Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
zur Tür reinkommt, aber das machen nicht alle Jungen.«
Absurderweise war ich sauer auf den Kerl, denn vielleicht war sie enttäuscht, dass er es nicht versucht hatte. »Ich stürze mich auf niemanden, der das nicht will.«
»Ja, ich weiß. Tut mir leid«, sagte sie, und ich sah ihr an, dass sie es auch so meinte. »Doch manche Leute wollen eben einfach nur Freunde sein, oder sie sind schüchtern, oder –«
»Oder sie sind komisch«, versuchte ich zu ergänzen. »Ist überhaupt was passiert?«
»Er hat mir eine Cola gekauft.«
»Oh, echt raffiniert!«
Sie warf mir einen bösen Blick zu. »Ich fand es nett. Und wenn ich mit Bowlen an der Reihe war, hat er mir meinen Platz frei gehalten.«
»Er ist ein richtiger Womanizer, oder?« Jetzt war ich wütend auf ihn, weil er sich doch für sie interessierte, und darüber war ich auch sauer.
»Willst du weiter so unausstehlich sein?«
»Nein.« Ich seufzte und versuchte, so auszusehen, als ob ich nicht länger gehässig sein wollte. »Was ist noch passiert?«
»Ich rede nicht mehr darüber.«
»Wolltest du, dass er dich küsst?«
»Nein. Jetzt hör endlich auf. Es tut mir leid, dass du gestern nur deine Zeit verschwendet hast.«
Habe ich nicht.
»Keine Sorge. Das wird sich schon noch auszahlen.« Es hörte sich so furchtbar an, dass ich mich dafür ohrfeigen wollte. »Tut mir leid, ich bin nicht gut drauf. War ein blöder Tag.« Ich wollte zwar nicht darüber sprechen, aber ich musste dringend das Thema wechseln.
Es funktionierte. Der Wunsch, mich zu schlagen, verschwand aus ihrem Gesicht. »Oh? Wieso?« Sie rutschte ein Stück näher zu mir.
Ich schnappte mir einen Strohhalm und wünschte, ich hätte den Mund gehalten. »Mum geht es mal wieder schlecht.«
»Was ist denn mit ihr?«
»Sie kann nicht schlafen, putzt wie verrückt, ist gereizt und gemein, und dann … nun ja, das Übliche. Jetzt wird es immer schlimmer, bis sie irgendwann den Tiefpunkt erreicht. Dann kommt sie wochenlang nicht aus dem Bett.« Jenna nahm meine Hand. Es gefiel mir. Ich mochte ihre Nähe und fühlte mich wie ein trauriger kleiner Wicht, als ich mir das eingestand. Sie hatte so weiche Hände, so zarte Haut. »Diesmal weiß ich nicht, was ich machen soll. Weil ich bei der Arbeit bin, kann ich sie nicht davon abhalten, irgendwas Dummes zu tun. Ich hätte vorher daran denken müssen, habe ich aber nicht.«
»Vielleicht kann ich dir helfen? Ich komme früher aus der Schule als du von der Werft. Ich könnte bei ihr bleiben, bis du zurück bist.«
Als sie das sagte, hätte ich mein Gesicht am liebsten an ihrem Hals vergraben. Und sie lange ganz fest umarmt. »Nein, sie kann wirklich sehr gemein sein, wenn sie krank ist. Ich bin daran gewöhnt, aber du nicht.«
Sie kniete sich auf den Heuballen, sodass sie größer war als ich, und legte beide Arme um mich. Ich schloss die Augen und lehnte mich gegen ihre Schulter.
»Wahrscheinlich kann ich nicht oft raus, solange sie so ist. Wenn ich von der Arbeit komme, muss ich bei ihr bleiben.«
»Schick mir doch einfach eine SMS, wenn sie in der Verfassung für Besuch ist. Dann komme ich vorbei.«
Ich schlang meine Arme um ihre Taille, damit sie noch ein bisschen länger so mit mir sitzen blieb. Wir sahen Raggs zu, der sich im Stroh herumwälzte und sich kratzte. Ich wünschte, sie würde mich küssen, damit ich herausfinden konnte, ob das gestern ein Zufall war. Aber sie küsste mich nicht.
Als ich zurück zum Boot kam, war Mum nicht da. Ich war es leid, herumzusitzen und darauf zu warten, dass sie zurückkam, und ich hatte Kopfschmerzen, deshalb ging ich ins Bett. Sie war zwar schon länger nicht mehr abgehauen, aber es war auch nicht das erste Mal. Ich dachte, die Dinge hätten sich geändert. Anscheinend nicht.
Wieder wanderten meine Gedanken zu Jenna. Vielleicht wollte ich sie nur, weil ich sie nicht haben konnte. So war es doch immer – man wollte manche Dinge umso mehr, weil sie tabu waren. Jenna tat genau das, was sie tun sollte: Sie ging mit einem Jungen in ihrem Alter aus, der wahrscheinlich genauso unerfahren war wie sie. Den ihre Eltern gut finden konnten und der in sechs Monaten auch noch da sein würde.
Verdammte Scheiße …
Ich wollte nicht schon wieder weiterziehen. Mir gefiel es hier: der Job, mit ihr zusammen sein. Ich konnte mein Lächeln nicht unterdrücken – ich mochte es, wie sie mich ansah: als wäre ich clever und wüsste Sachen, von denen sie keine Ahnung hatte. Als hätte ich eine Antwort auf alles und
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