Skelett
gelernt zu haben.
Vorsichtig ging er zur Haustür zurück. Als er sie öffnen wollte, hörte er auf einmal einen scharfen Knall und nur wenige Zentimeter über seinem Kopf das Splittern von Holz. Mit einem gewaltigen Satz nach vorn stieß er die Tür auf und warf sich im Flur auf den Boden, während weitere Kugeln über ihn hinwegpfiffen. Noch im Fallen drehte er sich und zog seine Walther. Als er unter einer der hohen Tannen die Blitze des Mündungsfeuers sah, feuerte er in diese Richtung gezielte Schüsse ab. Von hinten kam Paula mit gezückter Browning zu ihm herangerobbt. Sie wartete, bis Tweed sein Magazin leer geschossen hatte, dann nahm sie selbst den unsichtbaren Schützen unter Feuer. Dabei zielte sie abwechselnd links und rechts neben den Stamm der Tanne. Sie hoffte, auf diese Weise den Killer zu treffen, wenn er hinter seiner Deckung hervorkam, um weitere Schüsse auf sie abzugeben.
Als Paula alle ihre Kugeln verschossen hatte, steckte sie ein frisches Magazin in den Griff der Waffe. Dabei bemerkte sie, dass der Schütze sein Feuer eingestellt hatte. In dem Wäldchen rings um das Cottage herum herrschte Grabesstille.
Reglos blieben sie und Tweed auf dem Boden liegen, bis aus einiger Entfernung zu hören war, wie ein Motorrad angelassen wurde. Das Geräusch des aufheulenden Motors entfernte sich rasch.
»Das war knapp«, meinte Paula, als sie sich nun erhoben. »Gut, dann werde ich jetzt mal weitersuchen.«
»Tun Sie das.«
Paula ging in die kleine Küche zurück und setzte dort ihre Untersuchung des Kühlschranks fort, vor dem Gemüse und andere Lebensmittel verfaulten, die jemand achtlos auf den Boden gefegt hatte. Aus dem Inneren schlug Paula ein so intensiver Schimmelgeruch entgegen, dass sie sich die Nase zuhalten musste. Als sie mit der Taschenlampe hineinleuchtete, fiel ihr auf, dass ein Stück der Rückwand einen etwas anderen Farbton aufwies als der Rest.
Es handelte sich um ein Stück cremefarbenes Plastik, das jemand flach auf die Rückwand geklebt hatte. Nachdem Paula es vorsichtig abgelöst hatte, fand sie dahinter einen weißen Briefumschlag. Sie nahm ihn vorsichtig an einer Ecke und brachte ihn zu Tweed.
»Könnte es vielleicht das hier sein, wonach Sie suchen?«
Tweed zog sich Latexhandschuhe über, öffnete den Umschlag und zog ein Blatt Papier heraus. Als er es auffaltete, entpuppte es sich als ein Computerausdruck.
»Hier halten wir den Schlüssel zu all diesen Mordfällen in der Hand«, sagte er mit einem triumphierenden Unterton in der Stimme. »Dieses Dokument bestätigt, dass vierhundert Millionen Pfund von Bone in Angora per elektronische Anweisung an einen Empfänger in Großbritannien überwiesen wurden. Die Referenznummer ist dieselbe wie die auf den Schriftstücken, die Keith Kent für mich dechiffriert hat. Dieses Papier muss die Bestätigung der Transaktion sein, die per Post oder Kurier an den Empfänger des Geldes ging.«
»Aus welchem Grund?«
»Der Absender in Bone muss aus irgendeinem Grund darauf bedacht gewesen sein, dass der Deal dokumentiert wird. Lee hat die Bestätigung wohl gefunden, als sie die Büros der Führungskräfte bei Gantia durchsucht hat, und sie anschließend als Beweisstück hier im Cottage versteckt. Wahrscheinlich wollte sie es Drago Volkanian übergeben, sobald er wieder im Land war.«
»Nennen wir den Empfänger oder die Empfängerin der vierhundert Millionen mal X, in Ordnung?«, sagte Paula.
Tweed nickte.
»Wie ist X an das Geld gelangt? Indem sie oder er das Regime in Angora mit etwas beliefert hat, was einen großen Wert für das Land darstellt?«
»Ja«, antwortete Tweed. »Aber wir sollten uns fragen, warum X das getan hat. Ich vermute, er oder sie hat zuvor die Kasse von Gantia um genau diese vierhundert Millionen erleichtert. Als man X hinter die Schliche zu kommen drohte, musste er oder sie das Geld irgendwie wieder beschaffen und hat aus lauter Verzweiflung den Deal mit Angora eingefädelt.«
»Wollen Sie damit sagen, dass X Gantia um vierhundert Millionen erleichtert und das Geld verprasst hat und sich anschließend dringend etwas einfallen lassen musste, um genau diese Summe wieder in die Kasse zurücklegen zu können?«
»Sie haben es begriffen, Paula«, sagte Tweed.
»Und wissen Sie auch, wer X ist?«
»Nein, leider nicht. Aber ich werde es wissen, sobald ich herausgefunden habe, zu wem die Referenznummer gehört.«
In diesem Moment hörte Paula, wie hinter ihnen die Haustür knarrte und wirbelte mit schussbereiter
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