (Paul), Billy Valdes (Stanly)
FSK: ab 16
Länge: 91 Minuten
Verleih: Senator/Central
Anbieter (DVD): BMG
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Wie gehen Teenager mit Sex um? Wie gehen sie mit ihrem Körper um? Was sind ihre Werte und Interessen? Vielleicht waren es diese Fragen, die Regisseur Larry Clark zu seinem Erstlingswerk inspirierten. Vielleicht, um sie besonders authentisch zu formulieren, ließ er das Drehbuch vom 19-jährigen Skater Harmony Korine schreiben. Vielleicht heuerte er deshalb dessen Freunde als Laienschauspieler an. Vielleicht nur, um optisch möglichst wirklichkeitsnah zu erscheinen, rückte er ihnen mit der Handkamera auf den Leib; vielleicht, um einen dokumentarischen Eindruck zu vermitteln. Möglicherweise sollte der Film warnen, die Eltern der «Kids» und die «Kids» selbst, vor den Gefahren von Drogen, Sex, vor Aids. Vielleicht aber war das alles auch nur ein Vorwand.
Gezeigt jedenfalls wurde ein Tag im Leben einer Handvoll Jugendlicher im brennend heißen New York der 1990er Jahre. Telly ist Leitwolf dieser kleinen Truppe und ständig auf der Suche nach dem Kick. Den meint er in Drogen und vor allem im Sex zu finden. Während Telly also hinter Darcy her ist, um sie zu entjungfern, folgt der Film in einem parallelen Handlungsstrang Jennie, einem von Tellys früheren Opfern, die das unbedingt verhindern will. Gemeinsam mit ihrer Freundin Ruby holt sich Jennie das Ergebnis ihres Aids-Testes ab. Angst hat sie davor nicht. Denn eigentlich hat sie den Test nur Ruby zuliebe mitgemacht. Ruby fürchtete aufgrund ihres regen Sexuallebens, sich möglicherweise infiziert zu haben, traute sich aber nicht alleine zum Test. Ironischerweise ist es nun aber Jennie, die HIV-positiv getestet wurde. Da sie nur mit einem Jungen geschlafen hat, und zwar mit Telly, weiß sie, wem sie das zu verdanken hat. Und weil sie Tellys Vorliebe für angeblich gefahrlosen Sex mit Jungfrauen kennt, macht sie sich nun auf den Weg, um Tellys nächstes Opfer zu warnen.
Auf ihrer Suche nach Telly taucht sie tief hinein in eine rastlose Parallelwelt jugendlichen Zeitvertreibs. Man kifft, man trinkt, man klaut. Dann läuft wieder laute Technomusik, Jennie nimmt irgendwelcheDrogen und findet heraus, wo sich Telly aufhält. Als sie ihn schließlich auf einer Party aufspürt, ist es vielleicht schon zu spät. Starr und stumm steht sie in der Tür zum Elternschlafzimmer und beobachtet Telly und Darcy beim Sex. «Mach die verdammte Tür zu», brüllt Telly, und Jennie geht und schließt die Tür, ohne einzugreifen. Niederschlagen schleppt sie sich auf eine Couch, wo sie müde und benommen in sich zusammensackt. Tellys bester Freund Casper entdeckt sie dort am anderen Morgen noch immer schlafend und vergewaltigt sie; natürlich ungeschützt.
Ob diese Teenager, die so zerstörerisch mit sich und ihrer Umwelt umgingen, die so wenig an ihre Zukunft und ihre Mitmenschen dachten und so sehr in einem triebgesteuerten, egozentrischen Hier und Jetzt gefangen waren, repräsentativ für die damalige Jugend waren, darüber stritten sich die Gemüter. Clark jedenfalls erklärte, er wolle nur die Wahrheit zeigen. Doch selbst, wer bereit war, die als eine unbequeme Realität zu akzeptieren, musste sich nicht unbedingt auch mit den pseudodokumentarischen Mitteln anfreunden, mit denen der Regisseur sie auf die Leinwand brachte, ohne Auswege oder Lösungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Die Sexstars von Disney – der Skandal
Den Vorwurf der Pädophilie musste sich Larry Clark bei K IDS (Abb. 145–147) nicht zum ersten und nicht zum letzen Mal anhören. Bereits seine Fotobände, etwa «Teenage Lust» oder «Die perfekte Kindheit»,sorgten mit ihren – je nach Standpunkt – unverblümten
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