Skinwalker 01. Feindesland
nicht.
AlswirunsallewiederimEsszimmerversammelthatten,schlurfteeineschwarzeFrauherein,dieaussahwieeineentfernteVerwandtevonMethusalem.SietrugeinbodenlangesschwarzesKleid,einegestärkteweißeSchürzeundweiteHausschuhe.DasschüttereHaarhattesiezueinemKnotengebunden.SieschobeinenServierwagenmitSalatschüsseln.OhneeinweiteresWortsetztensichKatiesLadiesandenTisch.IchnahmaufeinemderdreileerenStühlePlatz,inderMitte,nichtamKopfendedesTisches.»VielenDank « ,sagteich,alssiedieSalatschalevormiraufdiemakelloseTischdeckestellte,auchwennichesnichtsomeinte.IchhattenichtsgegenSalat – vorallemdannnicht,wennerinSpeckdressingertrank – ,aberichmachtemirauchnichtvieldaraus.
»Bitte, gerne « , sagte sie mit leiser Stimme und einem leichten Akzent, den ich nicht einzuordnen wusste. Sie stellte ein Weinglas rechts neben meinen Teller und ein Wasserglas auf einen Untersetzer, um das dunkle Holz unter dem Tischtuch zu schützen. Ich warf einen Blick auf das Silberbesteck, und leichte Panik stieg in mir auf. Im Kinderheim hatte ich Messer, Gabel und Löffel benutzt. Ich hatte Milch getrunken. Vor dem Essen gebetet. Das Geschirr abgewaschen. Und seitdem hatte ich mit den Fingern über dem Spülbecken in der Küche gegessen oder mit den Krallen im Gras, ohne mir darüber Gedanken zu machen.
Ich beobachtete, wie die anderen Frauen eine kleine Silbergabel nahmen – ja, wirklich, echtes Silber – und damit in den Salat stachen. Essig und Öl, wie mir meine Nase meldete. Kein Speck. Als Gast würde ich mich wohl oder übel damit bescheiden müssen. Mit leisen Gewissensbissen erinnerte ich mich, dass es Wochen her war, seit ich zuletzt ein Tischgebet gesprochen hatte, und obwohl das im Haus eines Vamps eher nicht von guten Manieren zeugte, schloss ich die Augen und sprach lautlos meinen Dank, bevor ich nach der Gabel mit den kurzen Zinken griff und zu essen begann. Kauend sah ich mich im Zimmer um. Die Gemälde in den vergoldeten Rahmen zeigten ausnahmslos Katie in verschiedenen Stadien des Bekleidetseins. Vor den Fenstern an der gegenüberliegenden Wand hingen schwere Vorhänge, braun mit schwarzen Streifen, die von eleganten Seilen mit dicken Troddeln in Form gehalten wurden. Ein dicker, moderner Teppich in denselben Farbtönen mit seidigen schwarzen Fransen an beiden Enden lag unter dem Esstisch.
Als der Salat abgeräumt war, sagte ich: »Katie möchte, dass ich mit Ihnen über – «
Urplötzlich tauchte Katie in der Tür auf, stand einfach da, ohne dass ich sie kommen sah. Vampire sind schnell. Beast fuhr auf, dass mein Stuhl fast umfiel. Katies zitternde Hände umklammerten zu beiden Seiten die Türpfosten, als müsste sie sich daran aufrecht halten. Ihr Haar hing wirr herunter. Blut bedeckte ihre Lippen und ihr Kinn. »Jane. Kommen Sie « , sagte sie atemlos.
Ihre Augen sahen menschlich aus, und die Eckzähne waren wieder in ihrem Gaumen verschwunden, aber sie roch nach Angst und frischem Blut. Beasts Nackenfell stellte sich auf. Weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, ging ich mit Katie in ihr Büro. Nur mit großer Willensanstrengung konnte ich Beast im Zaum halten. Es behagte ihr gar nicht, einem anderen Räuber in seinen Bau zu folgen. Die Vampirin knipste das Licht an, und die Wandleuchter erhellten den Flur mit menschlichen Farben. Aber der Blutgeruch nahm zu. Beast sträubte sich, wollte sich befreien, und meine Lippen hoben sich, um Raubtierzähne zu blecken, die ich nicht besaß. Katie sah nicht in meine Richtung.
Im Büro war der Geruch von Blut und Fleisch so stark, dass mein Magen sich verkrampfte. Entgegen dem, was man in Büchern liest und in Filmen sieht, sind Menschen nicht fähig, frisches Blut zu riechen, nur altes, sich zersetzendes Blut. Aber Beast kann es. Sie ging in Lauerstellung und gab ein kehliges Knurren von sich. Der Troll lag auf dem zweisitzigen Ledersofa. Sein Oberhemd war aufgerissen, zähflüssiges Blut bedeckte seinen Hals und sein T-Shirt. Seine Haut war bläulichgrau, die Augen in seinem rasierten Schädel nach hinten verdreht. Seine Brust hob und senkte sich noch, aber er atmete ganz flach. Beast setzte sich und wartete ab, was ich tun würde.
»Ich habe ihn verletzt « , sagte Katie, und es klang erstaunt. »Ich … ich habe zu viel genommen .« Sie sah mich mit großen Augen an, die Augen eines Kindes, das einen schlimmen Fehler gemacht hat und nicht weiß, wie es ihn wieder gutmachen soll. Ich entspannte die Finger, die ich unbewusst zu Krallen gebogen hatte, und durchquerte
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