Skin Game: Gefährliche Berührung (German Edition)
Sie waren soeben von Wahnsinnssex zum Händchenhalten übergegangen und der Mann schien darüber glücklich zu sein. Sie schüttelte den Kopf und wunderte sich im Stillen darüber, dass sie tatsächlich mit jemandem Händchen hielt und es dabei beließ.
»Ich wurde im Crow-Reservat in Montana geboren«, sagte er leise.
Kyra spürte, dass er auf ihre Bitte eingehen wollte, er würde ihr etwas erzählen, das sonst niemand wusste. Sie verspürte einen kleinen Stich, weil er bereit war, ihr zu vertrauen. Sie wartete ganz still und aufs Äußerste gespannt. Obwohl sie nicht einmal ermutigend nickte, schien er zu merken, dass sie fasziniert war. Er drückte ihre Hand.
»Ich habe keine Erinnerung daran. Meine Mutter ist von dort weggezogen, als ich erst ein paar Monate alt war, und hat sich mit meinem Dad in New Mexico getroffen. Er war ein Musiker aus Guatemala. Behauptete immer, er habe nicht gewusst, dass sie schwanger war, als er mit ihr Schluss machte.« Rey zuckte mit den Schultern. »Der One-Night-Stand eines tingelnden Musikers. Und ich bin so rastlos wie er.«
Er schien auf eine Bemerkung von ihr zu warten, aber sie wusste nicht im Geringsten, auf was für eine. Da sie Vertraulichkeit von ihm eingefordert hatte, wollte sie zumindest einen Versuch machen. »Haben sie geheiratet?«
Er stieß ein hartes, kurzes Lachen aus. »Nein.«
»Was passierte dann?«
»Sie hat mich bei ihm gelassen. Ging, um Brot zu kaufen, und kam nicht wieder.«
»Also wurdest du auch von deinem Vater großgezogen.« Sie hätte überrascht sein können, dass sie eine Gemeinsamkeit verband, aber irgendwie erschien es ihr unvermeidlich.
Rey runzelte grübelnd die Stirn. Unaufhörlich strich er über ihre Finger wie über einen Rosenkranz, als gäbe ihm das Zuversicht. Es machte sie ganz flatterig und ihr wurde warm. Wieso löste so eine Kleinigkeit derartige Gefühle bei ihr aus?
»Wenn du es so nennen willst. Er hat sein Leben gelebt und mehr für mich getan als meine Mutter. Zumindest gab er mich nicht weg.«
Der Ausflug in die Vergangenheit war gar nicht so schmerzhaft, wie er geglaubt hatte. Nach all den Jahren kam es ihm vor, als redete er über jemand anderen. Er wollte sie am liebsten wieder auf seinen Schoß ziehen, aber da er ein brennendes Verlangen verspürte, wäre das nicht klug. Diese Unterhaltung nutzte ihm, deshalb hatte er sich darauf eingelassen. Seine Vertraulichkeiten sollten sie einlullen, sodass sie ihm zärtliche Gefühle entgegenbrächte.
Irgendwann würde er ihre Geschichte aus ihr herauskriegen. Und sie würde ihm von dem Geld erzählen. Dann könnte er gehen. Genau dafür war er engagiert worden, und er hatte noch nie bei einem Auftrag versagt. Er musste nur diesen inneren Konflikt überwinden.
»Das ist nicht alles«, sagte sie leise. »Willst du weitererzählen?«
»Ich weiß nicht. Soll ich?«
»Wenn du willst. Ich würde es gern hören.«
»Er wusste nicht, was er mit einem Baby anfangen sollte«, fuhr Reyes fort. »Darum hab ich viel Zeit mit seinen diversen Freundinnen verbracht. Keinem fiel ein, das Jugendamt zu verständigen, denn häufig Babysitter einzusetzen, ist ja nicht verboten.« Es machte ein Kind lediglich misstrauisch gegenüber Fremden, da es sich nicht lohnte, Zuneigung für jemanden zu entwickeln. »Mit fünf bekam ich meinen Vater schließlich häufiger zu sehen. Er schickte mich zur Schule, hatte abends Auftritte und verbrachte die Nachmittage mit mir.«
Allerdings nicht wie ein Vater. Dazu war Cesar Reyes nicht fähig gewesen. Er hatte gern eine Pfeife geraucht, Bob Marley gehört und seinen Sohn tun lassen, was er wollte. Cesar hielt nichts von Regeln.
»Klingt gar nicht so schlecht«, sagte Kyra.
Für ihre Ohren vielleicht nicht. Soweit er es einschätzen konnte, waren sich ihre Väter sehr ähnlich gewesen: Männer, die zuallererst ihre persönlichen Interessen verfolgt hatten. Kyra würde das nie zugeben, weil ihr Vater sie auf seine Weise geliebt hatte, zumindest anfänglich. Was dann zwischen den beiden schiefgelaufen war, wusste Reyes noch nicht. Cesar hatte von Anfang an wenig Interesse für seinen Sohn gehabt, zu wenig, um ihn rauszuwerfen. In gewisser Hinsicht war Gleichgültigkeit genauso schlimm wie Misshandlung.
Er zuckte mit den Schultern. »Nein. Ich habe keine verborgenen Narben. Es gab keine Prügel, ich wurde nicht mit brennenden Zigaretten gequält. Ich konnte tun und lassen, was ich wollte.«
»Wie zum Beispiel zehn Meilen in die Berge zu wandern und dort
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