Skinwalker 01. Feindesland
geräuschlos tiefer und entdeckte einen Baum zum Landen. Hoch. Tot. Mit weißen Ästen ohne Rinde. Unweit der Erde, wo die Vampire begraben wurden. Nahe genug, dass meine Uhuohren hörten, was gesprochen wurde. Ich breitete die Flügel weit aus, spreizte die Flugfedern und hob die Brust. Streckte die Beine vor und die Krallen aus. Ruderte mit den Flügeln, um zu bremsen. Packte den rindenlosen Ast. Landete. Zuckte mit den Raubvogelschultern und spreizte noch einmal kurz die Schwungfedern, als Balance und Schwerkraft wirksam wurden. Dann saß ich sicher auf dem Totholz und faltete die Flügel eng an meinen Körper.
BeimeinerLandungdrehtedieVampirfrausichumundsahmichimBaumsitzen.IchstießeinenEulenrufaus,einsaminderNacht.EswarnichtderSchreieinerheimischenEule,wiesieindieserGegendlebten,abersiewürdedenUnterschiedkaumbemerken.NacheinemMomentwandtesiesichwiederabundsahzu,wiedieersteLimousineheranschaukelteundzumHaltenkam.
Vampire quollen aus dem überlangen Wagen, sieben an der Zahl. Sie bewegten sich rasend schnell, wie es nur Vamps können, waren allesamt gut genährt, rochen nach frischem Blut und trugen ausnahmslos Schwarz: dunkle Anzüge und elegante Kleider aus leichter Wolle oder Seide, die in der Nacht schimmerten. Sie waren gekleidet wie für eine Beerdigung oder eine Party.
Während der erste wendete und zurückfuhr, kamen weitere Wagen die Zufahrt hoch. Wie fliegende Vögel zogen die Lichtkegel der Scheinwerfer vorbei. Wie ein Tanz. Dutzende von Wagen näherten sich, einige setzten nur einen Passagier ab, andere viele, bis sich beinahe hundert Vamps unter dem jungen Mond versammelt hatten. Zuletzt kam ein weiß leuchtender Leichenwagen durch die Nacht und blieb ruckartig mitten zwischen den Vampiren stehen.
Zwei Männer sprangen heraus und rannten um den Leichenwagen herum nach hinten. Sie waren Menschen, plump, langsam, einer hatte Fettpolster um die Mitte. Kein Vampir bekam jemals Übergewicht, die meisten waren chronisch unterernährt, mager wie Beute im Winter. Langsam kamen die Vamps näher und schlossen einen Kreis um den Leichenwagen. Die Angst der Menschen wuchs, als sie einen weißen Sarg ausluden. Der Gestank drang aus ihren Poren und verpestete die Nachtluft.
»Sind Sie sicher, dass Sie sie begraben können, ohne … schon gut « , sagte einer.
Einer der Vampire lachte – ein böser, grausamer Laut – und genoss ihr Entsetzen, das sich daraufhin noch vergrößerte. Die zwei Menschen hasteten zurück in den Leichenwagen und schlugen die Türen zu. Schlösser klickten. Doch mechanische Schlösser und Glasfenster würden ihnen keinen Schutz bieten. Der Vampir, der sie verhöhnt hatte, lachte wieder auf. Ich sah, wie er sich die Lippen leckte, und hörte das Schmatzen von totem Fleisch.
Der Leichenwagen heulte auf und spuckte Muschelschalen wie Gewehrkugeln, als er anfuhr. An der Ausfahrt des Friedhofs kam er kurz ins Schleudern; kreischend drehten die Reifen durch. Dann raste er weiter die Straße hinunter. Als er verschwunden war, ging die Vampirin in der Nonnentracht, die die Kerzen in der Nichtkapelle entzündet hatte, zu dem Sarg und legte die Hand darauf.
»Kommt zusammen « , sagte sie leise und gebieterisch. Ich lehnte mich auf meinem Ast vor, als auch ich den Sog ihrer Stimme spürte. »Kommt und gebt euer Blut « , sage sie, »damit unsere Schwester geheilt wird .« Ihre Worte erhoben sich über die Menge, tanzten in der Luft, ein wunderschöner Anblick. Das Alter hatte ihre Stimme kraftvoll und sanft werden lassen.
Die Worte echoten in meinem Kopf, bestimmend, fordernd. Meine Krallen tanzten auf dem alten Holz. Funken aus dunkler Magie stiegen in mir auf, und ich breitete die Flügel aus, um zu ihr zu fliegen.
»Ich erhebe Einspruch gegen diese Blutzeremonie « , sagte ein Mann.
Überrascht legte ich die Flügel wieder an.
Die Menge wogte und seufzte, als würde etwas Erwartetes endlich eintreten. Die, die ihm am nächsten standen, rückten von ihm ab, bis er abseits stand und eine Schneise von ihm zu dem hellen Sarg führte. Der Vamp war selbst für einen Vamp enorm hochgewachsen und schlank, dunkel, fein gebaut, aber nicht weichlich. Er schritt durch die Menge wie ein Fechter, der die Füße mit Sorgfalt setzt und immer auf sein Gleichgewicht bedacht ist. Als er vor der alten Frau stand, sagte er: »Rafael Torrez, Erbe des Mearkanis-Clans. Ich fechte die Zeremonie an .«
»Sabina Delgado y Aguilera « , sagte die alte Vampirin, und ich schrak zusammen. Diesen Namen hatte ich
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