Skinwalker 01. Feindesland

für Paarung? Nur wenn er sie fangen kann. Wenn er besser ist als sie. Wohl kaum. Sie ist stark. Beast hat sie stark gemacht, vor langer Zeit.
    Spüre ihre Verblüffung. Achte nicht darauf. Ignoriere sie. Überlege, atme ein sachtes, vibrierendes Schnurren. Es ist längst Zeit für sie, sich zu paaren. Wenn er sie fangen kann. Spaß.
    Gleite durch die Schatten in die Nacht. Menschen und Haustiere noch wach. Dumme kleine Hunde kläffen. Haarige Dinger, riechen nach menschlichem Parfum, toter Nahrung, verfaulten Zähnen. Wittern mich, wittern Beast . Verstummen, alle. Ducken sich, ziehen den Schwanz ein. Hasten davon. Ich bin auf der Jagd, trotte durch die Dunkelheit, wild und geschmeidig. Es ist tiefe Nacht. Menschen sehe ich nicht.
    Das French Quarter, das Revier, wo sie jagen will, ist klein. Die Straßen laufen rechtwinklig, die Häuser stehen dicht an dicht. Beute kann nicht entkommen. Versteckte Gärten. Abgase. Alkohol, frisch und süß sowie alt und sauer. Teer auf der Straße. Stinkende menschliche Welt.
    Überall Musik, laut, rau. Bläser, Trommeln wie ein schneller Herzschlag, hämmernd vor Angst, bereit, sich fressen zu lassen. Geruch von Geld, Drogen. Gestank von Sex ohne Paarung. Einsamer Sex. Viele weibliche Menschen mit Füßen auf Stacheln. Leichte Beute. Läden voller Farbe und Leinwand, Stein und Metall. Viel Fressen und Schlafgeruch. Restaurants und Hotels , sendet sie. Gerüche ihrer Welt.
    Es stinkt. Aber unter dem Gestank sitzen andere Gerüche. Unter dem Mief des Abwassers und des schmutzigen Flusses. Unter den Gewürzen, die die Menschen in ihr Fressen kochen. Unter dem Geruch der Menschen, ihrem Parfum oder dem Rauch, den sie ausblasen. Der Geruch von Vampiren. Vielen Vampiren.
    Der Vampirgestank ist im Boden, in der Erde. Ihre Asche weht über die Straße, durch die Luft. Ihre Knochen, zu Puder gemahlen, in allen Ritzen. Vampirrevier, schon länger als ich lebe, die Zeit des Hungers mitgerechnet, als ich Alpha war und Jane Beta. Weiter als bis fünf kann ich nicht zählen, aber hier gibt es viel mehr als fünf Vampire. Ich markiere ihr Revier mit meinem Beast-Geruch. Eine Herausforderung.
    Jahrhunderte – der Gedanke kommt von ihr. Vampire gibt es hier seit Jahrhunderten. Eine lange Zeit für menschliches Ermessen. Zu lang, als dass ich es verstehe oder es mich schert. Ich nehme die Jagd wieder auf. Streife weiter, nehme Deckung in der Nacht, wittere, suche. Finde Verstecke, wenn der Mond über den Himmel wandert. Listig, lautlos, guter Jäger.
    Sehe/rieche Vampir. Er geht allein. Von Menschen unbemerkt. Geschmeidig. Ein Raubtier. Ich ducke mich in die Schatten. Jane wünscht sich, sie hätte ein Kreuz und einen Pflock, christliche Zeichen, um Böses zu töten.
    Nicht böse , sende ich. Nur ein Raubtier. Wie Beast. Sie rümpft die Nase, als wäre der Gedanke verdorbenes Fleisch. Zusammen sehen wir zu, wie der Vampir davongeht.
    Lange vor der Dämmerung rieche ich altes Blut. Finde die Straße, wo Wutmann viele Menschen gerissen und die besten Teile gefressen hat. Eine Gasse. Schmal, eng. Wie eine Schlucht. Starker Geruch nach Blut, Blut, Blut, viel Blut. Gestank von faulem Fleisch. Ich rieche Wutmann, den sie jagt. Er versucht genug zu trinken, um wieder gesund zu werden. Er stirbt.
    Sie können nicht sterben , flüstert sie.
    Er stirbt , antworte ich ihr. Dieser ist krank. Geruch von Fäulnis.
    Über dem Gestank rieche ich zornige, ängstliche Menschen vom Morgen danach. Der unverkennbare Dunst von Schusswaffen. Huste leise, als ich mich erinnere. Sie mag Schusswaffen. Sie jagt mit Schusswaffen. Ich erinnere mich noch an andere. Lange Läufe, Schießpulver, Schmerz, Angst, Schrei von großer Katze. Hass. Lange her, in Hungerzeiten.
    IchsetzedieTatzenvorsichtig,gehedurchsDunkel,untergelbenBänderndurch,angroßenHaufenwelkerBlumenvorbei.ZurMittederengenSchlucht.FindedieStelle,wodieFraumitdemEisprunggerissenwurde.UnddersehnigeAlteanihrerSeite,dasPflastertrieftvonseinemWunsch,siezuschützenwieseinJunges,seinenWelpen.DreiSchritteweiterdergesundejungeMann.Undmehr-als-fünfandere.Wutmannhatgetötet,langsamgefressen.
    Sie sagt, er hat sich Zeit gelassen . Sie kann die Zeit messen, ohne nach dem Mond zu sehen. Verwirrend.
    Gehe zurück zum Eingang der Gasse. Ducke mich tief, ohne dass mein Bauch den schmutzigen Boden berührt. Menschen gehen vorbei, singen, riechen nach starkem Gesöff und Erbrochenem. Dann sind sie weg. Ich suche nach Wutmanns Fährte. Finde keine, die reinführt. Und keine, die