Skin Game: Gefährliche Berührung (German Edition)
und der Charme der Alten Welt lag in der Luft. Er würde den Zimmerservice in Anspruch nehmen, sich ab und zu blicken lassen und still seine Wunden lecken. Eigentlich recht romantisch.
Natürlich hatte er die Penthouse-Suite gebucht. Zwar brauchte er keine drei Schlafzimmer und keine umlaufende Terrasse von hundertfünfzig Metern Länge, aber es war ihm zur Gewohnheit geworden, auf großem Fuß zu leben. Zufrieden ließ er den Blick über schwere Steine und dunkles Holz schweifen. Der Teppich war alt und kostbar; ihm war alles ein bisschen zu europäisch, aber hier konnte man nichts anderes erwarten. Die klaren Linien in seiner Wohnung in Vegas mochte er lieber.
Wenigstens wirkte das Schlafzimmer, das er sich ausgesucht hatte, nicht ganz so gediegen. Es war mit schweren, cremefarben und blau gemusterten Vorhängen, einem weichen, geblümten Teppich, einem riesigen Bett und einem taubenblauen Sessel ausgestattet. Serrano bedauerte, dass er allein schlief, aber Gesellschaft gehörte nicht zu seinem Plan.
Wenn er überzeugend um seine verlorene Beziehung trauern wollte, durfte er keine andere Frau bei sich haben. Nein, er wollte den verschmähten Liebhaber spielen – traurig, aber nicht zornig, einsam, aber nicht rachsüchtig. Der äußere Eindruck war das Wichtigste.
Wenn er daran dachte, wie sehr er sie begehrt, sich nach ihr verzehrt hatte, versetzte es ihm immer noch einen Stich. Das Lächeln dieser Frau hatte sein Herz höherschlagen lassen. Er wäre bereit gewesen, alles für sie zu tun, alles. Und deshalb hatte er eines Tages vor ihr niedergekniet und ihr einen vierkarätigen Diamanten geschenkt.
Er gab es nicht gern zu, wenn er sich einmal irrte, aber in diesem Fall hatte er vollständig danebengegriffen. Es ärgerte ihn, dass er sie vermisste. Rachel – Kyra – war eine gute Zuhörerin gewesen und er hatte geglaubt, sie werde eine gute Mutter abgeben. Stattdessen hatte sie ihn zerfleischt.
Aber Geschäft war Geschäft.
Aus dem zweiten Schlafzimmer kam ein junger Mann, der sich gerade die Krawatte umband. Er hieß Wayne Sweet und hatte bis vor zwei Tagen zu den Sicherheitsleuten des Kasinos gehört. »Ich bin fast fertig. Es ist so toll, dass Sie mich mitgenommen haben.«
Serrano gestattete sich ein dünnes Lächeln. »Nicht der Rede wert. Ich brauche einen Leibwächter und Sie möchten ein Empfehlungsschreiben. Das trifft sich doch gut, nicht wahr?«
»Ja, ganz sicher, Sir.«
»Gehen wir?«
Sie machten sich auf den Weg zur Seilbahn. Um diese Zeit waren die Leute unterwegs zu den Kneipen und Diskotheken, doch er hatte anderes vor. Sie nahmen die Bahn zur Chantarella-Station, dann ging es hinauf nach Corviglia. Dort hatten einige Bergrestaurants geöffnet, die aber nicht sein Ziel waren.
»Vor dem Abendessen möchte ich Ihnen den höchsten Punkt zeigen«, sagte Serrano freundlich.
Er führte seinen Angestellten einen kaum benutzten Wanderweg entlang, der von den Aussichtspunkten wegführte. Es war kalt hier oben. Und dunkel. Als der Weg an einem Steilhang endete, der nur von Gemsen und Engeln zu überwinden war, sagte Sweet: »Ich glaube, wir haben den falschen Weg genommen.«
»Nein, hier sind wir richtig. Drehen Sie sich um und sehen Sie sich diese Aussicht an.«
Gehorsam wie ein Lamm wandte Sweet sich um und schaute. Serrano zog eine Pistole, eine billige 22er mit Schalldämpfer, und schoss dem Mann in den Hinterkopf. In den Bergen hallte das Echo sehr weit und Serrano wollte kein Risiko eingehen. Er schätzte die 22er für Exekutionen; das Kaliber reichte nicht für eine Austrittswunde, weshalb kein Blut verspritzt wurde und keine Reinigung nötig war. Mit der anderen Hand gab er Sweet gleichzeitig einen Schubs, sodass dieser in die Tiefe stürzte.
Serrano spähte hinunter. Höllisch tief . Gelassen warf er die Waffe hinterher. Bis man die Leiche fände, wäre es Frühling, sofern sie nicht vorher gefressen werden würde. Das sollte seinen Mitarbeitern eine Lehre sein. Sie würden Bescheid wissen, wenn er allein aus der Schweiz zurückkehrte; es gab Dinge, die keiner Erklärung bedurften. Sweet hatte sich schwer getäuscht, wenn er in dem Glauben gewesen war, er werde ungeschoren damit davonkommen, dass er das Überwachungsvideo ins Internet gestellt hatte. Serrano hatte seit Jahren niemanden mehr eigenhändig umgelegt, aber das hier wäre Beweis genug, dass er nicht verweichlicht war.
Den Kerl würde jedenfalls keiner vermissen.
Trotz der Kälte zog sich Serrano die Lederhandschuhe aus.
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