Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute
müssen, um sich daran zu ergötzen, wie die Christen an die Löwen verfüttert wurden. Heute muss man nur ‹Guten Morgen Amerika› einschalten, einer Fünfminutendiskussion über dieses ‹sensible Thema› zuhören und dann ins Kino gehen.»
Desson Howe, Washington Post, 25. August 1995
«Der Film tritt auf der Stelle und hat in den ersten 20 Minuten eigentlich alles gesagt, um sich dann fast nur noch zu wiederholen. Was ihn unangenehm und problematisch macht, ist nicht allein die auf oberflächliche Schockwirkungen zielende krasse Naturalistik, sondern die Haltung des Regisseurs gegenüber den Jugendlichen. Er lässt sie wie debile Monster aussehen, die ständig benebelt sind, immerzu mit einem penetrant dümmlichen Lachen jeden anzüglichen Witz quittieren und nur ihre Geilheit zu befriedigen versuchen.»
Peter Hasenberg, Film-Dienst, 22/1995
«K IDS setzt auf den Skandal, den der Film in Amerika erwartungsgemäß provozierte. Denn das Obszöne der Bilder entspringt der bedachten Verwechslung von Kino und Leben, eine Gleichung, die seit P ULP F ICTION der Gewalt beizukommen glaubt und der zufolge sich Authentizität wie von selbst einstellt, wenn man alles Verständnis fahren lässt und die Kamera nur gnadenlos draufhält.
Zarte Haut, knallharter Slang, müde grinsende Kindergesichter. Clarks Methode ist die Schocktherapie, die sich den Zynismus seiner Helden anverwandelt und ihren Körperkult eins zu eins in eine raue Körpersprache übersetzt. Ein Trash-Film, der mit Schweiß, Spucke, Sperma und Blut auch die Wahrheit über die No-Future-Teenies abzusondern behauptet. Aber K IDS zeigt nur ihre Moden und Rituale. Ihrem Wesen kommt Clark nicht näher als die Schlagzeilen der Sensationspresse.»
Christiane Peitz, Die Zeit, 10. November 1995
«Kein Mensch auf der Pressevorführung […] hat verstanden, was an Larry Clarks erstem Film nun so kontrovers gewesen sein soll, dass der US-Verleih, eine Disney-Tochter, extra noch eine Subfirma gründen musste, weil die Disney-Zentrale diesen Film mitsamt seinen zu erwartenden Einstufungen der Selbstkontrollen nicht tragen wollte. Noch ließ sich ermitteln, was die New York Times ausrufen ließ, Eltern müssten diesen Film sehen, er würde ihnen die Augen über ihre Kinder öffnen. […]
Denn außer einem rüden Umgangston, Schwulenfeindlichkeit, Pubertätsjungs-Sexismus und Winzigstkriminalität (Melonendiebstahl!), ist das einzig Skandalöse, was diese Kids in dem Film tun, bzw. ein besonders perfides männliches Kid ständig tut, Geschlechtsverkehr ohne Kondom. Nun denn. Darüber kann man doch sprechen. Sogar mit Frau Nolte.»
Diedrich Diederichsen, www.filmzentrale.com
«Wenn ein Aufklärungsfilm von seinem Zielpublikum nicht mehr gesehen werden darf, dann hat er keinen Sinn, außer dass er unterhält oder einen Skandal entfacht. Unterhalten tut er nicht, aber der Skandal ist perfekt. K IDS zeigt auf, wie prüde unsere Gesellschaft ist, die einen offensichtlichen Jugendfilm Jugendlichen vorenthalten will.»
«Wildcat», Biwidus (Zürcher Jugendmagazin), 1. Februar 1996
«Ich habe immer gesagt, ich mache einen ‹R›-Film, und ich habe einen ‹R›-Film gemacht, aber trotzdem gibt mir die MPAA kein ‹R›. Das ist lächerlich. Ich meine, nehmen Sie zum Beispiel einen Film wie B ASIC I NSTINCT , da ficken alle rum, sie sind nackt und ficken, während sie sich gegenseitig abstechen! Und das soll ein ‹R›-Film sein? In K IDS gibt es zwar Sex, aber man sieht nicht wirklich etwas, ich lasse es lediglich realistisch aussehen. […]
Vor kurzem habe ich C LUELESS gesehen. Alles, was in meinem Film zu sehen ist, wird auch in dem Film gezeigt, und der hat kein ‹NC–17›-Rating erhalten. Darin geht es um eine Teenagerin, die ihre Jungfräulichkeit verlieren möchte. Es wird gekifft, getrunken, in einer Szene verlässt sie eine Party und steigt über unzählige am Boden liegende Körper, und Leute kotzen ins Swimmingpool. Es passieren die gleichen Dinge wie in K IDS , aber auf eine möglichst dämliche Weise, und alle finden das so verdammt lustig, weil es so niedlich ist. Niemand beurteilt diesen Film nach den Maßstäben, die sie bei mir anlegen. Die Leute sagen, sie finden K IDS deprimierend. Ich finde so etwas Gekünsteltes wie C LUELESS deprimierend.»
Larry Clark im Interview mit Michael Cohen (Zitiert nach: Michael Cohen: Discussion with Larry Clark. Auf: www.artcommotion.com/VisualArts/indexa.html [11.08.2010])
1 ‹Little Bo Peep› ist eine
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