Skinwalker 01. Feindesland
Hocker gleiten, wobei sie gleich dreißig Zentimeter kleiner wurde, knapp über eins fünfzig, und ging zu einem Regal. Zielsicher zog sie eine Bauernbluse mit Tunnelzugausschnitt heraus, im selben Meerblau wie der Rock, kombiniert mit einem blasseren Violett. »Und das dazu « , sagte sie und hielt eine Halskette mit lila und aquamarinblauen Steinen in die Höhe. »Amethyst und Chatkalit. Total cool mit diesen Sandalen .« Sie nahm ein Paar Sandalen mit Knöchelriemchen aus dem Schaufenster.
Ich sah das sommersprossige Mädchen an und grinste unwillkürlich. »Für mich ist es Schwerstarbeit, das richtige Outfit zusammenzustellen, und Sie schaffen das in weniger als einer Minute .«
»Das ist eben meine Gabe « , bekannte sie freimütig. »Probieren Sie es mal an. Wollen Sie, dass ich Ihnen noch etwas aussuche ?«
Ich drehte die Preisschilder herum und zuckte zusammen. Ich sah mich in dem kleinen Laden um. »Ich fürchte, das würde mein Budget sprengen .«
»Wenn Sie es nicht tun, werden Sie es bereuen « , sagte sie weise. »Ich suche Ihnen was zusammen, das genauso hübsch, aber preiswerter ist. Na los .« Sie wedelte mit der Hand, und ich gehorchte. Fast eine volle Stunde lang probierte ich Kleider an, ein Rekord für mich, und verließ den Laden mit zwei Paar Schuhen, zwei Röcken, drei Tops zum wahlweise Kombinieren sowie der Halskette. Alles in allem sechs Outfits. Wie hätte ich da widerstehen können?
Zurück im Haus, verstaute ich die Kleider im Schrank, zusammen mit meinen wenigen Klamotten. Ich reise mit leichtem Gepäck und nehme nicht mehr mit, als was in die Satteltaschen passt. Die wenigen Dinge, ohne die ich nicht leben kann, zum Beispiel meinen Tee, lasse ich jedes Mal, wenn ich den Ort wechsle, an meine neue Adresse liefern. Meine Waffen nehmen im Schrank mehr Platz ein als meine Kleidung. Als reisender Vampkiller muss man Prioritäten setzen.
Ich wusch mich und zog das einzige andere Paar Jeans an, das ich besaß, dazu meine Lucchese-Stiefel. Zum Abendessen war ich bei Katie eingeladen. Ich studierte die Unterlagen aus dem Umschlag, den der Troll mir gegeben hatte, las die Infos über die Vamps von New Orleans und ging das Kleingedruckte des Vertrages durch, wobei ich kontrollierte, ob der Passus über Kollateralschäden enthalten war, den ich mir bei unseren Verhandlungen per Mail ausgebeten hatte. Falls der Rogue bei jemandem Zuflucht fand und ich deswegen ein oder zwei Vamps töten musste, wollte ich gegen Vergeltungsmaßnahmen abgesichert sein. Dieser Paragraf garantierte mir Immunität. Sie hatte ihn mit aufgenommen.
Außerdem entdeckte ich einen Paragrafen, der mich zur Diskretion verpflichtete. Ich durfte nichts, was ich im Laufe meiner Arbeit über die Vamps, ihre Diener oder ihre Haushalte erfuhr, weitergeben, weder an die Medien noch an sonst wen. Andernfalls drohte mir ein langsamer und grauenvoller Tod. Nicht, dass ich vorhatte, eine Doku über Blutsauger und ihre Gewohnheiten zu drehen, aber als ich das las, musste ich doch schlucken. Natürlich war eine solche Klausel aus ihrer Sicht nur sinnvoll, aber die Formulierung »langsamer und grauenvoller Tod « hatte etwas Gruseliges.
Am Ende stand noch etwas über mögliche notwendige Ausgaben, um Kontaktleute zu engagieren und Informanten zu bezahlen. Ich verstand den Passus so, dass der Rat bereit war, solche Ausgaben zu übernehmen, vorausgesetzt, Katie gab grünes Licht. Sehr schön.
In dem Hefter mit den Infos fand ich einen Maut-Aufkleber für mein Motorrad und eine Aufstellung der sieben in New Orleans ansässigen Vampirclans mit Digitalfotos der Obervamps und einer kurzen Darstellung ihrer internen Organisation, die ganz ähnlich war wie die einer parlamentarischen Regierung, mit einem Exekutivrat, der sich aus den Oberhäuptern der Clans zusammensetzte, und einem erweiterten Rat, in dem die Ältesten saßen. Der Exekutivrat traf finanzielle Entscheidungen, kümmerte sich um die friedliche Koexistenz mit den Menschen, arbeitete mit der Polizeibehörde zusammen und sorgte für Einhaltung der eigenen Vorschriften und Regelungen, zum Beispiel, dass die Anzahl der Nachkommen, Blutdiener und Blutsklaven, die ein einzelner Vamp halten durfte, begrenzt war. Interessante Informationen, aber nicht wirklich nützlich, um einen durchgeknallten Blutsauger zu finden, den der Rat selbst weder hatte ausschalten noch identifizieren können.
Ich unterschrieb den Vertrag, speicherte die Nummern, die Katie darin aufgeführt hatte, in
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