Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skinwalker 01. Feindesland

Skinwalker 01. Feindesland

Titel: Skinwalker 01. Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faith Hunter
Vom Netzwerk:
ein Tanktop und mein einziges Paar Sandalen an. Das Ganze dauerte vier Minuten. Waffen steckte ich nicht ein. Nicht am helllichten Tag. Und schon gar nicht, wenn es so heiß war wie heute. Ich zog den Lippenstift einmal über die Lippen. Rot. Kriegsbemalung, sozusagen.
    Ich öffnete die Tür, zog sie hinter mir zu und schloss ab. Die Veranda war leer. Dann entdeckte ich Rick auf der anderen Straßenseite im Schatten eines niedrigen Baumes. Er war dabei, sein Motorrad an den Stamm zu ketten. Überrascht richtete er sich auf, warf seinen Schlüsselbund hoch, fing ihn wieder auf und ließ ihn in die Hosentasche gleiten. Hinter den dunklen Brillengläsern konnte ich seine Augen nicht sehen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er mich wieder ausgiebig musterte.
    Ich raffte mein Haar zusammen und band es zu einem Pferdeschwanz. Die Spitzen hingen mir bis auf die Hüften. Sie wellten und kringelten sich in der feuchten Luft. Eigentlich habe ich glattes schwarzes Haar. Keine Locken. Nie. Nicht mal, wenn ich mir die Zöpfe ausbürstete. Aber jetzt. Die Luft war feucht und heiß. Eine derartige Hitze hatte ich noch nie erlebt. Dabei war es noch nicht einmal Hochsommer.
    Mein Magen knurrte. Ich setzte meine Sonnenbrille auf und ging ihm über die Straße entgegen. »Laut Ihrem Großonkel strotzen Sie vor ungenutztem Potenzial und nützlichen Infos, Rick « , sagte ich.
    Er grinste schief, offenbar amüsierte ihn meine Unverblümtheit. »Ich bin das schwarze Schaf der Familie « , bestätigte er. »Und Sie sind Jane Yellowrock, das auswärtige Talent .«
    »Vielleicht können wir unser Schwätzchen irgendwo weiterführen, wo es eine Klimaanlage und Bier gibt .«
    Rick lachte, dass seine sexy Zähne aufblitzten, und deutete mit einer übertriebenen Verbeugung auf den Bürgersteig. Er roch gut – nach Hitze, Schweiß, Mann und ganz leicht nach einem feinen Duft, vielleicht Mandelseife. Ich unterdrückte den Impuls, an seinem Hals und hinter seinem Ohr zu schnuppern. Doch gegen das Verlangen, das plötzlich in mir aufstieg und wie Fell von innen über meine Haut strich, konnte ich nichts tun. Beasts Verlangen, ihre Natur. Ich seufzte. Beast wollte, dass ich mich paarte. Sie konnte ganz schön drängeln, wie eine Mutter, die will, dass ihre Tochter sich häuslich niederlässt, einen Mann nimmt und Kinder kriegt. Eine Mutter mit Reißzähnen und Krallen. Der nächste Vollmond, wenn Beast stärker und schwer zu kontrollieren war, würde die Hölle werden.
    Es war noch zu früh, um ihn auszufragen, also plauderten wir während des kurzen Spaziergangs über unverfängliche Themen wie das Wetter, Motorräder und Musik. Rick erwähnte, dass er unter anderem Saxofon in ein paar hiesigen Bands spielte. Schließlich kamen wir zu einer Spelunke in der Nähe des Flusses, einem langen schmalen Raum mit einer Bar zur Rechten und einer Reihe Tische mit roten Lederbänken zur Linken. Fast wollte ich an Ricks Wahl zweifeln, aber der Laden war gerammelt voll. Eine bunt gemischte Klientel von Proletariern in Arbeitsstiefeln bis zu Bankern in Anzug und Krawatte oder Kostüm, dazwischen ein paar Musiker – im Atem von einigen roch ich kürzlich gerauchtes Gras. Und ganz hinten in der Ecke saßen drei Cops. Meiner Erfahrung nach waren Cops als Stammkunden ein untrügliches Zeichen dafür, dass das Essen schmeckte.
    Der Zementboden war irgendwann einmal rot gewesen, doch außer in den Ecken war die Farbe überall abgetreten. Die dunkelblauen Wände waren von der Sonne gebleicht und stockfleckig. Hinter der abgestoßenen Bar aus schwarz glitzerndem Resopal hing ein langer bronzierter Spiegel, davor stand auf schmutzigen Glasregalen eine Unmenge an Flaschen, manche völlig verstaubt und mit abblätternden Etiketten. In einem offenen, mit Samt ausgeschlagenen Kasten schimmerte im Licht der Deckenstrahler ein exquisiter Satz Kochmesser mit grünen Steinintarsien im Griff und höllisch scharfen Klingen.
    Es lief keine Musik, was, wie ich gestern Abend festgestellt hatte, für das French Quarter ungewöhnlich war. Hier unterhielten sich die Gäste. Das Stimmengewirr mischte sich mit dem himmlischen Duft von Bierdampf, Frittierfett und Meeresfrüchten, so frisch, dass sie noch nach Salz und Wasser rochen.
    Der Schwarze hinter der Bar in blütenweißer Jacke und hoher Kochmütze sah uns lächelnd entgegen. Er klopfte auf den Tresen vor den letzten beiden freien Barhockern und schob kleine Plastikschälchen mit scharfer Soße, Ketchup und Tatar-Dip dorthin.

Weitere Kostenlose Bücher