Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
dabei beobachtet.«
»Vielleicht hat er ihn für sie gepflanzt. Vielleicht glaubt er, dass er mit ihr spricht.« Ryan zuckte mit den Schultern. »Es dauert, bis man über so was hinweg ist … bah, das ist ja ekelhaft! Warte mal, ich lasse es zurücklaufen, dann kannst du’s dir ansehen.«
Wahrscheinlich wollte
er
es sich noch mal ansehen. Ich verdrehte die Augen, während er völlig fasziniert zusah, wie einem Alien der Kopf abgerissen wurde und blaues Zeug überallhin spritzte.
24_Ryan
Später lag ich auf meinem Bett und dachte darüber nach, was an diesem Nachmittag bloß in mich gefahren war. Ich hätte mir einen großen gelben Volltrottel-Aufkleber besorgen und mitten auf meine Stirn kleben müssen. Tolle Idee – »lass uns küssen üben«. Ist doch keine große Sache. Nur um sicher zu sein, dass sie Bescheid wusste, wenn dieser Idiot, mit dem sie sich verabredet hatte, es bei ihr probieren würde.
Ich ließ mir alles noch mal durch den Kopf gehen und versuchte herauszufinden, was mich dazu gebracht hatte. Zunächst mal war ich schockiert, als sie es mir erzählte. Sie war
meine
Freundin, nicht seine. Und dann war er vielleicht genau so ein blöder Wichser wie der Typ aus dem Rugbyklub. Was sie von ihm erzählte, klang aber nicht so. Und außerdem war das doch eine absolut vernünftige und echt geniale Idee. Ich wollte ein guter Freund sein. Und dass ich kurz dachte, er soll nicht das kriegen, was ich mir verkniffen habe, spielte natürlich gar keine Rolle. Ich wollte einfach nur helfen.
Doch dann waren die Dinge ein bisschen außer Kontrolle geraten.
Zuerst lief’s prima. Ich konzentrierte mich darauf, sie nicht zu sehr zu drängen, damit sie sich daran gewöhnen konnte und keine Angst mehr hatte. Ich war ein bisschen überrascht, weil es mir so gut gefiel, aber das war in Ordnung. Bis sie langsam dahinterkam. Bis ich merkte, dass es ihr Spaß machte. Das hatte eine seltsame Wirkung auf mich, weil … Ich durfte nicht auf diese Weise an sie denken. Das ging zu weit.
Dann wollte ich nicht mehr aufhören. Normalerweise brauchte ich mich nicht zurückhalten, bei Jenna schon. Und je länger ich sie küsste, desto schwieriger wurde es.
Ich ging weiter als geplant. Nicht zu weit, aber ich hatte nicht vor, mich so reinzusteigern. Und dann fing sie auch noch an zu zittern und sagte meinen Namen, als ich ihr Gesicht küsste – als ob sie gleich weinen müsste. Da hab ich irgendwie für ein paar Minuten den Kopf verloren. So war es mit all den anderen Mädchen, die ich geküsst hatte, nie gewesen. Ich konnte nicht genau sagen, worin der Unterschied lag, aber es gab einen.
Wieder und wieder rammte ich meinen Kopf in das Kissen. Sie musste mich jetzt entweder für einen totalen Mistkerl oder für einen Spinner halten. Man rannte doch nicht herum und bot sich an, seine Freunde zu küssen, nur um es ihnen zu zeigen. Und wenn man es schon tat, sollte einem dabei wenigstens keiner abgehen. Wenn sie morgen diesen Typen küsste, würde ich ihm zu gern jeden Fingernagel einzeln ausreißen. Warum? Weil sie meine Freundin war und ich nicht wollte, dass irgendein anderer Kerl sie begrapschte? Genau, und das war eine ganz normale Reaktion.
Ich rollte mich auf den Rücken und lag eine Weile still da. Mum war in eine Art Putzwahn geraten und ich hörte durch die Wand das Klappern und Krachen von Sachen. Aber ich war nicht in der Stimmung, mich mit ihr auseinanderzusetzen – ich hatte selbst genug Probleme.
Jenna schickte mir eine SMS aus der Bowlinghalle. Sie schrieb, sie würde um sieben wieder zu Hause sein, also schrieb ich zurück, sie solle mich dann im Stall treffen.
Ich sah auf die Uhr. Fünf vor sieben. Ich wartete schon seit Stunden. Gleich wäre sie ganz offiziell zu spät. Mein Bein federte gegen die Kante des Strohballens, auf dem ich saß. Auf und ab.
Die Minuten verstrichen.
Wieder sah ich auf die Uhr.
Punkt sieben und keine Spur von ihr.
Mein Bein federte schneller.
Eine Minute nach sieben tauchte der Strahl einer Taschenlampe am anderen Ende der Koppel auf.
»Du bist zu spät«, murmelte ich, als sie in den Stall kam. Ich machte ihr auf dem Heuballen Platz.
»Wir waren noch Nachos essen.«
»War’s schön?«
Sie lächelte. »Ja.«
Ich wartete. Und wartete.
»Und weiter?«
»Meine Güte, hast du schlechte Laune! Und nichts weiter. Wir waren bowlen. Wir haben Nachos gegessen. Das war’s.«
»Hat er versucht –«
»Ryan, kann ja sein, dass du dich auf jedes Mädchen stürzt, sobald es
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