Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
unbekümmert schritt sie darauf zu und stieg ein. Auf der Heimfahrt hatte sie Zeit zum Nachdenken.
Wäre sie nicht so erschrocken gewesen, ihn zu sehen, hätte sie anders reagiert. Seltsam war, dass er offenbar nicht damit gerechnet hatte, wiedererkannt zu werden, dabei sah er unverändert aus. Nicht mal die Haare trug er anders. Seine Überraschung kam ihr daher unsinnig vor. Ihre letzte Begegnung war auch noch nicht lange genug her, als dass sie vergessen haben könnte, was geschehen war.
Mia umfasste das Lenkrad fester. Sie erinnerte sich nur allzu gut an alles, genau das war das Problem.
Sie sah vor sich, wie sie mit ihm im Restaurant gesessen und sich seine Beteuerungen angehört hatte, dass Kyra nichts passieren werde. Sie wusste noch, was für eine Angst sie gehabt hatte, als ihr aufgefallen war, dass sie beschattet wurde. In der Hoffnung, er werde sie schützen, hatte sie sich an ihn gewandt.
Doch stattdessen war sie von ihm an seinen Boss ausgeliefert worden. Vierundzwanzig Stunden in einem dunklen Haus bei lauwarmem Leitungswasser – bei der Erinnerung daran taten ihr jetzt noch die Schultern weh. Wer wusste schon, was passiert wäre, wenn Kyra und Reyes sie da nicht rausgeholt hätten.
Es war furchtbar, sich so hilflos zu fühlen, und sie hasste es, sich dumm vorzukommen. Beides hatte sie an diesem Tag ertragen müssen; nie wieder wollte sie so etwas durchmachen. Das war das Schlimmste gewesen, was sie je erlebt hatte, und Foster war dafür verantwortlich. Sie würde sich an ihm rächen. Vielleicht war es unvernünftig, aber sie beschloss, ans Licht zu bringen, was er zu verbergen hatte, und gleichzeitig den Betrüger zu entlarven. Im Multitasking war sie schon immer überdurchschnittlich gut gewesen.
Ihre finsteren Gedanken beschäftigten sie, bis sie in die Einfahrt zu ihrem Haus abbog. Sie parkte den Wagen auf dem zugehörigen Stellplatz und betrat schließlich die Wohnung. »Hallo, Peaches, ich bin wieder da.«
Es war ein bisschen ungewohnt, dass jemand auf sie wartete, auch wenn es nur ein fremdes Haustier war. Der Kater hatte offenbar entschieden, sie sei besser als nichts, denn er strich ihr um die Beine und hinterließ seine rotbraunen Haare auf ihrer schwarzen Hose. Sie beugte sich hinunter, um ihn versuchsweise zu kraulen, und er reagierte, indem er schnurrte wie ein Motorboot.
»Was meinst du? Kommen wir miteinander aus?«
Der Kater lief vor ihr her in die Küche, wo sie seinen Futternapf füllte. Offenbar bejahte er die Frage, solange Mia wusste, was sie zu tun hatte. Sie ging durch die Wohnung und betrachtete ein paar Habseligkeiten der Caldwells. Da sie sonst in Hotelapartments wohnte, war es für sie ungewohnt, von gerahmten Fotos und Erinnerungsstücken aus einem erfüllten Leben umgeben zu sein.
Ihre Vermieter hatten ihr sogar gesagt, sie könne an die Vorräte in der Küche gehen. Mia kramte in den Schränken und holte eine Dosensuppe hervor. An jedem anderen Abend hätte sie Essen kommen lassen, doch heute fühlte sie sich aus der Bahn geworfen. Neben dem Telefon lagen auch keine Speisekarten von Bringdiensten, denn dies war jemandes Zuhause . Es passte nicht zu ihr, aber sie fühlte sich sonderbar und konnte nicht einmal sagen, warum.
Sie verscheuchte die leise Melancholie, die das Wort Zuhause in ihr weckte, aß die Suppe an dem kleinen Küchentisch und ging anschließend ins Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Sie hatte sich das Bett im Gästezimmer ausgesucht, weil nicht so viele persönliche Dinge in dem Raum standen. Nach dem Duschen ging es ihr ein bisschen besser, und bis sie im Pyjama war, hatte sie die schlechte Stimmung ganz abgestreift.
Sie holte sich die Notizen, die sie sich während der Arbeit gemacht hatte, und setzte sich damit vor den Fernseher. Ihren Laptop benutzte sie nie, um ihre Ergebnisse zu protokollieren. In den konnte man sich einhacken. Darum schrieb sie ganz altmodisch auf einen Block, und zwar in einer eigenen Kurzschrift, die sonst niemand lesen konnte.
Bislang gab es allerdings nicht viel zu lesen, nur eine Auflistung der Leute, die in der Buchhaltung arbeiteten. Sie glaubte nicht, dass der Schuldige unbedingt dort zu suchen war; auch wenn der Verdacht nahelag, da die Angestellten der Abteilung Zugriff auf bestimmte Konten besaßen. Das hieß, sie hatte umfangreiche Ermittlungen vor sich und nur noch neunundachtzig Tage Zeit dafür.
Gewöhnlich war Zeit bei ihrer Arbeit kein Faktor, da die Auftraggeber sie im Unternehmen als Freelancerin
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