Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute
die den Film ohne ein Rating der MPAA («Motion Picture Association of America’s film-rating system») ins Kino brachte. 3 Ein Rating war nicht verpflichtend, fast alle US-Verleihfirmen legten ihre Filme jedoch der MPAA vor, und nur wenige Kinos spielten Filme ohne eine MPAA-Freigabe. In einer gekürzten Fassung erhielt der Film später dann doch noch das begehrte «R»-Rating (für Jugendliche unter 17 nur in Begleitung von Erwachsenen geeignet).
Doch nicht nur in den USA sorgte K IDS für Kontroversen. Besonders in Großbritannien, wo der Film in einer leicht gekürzten Fassung (da in Großbritannien die Abbildung eines Kindes im Kontext sexueller Handlungen verboten war, musste eine Sexszene entfernt werden, in der im Vordergrund ein Kind zu sehen war) mit einer Altersfreigabe ab 18 indie Kinos kam, wurden die Filmvorführungen mehrfach von Protesten begleitet. Auch in Deutschland stieß der Film auf teilweise heftige Ablehnung.
Was aus den ‹Kids› wurde…
Für Chloë Sevigny bedeutete K IDS den Einstieg in eine erfolgreiche Filmkarriere (im Jahr 2000 wurde sie für Ihre Rolle in Kimberly Peirces Transgenderdrama B OYS D ON’T C RY in der Kategorie «Beste Nebendarstellerin» für einen Oscar nominiert). Doch bei anderen Darstellern liest sich ihr späteres Schicksal, als stamme es aus Korines Feder. Justin Pierce, der die Rolle von Tellys bestem Freund Casper spielte, beging im Jahr 2000 Selbstmord. Harold Hunter (Harold), der sich als Skater einen Namen gemacht hatte, starb im Februar 2006 an den Folgen einer Überdosis Kokain.
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Harmony Korine
(* 4.1.1973)
Liest sich das nicht wie ein modernes Asphaltmärchen? Dem damals noch völlig unbekannten 19-jährigen Harmony Korine will Larry Clark beim Skateboarden auf dem Washington Square begegnet sein, wo Korine mit ein paar Freunden abhing, während Clark zusammen mit seinem Sohn versuchte, Skateboardfahren zu lernen. Nachdem die Idee zu K IDS dann geboren war, schrieb Korine das Drehbuch; angeblich in nur 3 Wochen. Allerdings ganz so märchenhaft dürfte die Entstehungsgeschichte von K IDS dann doch nicht gewesen sein. Korine war keineswegs der unbedarfte Straßenjunge, als der er der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Über seinen Vater, einen Dokumentarfilmer, war er mit dem Filmmilieu vertraut, in der Filmszene galt er als vielversprechendes Talent. Auch seine Freundin Chloë Sevigny, die in K IDS die Rolle der Jennie spielte, hatte bereits als Model (u.a. für «H&M» und «X-Girl») vor der Kamera gestanden. 1
1 Vgl.: Diederichsen, a.a.O.
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Die Reaktionen
«Wenn jemals ein Film vor einem jugendlichen Publikum versteckt gehalten werden sollte, dann sollte es ‹Kids› sein.»
Jack Valenti, damaliger Vorsitzender der MPAA, über das NC–17-Rating für K IDS
«K IDS ist mit seinem verstörend voyeuristischen Blick auf jugendliche Promiskuität nichts anderes als Kinderpornografie unter dem Gewand einer warnenden Dokumentation. Angesiedelt in einem nihilistischen Nimmerland folgt dieser schlüpfrige Film den Abenteuern des 16-jährigen Telly (Leo Fitzpatrick), ein pickliger Peter Pan, der sich darauf spezialisiert hat, kleine ‹baby girls› zu entjungfern. Außer Pädophilen dürfte sich kaum jemand von dieser verantwortungslosen ‹Little Bo Peepshow› 1 angesprochen fühlen.
Das eigentliche Enfant terrible ist hier Regisseur Larry Clark, ein Fotograf, der schon früher, in ‹Teenage Lust› Kindersex erforschte, einem Buch das explizite Fotos von Kindern und Jugendlichen zeigte, die sich mit so perversen Praktiken wie Fesselspielen beschäftigten. Offensichtlich ist dies eine Obsession. […]
K IDS dürfte Eltern zweifellos furchtbare Angst einjagen. Die meisten werden ihren Nachwuchs aber nicht unter den Kindern, von denen einige erst 9 oder 10 Jahre alt zu sein scheinen, wiedererkennen. Keines davon scheint eine funktionsfähige Verbindung zur Welt der Erwachsenen zu haben. […]
Clarks Kids fehlt es an moralischer Orientierung ebenso wie an Mitgefühl. Sie sind nichts anderes als Puppen.»
Rita Kempley, Washington Post, 25. August 1995
«Scheinbar ein Film über die Banalität des jugendlichen Bösen handelt K IDS einfach nur von seiner eigenen Banalität. Bestenfalls ist es ein missglücktes ästhetisches Experiment. Schlechtestenfalls Exploitation [Ausbeutung] im Hochglanzformat – mit genügend Sprengstoff für Tausende von abgedroschenen Radio- und Fernseh-Talkshows. Früher hätte man zum Kolosseum hinabwandern
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