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Skinwalker 01. Feindesland

Skinwalker 01. Feindesland

Titel: Skinwalker 01. Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faith Hunter
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sie beide real waren, irgendwo existierten.
    Als die Klimaanlage leise summend ansprang und kühle Luft ins Haus blies, zog ich die Decke über mich. Die Bettwäsche war weicher als alles, was ich besaß. Wahrscheinlich irgendeine besonders dicht gewebte ägyptische Baumwolle oder so. Normalerweise schlief ich in Polyesterbettwäsche auf einer klumpigen alten Matratze, aber hieran könnte ich mich gewöhnen. Wieder machte ich eine Faust, nur um die Sehnen und Muskeln zu spüren. Die Haut über der Wunde hob sich blass und rosa von meiner kupferfarbenen Haut ab. Die junge Wilde hatte um die Wunde herum Bissspuren auf meinem Arm hinterlassen, wie ein gezacktes Armband. Es war eine Verletzung, wie jedes wilde Tier mit Reißzähnen sie zufügen konnte. Auch Beast.
    Beast regte sich irritiert. Kein Vampir . Sie spuckte den Gedanken aus, so angewidert, als wäre es verwestes Fleisch. Ich und du. Wir. Mehr als Skinwalker, mehr als uhtlunhta. Wir sind Beast . Dann schwieg sie schmollend. Ich war mir nicht ganz im Klaren, was Beast damit meinte, dass wir mehr wären als Skinwalker. Aber da sie offenbar nicht in der Stimmung war, mich aufzuklären, löschte ich die Nachttischlampe und zog meinen Arm unter die Decke.
    Ich rollte mich zusammen und dachte darüber nach, was ich über mich wusste oder vermutete, was Aggie mir erzählt und was Leo mir gezeigt und was ich online gefunden hatte. Ich ließ meine Gedanken einfach schweifen, denn ich wusste, wenn ich mich erst entspannt hatte, würden scheinbar unzusammenhängende Fakten plötzlich zusammenfinden. Ich lächelte in der Dunkelheit, denn das Wichtigste war, dass ich mich endlich erinnerte, endlich wusste , dass ich tatsächlich eine Cherokee war. Ich entstammte einer Familie von Skinwalkern. Mein Vater und meine Großmutter hatten Augen wie ich gehabt. Und meine Erinnerung bewies, dass nicht alle Skinwalker böse waren, egal was die Legenden und Geschichten sagten.
    In der Tradition der Westküsten-Indianer, vor allem der Hopi und Navajo, war ein Skinwalker jemand, der Verfluchungen beherrschte und sich zum Studium der dunklen Künste verleiten ließ, die ihm Macht und Zerstörung versprachen. Ein Skinwalker mochte ursprünglich einmal die Absicht gehabt haben, Gutes zu tun, doch er erlag stets der Versuchung, sich die Haut eines anderen Menschen zu nehmen, vielleicht um einen jüngeren Körper zu bekommen. So wurde er zum Mörder und verfiel dem Wahnsinn. So ein Skinwalker wurde als schwarze Hexe dargestellt.
    In der Überlieferung der Indianer des Südostens, namentlich der Cherokee, war der Skinwalker ursprünglich ein Beschützer des Volkes. Aber in den moderneren Geschichten, die vielleicht entstanden, nachdem der weiße Mann gekommen war, veränderte sich der Mythos vom Skinwalker, und er wurde der Leberfresser, die böse Version des Skinwalkers, ein bisschen so wie Anakin Skywalker zur dunklen Seite der Macht übertrat. Aber das, was ich in der Gasse gesehen hatte, hatte unter dem Fäulnisgestank nach Vampir gerochen – nicht nach Skinwalker.
    Und was mich anging … ich war ein Skinwalker. Ich lebte schon sehr lange, Jahrzehnte länger als ein normaler Puma oder ein normaler Mensch. Als Kind hatte ich mich in die Katzengestalt gewandelt, wahrscheinlich in einem Moment großer Gefahr, und war erst viel später wieder zu einem Menschen geworden, um mich zu regenerieren. Denn Skinwalker regenerieren sich jedes Mal, wenn sie sich wandeln, und nehmen wieder das Alter an, das sie beim letzten Wandel hatten. Auf diese Weise leben wir länger. Leo hatte bewirkt, dass meine Erinnerung zurückkam.
    Auf der gegenüberliegenden Wand bewegte sich der Schatten des Busches, der draußen vor dem Fenster stand. Es wehte ein nasser Wind. Ich hörte, wie in der Ferne die Regentropfen heftiger und schneller fielen und wie die Sturmböen sie näher trieben. Äste rieben sich kritsch, kritsch an Fensterscheiben. Donner grollte.
    Noch einmal öffnete und schloss ich die Faust unter der Decke. Als ich kurz vor dem Einschlafen war, kam mir noch ein Gedanke. Warum hatte Leo die Leute, die mir heute Abend geholfen hatten, als ›seine‹ Männer bezeichnet? Oder was hatte es zu bedeuten, wenn er sagte: »Das hat mich zwei gute Männer gekostet … « ? Während der Regen in wahren Sturzbächen herunterkam, wütend auf die Straße und das Dach niederprasselte und gegen die Fenster trommelte, schlief ich ein.
    *
    Als ich erwachte, war der Himmel blau und die Straßen regennass. In der Ferne

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