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Skinwalker 01. Feindesland

Skinwalker 01. Feindesland

Titel: Skinwalker 01. Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faith Hunter
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auf die Kapelle zu.
    Ich legte die Flügel an. Und stieß auf seinen Nacken hinab. Traf ihn mit tödlicher Wucht. Schlug meinen Schnabel in seine Schädelbasis. Ein dumpfes, hallendes Knacken. Harkte mit den Krallen über seinen Schädel. Er stolperte, schüttelte sich heftig. Ich fiel zur Seite. Entkam nur knapp seinen Krallen. Wieder ließ ich die Schultern kreisen und schoss hinauf in den Himmel.
    Er sprang auf die Priesterin los. Ich stieß herab, aber ich konnte nichts ausrichten. Nicht gegen dieses Wesen, nicht in dieser Gestalt, vielleicht nicht einmal in menschlicher Gestalt. Ich hatte es nicht verstanden, doch Beast hatte es gewusst. Allen Hinweisen zum Trotz, dies war kein Rogue. Dies war der Leberfresser , eine Kreatur aus den dunkelsten Legenden. Ein Geschöpf schwarzer Magie.
    Im Sturzflug sah ich, wie Sabina etwas hinter dem Rücken hervorzog und hochhielt. Es war ein hölzernes Kreuz. Sie hielt es mit behandschuhten Händen gepackt. Das Kreuz erglühte unvermittelt, sprühte Licht. Die Kreatur brüllte auf, sprang, schrak zurück. Drehte sich in der Luft. Er kreischte wie eine große Katze unter Schmerzen, wie eine Frau in den Wehen, und landete mit abgewandtem Gesicht, eine Pranke über den Augen. Dann rannte er davon, und im Laufen wandelte sich sein Körper vollends. Er lief auf allen vieren. Seine Kleidung platzte auf, und eine Mähne mit schwarzen Spitzen kam zum Vorschein. Die nächste Gruft explodierte. Steine flogen durch die Gegend wie Schrapnelle. Ein Säbelzahntiger … hat Angst vor einem Kreuz wie ein Vampir.
    IchändertemittenimFlugdieRichtung,strecktedieKlauenaus,rudertemitdenFlügeln,alswollteichdieLuftwegdrücken.AufderSchwellederNichtkapelleließSabinadasKreuzfallenundhieltsichdenBauch,stöhnendvorSchmerz,dieAugenaufmichgerichtet,diePupillenriesig,dieFangzähnevollausgefahren.DerGestankvonversengtemFleischundLederverpestetedieLuft.
    Sie holte tief Luft und rief: »Prophezeiung !« Lange Klauen wuchsen aus den Spitzen ihrer versengten Lederhandschuhe, und ich sah, dass sie keine Kuppen hatten, wie bei Fahrrad- oder Chauffeurshandschuhen. Das passte so gar nicht zu ihrer Nonnentracht. Ich wäre gern geblieben, um sicherzugehen, dass ihr nichts zustieß. Ein seltsamer Impuls für eine Vampirkillerin. Stattdessen stieß ich einen Jagdruf aus und schoss davon, um den schwarzmagischen Skinwalker zu verfolgen, der vor einem Kreuz kuschte.
    Er hetzte quer über den Friedhof, zwischen den Gruften hindurch, in den Wald hinein. Ich flog höher und fand eine Strömung in Richtung des Flusses. Ihm nach. In dieser Gestalt konnte er mich nicht abschütteln. Meine Augen konnten einer Maus auf eine Entfernung von hundert Metern folgen.
    Während er zwischen den Bäumen hindurchlief, sah er immer wieder hoch zum Himmel. Er hielt nach mir Ausschau. Nach zwei Kilometern überquerte er eine breite Straße, wobei er die Scheinwerfer der aus beiden Richtungen kommenden Autos mied, und rannte mit Vampgeschwindigkeit auf ein gut beleuchtetes Wohngebiet zu. Auf den Straßen parkten Autos und Trucks, in den kleinen, quadratischen Häusern brannte kein Licht. Klimaanlagen surrten. Ein Hund schlug an. Andere nahmen die Warnung auf, bellten in heiserem Chor. In einem Haus standen die Fenster offen, Konservengelächter ergoss sich in die Dunkelheit, ein Bildschirm flackerte. Der Rogue brach aus den Bäumen. Rannte über das offene Gelände. Und hechtete kopfüber durch ein halb geöffnetes Fenster.
    Ich hörte Knurren, einen erstickten Schrei. Er tötet jemanden . Die Hunde drehten durch, knurrten, bellten, warfen sich gegen Maschendrahtzaun. Metall klirrte und rasselte. Ich schrie, um ihn zu reizen. Stieß hinab. Ganz nah heran. Aber ich war in der Luft, hatte nur Flügel. Ich konnte nicht helfen. Und zurück in menschliche Gestalt konnte ich mich nicht wandeln – hier gab es nichts, wovon ich Masse hätte nehmen können. Und selbst wenn ich das Risiko eingehen wollte, hatte ich zu viel von mir zu Hause im Garten zurückgelassen.
    Eine Frau schrie auf, dann folgte ein ersticktes Gurgeln. Ich erwiderte den Schrei, verfluchte den Himmel, die Luft und den Leberfresser. Aus dem Haus drangen dumpfe Schläge, hohl, hallend, dann begann Wasser zu fließen. Eine Dusche. Der Strahl, der erst auf die Fliesen traf, dann lange auf einen Körper prasselte. Dann nichts mehr. Im Haus wurde es still. Ich kreiste höher, hielt Ausschau. Nichts regte sich. Nichts änderte sich. Hilflos schwang ich mich von Strömung zu Strömung.

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