Skinwalker 01. Feindesland
Hunger . Sie hat das hiergelassen, für mich.
Ich fresse. Lange Eckzähne sinken in totes Fleisch. Fülle den Bauch. Kaltes Fleisch stillt meinen Jagddurst nicht. Danach lecke ich das Blut von Schnurrbart und Gesicht. Beutel und Halsband stören, aber … wichtig. Ihre Sachen.
Erinnerung, von ihr unter meiner Haut gelagert. Ahhh. Jagen. Einen von denen . Wittere die Nachtluft. Feine Membranen in der Nase fächeln, dehnen sich, erschlaffen. Viele neue Gerüche, manche wertvoll, andere nicht. Unwichtig: naher Geruch von Blumen, frisch umgegrabene Erde, Maus in Felsspalte, kleine Schlange auf Backstein. Wichtig: Fisch, stechend, säuerlich. Salz. Altes, stilles Wasser voll mit winzigen Lebewesen. Häuser, viele, altes Holz und Stein. Motorrad, auf dem sie fährt. Sie – Jane.
Ichschlenderehin,Muskelnlangundweich.Gestank:Benzin,Gummi,Metall,Wachs,einHauchvonfrischerFarbe.MagischesKitzelnanSchnurrhaaren.GutesMotorrad.Jetztstill-nicht-tot,brüllendesHerzschweigt.Schätzeesundschätzesie,imWindsitzendunddieWeltatmend.Wirsindschnell,Feindekönnenunsnichtfolgen.IhrRevieristda,wosiewill.JanesJagdgebietistgroß.
Bin auf der Hut, auch wenn unser neuer Bau Mauern hat und sicher ist vor Menschen. Streife durch den Garten und über die Veranda unten am Haus. Trinke vom Wasser, läuft über menschengeformten Stein. Ein guter Platz. Ich huste leise, beifällig.
Jage! Befehl kommt von innen. Von ihr. Langes Fell an Schultern stellt sich auf, erwartungsvoll. Wittere die Luft. Fressen liegt darin. Menschliches Fressen, tot, gekocht. Menschlicher Urin. Hund. Zahme Hauskatze. Huste, verächtlich, wer lässt sich schon besitzen . Selbst sie besitzt mich nicht.
Präge mir die Gerüche des neuen Baus ein. Gehe zu dem Topf. Rieche an dem gefangenen Stoff. Nehme den Duft auf. Blut. Angst. Menschen, drei. Lebendig, als das Blut fließt. Eine Frau, beim Eisprung, bereit, sich zu paaren. Ein Mann, alt, schrumpelig. Sehnig, zäh. Hautgeruch unvertraut.
Melanin , flüstert Jane. Er war schwarz.
Der Letzte auch ein Mann, kein Melanin, jung, gesund. Alle riechen nach Angst.
Und darunter … der Geruch eines Wilden, eines bösartigen Einzelgängers. Atme es, schmecke es auf der Zunge, am Gaumen. Den Geruch bestimmen, sortieren. Alt. Sehr, sehr alt. Wut. Raserei, Wahnsinn. Viele Schichten von Witterung, verschiedene Teile des Wilden.
Eine komplexe Witterung , denkt sie. Als würden sich verschiedene Geruchsprofile überlagern, einander verwischen. Wie seltsam. Und was ist dies für ein Geruch? Ein Bild von ihrer gekräuselten schwachen, nutzlosen menschlichen Nase.
Der Geruch von Wahnsinn , sende ich. Scharf. Der Geruch von Fäulnis, Verwesung. Verwesung … Ahhh. Jetzt weiß ich. Leberfresser . Lange her, viele Jahre, seit ich einen Leberfresser roch. Spüre ihre Verwunderung. Schiebe sie weg. Öffne meinen Mund, sauge den Geruch ein, presse ihn an die kleinen Schläuche zwischen Gaumen und Nase. Strecke Zunge raus, ziehe Lippen hoch. Schmecke. Rieche.
Präge Leberfresser-Geruchsspur in mein Gedächtnis. Nenne ihn Wutmann .
Komplex , denkt sie. Die Witterung besteht aus vielen Gerüchen, vielen einzelnen Duftmolekülen, Pheromonen und Elementen. So etwas habe ich noch nie gerochen.
Viele, ja. Viele Gerüche für den Wutmann. Mit einem Satz springe ich oben auf die Felsbrocken. Kleiner Berg. Kein Vergleich zu meinem Revier – keine hohen Berge, tiefe Schluchten. Leichte Jagd in diesem flachen Land. Keine Herausforderung. Mein Schwanz zuckt vor Verachtung für dieses Land, ohne Bäume und wilde Flüsse. Ich sammele mich. Springe auf die Mauer. Stehe sicher, vier Pfoten in Reihe. Ducke mich, kleineres Ziel. Da! Ich rieche Vampir. Leichte Beute. Ganz nah.
Nein , sagt ihre Stimme.
Sauge wieder die Nachtluft ein. Der Geruch stimmt nicht. Dies ist eine Frau. Trotzdem töten?
Nein. Jage den Wilden , flüstert ihr menschliches Gedächtnis.
Ich lasse mich zu Boden fallen, mein Schwanz zuckt. Erwartungsvoll. Liebe die Jagd. Liebe den Kampf. Liebe die Gefahr. Gleite durch die Schatten im Nachbargarten zur Straße. Kein Hundeduft. Ein guter Ort, um zu kommen und zu gehen. Setze mich unter die großen Blätter einer Pflanze, beobachte. Merke mir. Rieche.
Sehe ihn, versteckt in den Schatten. Sitzt auf einer Treppe. Beobachtet das Haus, unseren neuen Bau. Der Mann, den sie mag, menschlich mit Motorrad. Nicht hier zum Jagen. Träge, entspannte Haltung. Atmet Rauch aus, riecht nach Kot, markiert sein Revier. Stark genug, um sie zu verteidigen? Gut
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