Skinwalker 01. Feindesland
und ich ließ ihn gewähren, was sicher dämlich von mir war. Als er an mir vorbeiging, wollte Beast die Hand ausstrecken und über seinen Hintern streichen, aber ich widerstand ihr. Kam gar nicht infrage. Normalerweise war ihre Vergeltung weniger sexuell, meist weigerte sie sich einfach, wenn es Zeit wurde, sich zurückzuwandeln. Störrisch war sie mir doch immer noch lieber als rollig.
Sie bohrte ihre Krallen tiefer in mich und zerrte. Ich schnappte vor Schmerz nach Luft. »Setzen Sie Wasser auf « , sagte ich, drehte mich auf dem Absatz um, ging ins Schlafzimmer und schloss die Tür. Fest. Vielleicht ein wenig zu fest, aber immerhin war es deutlich. Ich war sauer auf Rick LaFleur. Aber er kannte Anna, die mit dem Rogue – nein, mit dem Leberfresser – geschlafen hatte, als er nicht stank. Und er machte gemeinsame Sache mit Antoine, was meine Neugierde weckte. Wenn ich herausfinden wollte, was Rick wusste, musste ich Zeit mit ihm verbringen, ihn besser kennenlernen, musste wissen, wie sein Verstand arbeitete – vorausgesetzt, er hatte welchen. Und ich musste mir das Haus genauer ansehen, in dem der Leberfresser-Rogue verschwunden war. Aber zuerst musste ich etwas essen. Viel essen. Plötzlich verspürte ich einen Bärenhunger.
Ich bürstete mir das Haar, flocht es halb den Rücken hinunter und band es mit einer Schnur zusammen, die ich in der Kommode entdeckt hatte. Dann zog ich Jeans und ein Spaghettitop an. Als ich mich im Spiegel betrachtete, erwartete ich dunkle Ränder unter den Augen, eingefallene Wangen und bleiche Haut. Aber ich sah recht gut aus, wenn auch viel dünner als noch gestern. Der Haferbrei und das Steak zum Frühstück hatten mir offenbar gutgetan, aber mein Magen knurrte, und ich wusste, ich brauchte Proteine, bevor ich das Haus verlassen konnte.
Immer noch barfuß, tapste ich zurück in die Küche und nahm ein Steak aus dem Kühlschrank. Vier waren noch übrig. Ich würde bald einkaufen müssen. Doch die guten Manieren, die man mir im Kinderheim eingebläut hatte, waren stärker als meine Angst vor dem Verhungern, und ich fragte: »Wollen Sie auch ein Steak ?«
»Klar. Wenn Sie eines übrig haben. Blutig bitte. Darf ruhig noch muhen .«
Tief in mir grollte Beast beifällig. Ihre Reaktion nervte mich. Ich wünschte, sie würde Ruhe geben und einen anderen Weg finden, mich zu quälen.
Rick saß auf dem gleichen Stuhl wie Bruiser, die langen Beine von sich gestreckt, viel Raum einnehmend. Seine Körpersprache war unmissverständlich. Ich spürte seinen Blick auf mir, als ich ein zweites Steak, zwei Colas und ein Paket jungen Blattspinat aus dem Kühlschrank holte, die der Troll hineingepackt hatte. »Hey « , sagte er. »Sie wollten doch wissen, wem die Grundstücke um den Lake Catouatchie und am Jean Lafitte National Historical Park gehören. Ich hab die Infos .«
Ich nickte, und als ich dazu fähig war, fragte ich ganz beiläufig: »Haben Sie etwas von einem Mord in Westwego gehört? Irgendwo in der Gegend ?«
»Nein. Warum ?« Als ich den Kopf schüttelte, hakte er nicht nach. »Also. Kommen Sie mit zum Reiten ?«
»Das entscheide ich nach dem Essen « , sagte ich und machte den Grill an.
Ich brachte es nicht über mich, die Unterhaltung auf Anna zu lenken. Wie fragt man einen Mann, ob er mit der Frau des Bürgermeisters schläft, vor allem, wenn man nicht erklären kann, wie man auf die Idee kommt? Also sagte ich, nachdem wir eine Weile geplaudert und Steaks, Mikrowellenkartoffeln und Spinatsalat mit Speckdressing verdrückt hatten: »Ich würde gerne mit Ihnen reiten gehen, aber ich muss raus nach Westwego. Ein anderes Mal ?«
Rick räkelte sich wieder auf seinem Stuhl, einen Arm auf den Bauch gelegt, den anderen über die Lehne des Stuhls neben ihm, die Coladose locker zwischen den Fingern. Er zuckte die Achseln. »Ich hab heute nichts vor. Ich könnte mitkommen, und auf dem Rückweg halten wir irgendwo an und essen zusammen zu Abend. Wie bei einem richtigen Date .« Seine Augen funkelten. »Ich kenn da einen Diner, da kriegt man die besten Austern-Po’Boys von Louisiana. Knusprig frittiert. Gar nicht weit von Westwego .«
Ich sollte ihn nicht mitnehmen, vor allem nicht, wenn ich erwartete, ein Haus voller Leichen vorzufinden. Doch statt abzulehnen, sagte ich: »Klar, klingt gut « , und hätte mich gleich darauf ohrfeigen können. Dann gewann mein Pragmatismus die Oberhand. Sollte ich tatsächlich Leichen vorfinden, so würde ich die Polizei rufen müssen. Und dazu brauchte
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