Skinwalker 01. Feindesland
ich eine gute Erklärung, die ich vorab an Rick ausprobieren konnte.
Es war nach fünf, als wir stadtauswärts fuhren. Die Sonne stand immer noch hoch über dem Horizont und brannte, wo sie auf nackte Haut traf, die Luft war heiß und drückend. Unter der Motorradkleidung waren wir schweißgebadet. Wenn ich stürzte, war das für mich nicht weiter schlimm, aber ich wollte ungern erklären müssen, warum meine Verletzungen so schnell heilten. Deshalb trug ich trotz der Hitze Jeans, Stiefel und Lederjacke. Um diese Zeit herrschte überall Verkehrschaos, aber auf den Motorrädern konnten wir uns zwischen den Staus hindurchschlängeln. Nicht gerade den Verkehrsregeln entsprechend, aber bisher hatte mich noch nie jemand deswegen angehalten, und Rick schien mir nicht der Typ, der gern auf heißem Asphalt herumstand und Abgase einatmete. Er folgte mir, als ich mich im Slalom durch die wartenden Autos manövrierte und über die Brücke fuhr.
Jenseits des Mississippi rollte der Verkehr wieder flüssiger, und ich gab Gas, Rick an meiner Seite. Von der Straße aus sah die Umgebung ganz anders aus, und ich brauchte eine Weile, bis ich mich orientiert hatte. Doch schließlich fand ich die richtige Ausfahrt und den Weg über Nebenstraßen und -sträßchen zu der mit Muschelsplitt bedeckten Zufahrt des alten Vampfriedhofs.
Die Zufahrt war mit zwei drehbaren Metallarmen auf soliden Pfosten versperrt, die mit einer Kette und einem guten Schloss gesichert waren. Ich bremste ab, fuhr links um den Pfosten herum und zog den Helm vom Kopf. Dann rollte ich langsam den Weg hoch und sah mich um. Es sah anders aus als bei Dunkelheit und aus luftiger Höhe. Rick wartete erst am Tor, worauf wusste ich nicht, aber schließlich folgte er mir. Ich schlenderte schon zwischen Gruften entlang, und die Sonne brannte heiß auf meinen unbedeckten Kopf, als er mich einholte. Seine Frye-Stiefel knirschten auf dem Muschelsplitt.
»Das Schild ›Betreten verboten‹ haben Sie aber gesehen, oder ?« , sagte er.
»Ja, hab ich .« Ich fand das Mausoleum des Pellissier-Clans und besah mir die Schlösser an der Tür genauer. Es waren hochwertige Schlösser und noch intakt, was bedeutete, dass Katie unversehrt dort drinnen lag – oder so unversehrt, wie eine Untote sein konnte, die im Blut hunderter Vampire badete und in einem Sarg in einer Gruft lag. Ich drehte mich um, sah die Gruft der St. Martins und schlenderte hin. Auf dem Weg zog ich meine Lederjacke aus, dann umkreiste ich das kleine Bauwerk. Schweiß lief mir über den Rücken und von den Achseln und sammelte sich am Bund meiner Jeans. Die Krypta der St. Martins war aus weißen Marmorblöcken. Auf der Vorderseite erhoben sich links und rechts der Tür elegante Säulen, auf der Rückseite gab es zwei eng beieinanderstehende Fenster in derselben gebogenen, nach oben spitz zulaufenden Form wie die Kapellenfenster. Jemand hatte der Gruft übel zugesetzt. An einer Ecke war ein großes Stück Marmor herausgebrochen, als hätte jemand mit einem Vorschlaghammer darauf eingeprügelt. Ich wusste es besser. Der Boden ringsum war mit Steinsplittern bedeckt. Hier hatte der Rogue sich die zusätzliche Masse geholt.
»Verdammte Gören « , fluchte Rick. Als ich ihm einen Blick zuwarf, sagte er: »Friedhofsvandalismus nimmt in diesem Teil des Staates immer mehr zu .« Ich sparte mir die Mühe, ihn aufzuklären.
Das Bauwerk maß etwa vier mal viereinhalb Meter. Auf dem spitzen Dach stand eine Steinstatue – ein lebensgroßer geflügelter Krieger mit Bronzeschwert und Schild. Abgesehen von den angelegten Flügeln und den Waffen trug er nichts am Leib. Und er war außergewöhnlich gut bestückt. Ich schüttelte den Kopf, blieb aber ernst, obwohl ich gern gelächelt hätte. War das die Vorstellung des Bildhauers von einem St. Martin? Oder die Vorstellung eines St. Martin von einem Engel?
Rick holte mich wieder ein. »Sie wissen doch, dass dieser Friedhof Vampiren gehört, oder ?« Er klang halb amüsiert, halb nachdenklich, als wunderte er sich, wie ich diesen Ort gefunden hatte und warum ich hier war, wollte mich aber nicht danach fragen.
»Ja .« Ich untersuchte Schlösser und Gittertür. Die Schlösser waren alt und kaputt. Die Stäbe des Gitters waren erst kürzlich auseinandergebogen worden. An den Bruchlinien schimmerte das Metall wie neu. »Na und ?« Ich öffnete die Gittertür und drückte gegen die Holztür dahinter. Sie öffnete sich mit einem leisen Knarren.
»Am Tor waren elektronische Sensoren «
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