Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
versuchte tapfer zu sein, was sie sichtbar Anstrengung kostete, und führte den Bürstenstrich bis zu den Haarspitzen zu Ende. Dann legte sie die Bürste aus der Hand und wischte sich das Gesicht ab. »Ich weiß.« Sie rang sich ein Lächeln ab und streckte mir den Arm entgegen. »Komm her. Ich muss dir etwas sagen.«
Ich zwang meine Beine, den Raum zu durchqueren und setzte mich steif auf die Kante des Bettes. Sie legte den Arm um meine Hüfte. Ich erstarrte, und meine Augen brannten. Ich verdiente den Trost nicht, den sie mir anbot, auch wenn Molly da vermutlich anderer Meinung war. Sie zog mich an sich und lehnte den Kopf an meine Schulter. Und brach in Tränen aus.
Meine Stimme gefror. Genauso wie mein Körper. Steif wie eine einen Tag alte Leiche tätschelte ich ihr ungelenk die Schulter. Und dann legte Beast eine Tatze auf meinen Geist und übernahm alles Weitere. Jane ist nur ein Raubtier. Ich bin Mutter. Ich bin Alpha . Die Worte hallten in meinem Kopf wider, und mit dem Echo kam die Überraschung. Beast bediente sich meiner Hand und strich über Mollys Haar. Nahm meinen anderen Arm, legte ihn um Molly und zog sie enger an mich.
Ich bin nicht nur ein Raubtier …
Nein. Jane ist nur ein Raubtier. Keine Mutter. Keine Partnerin. Jane ist nur ein Teil von Beast. Nur ein Killer.
Ihre Worte brachten meine Gedanken zum Stillstand. Schmerz stieg in mir auf, kalt und kristallin, wie gefrorener, gesplitterter Quarzstein.
Als sich mein Mund öffnete, kamen Beasts Worte über meine Lippen. Ihre Stimme klang tiefer, rau wie ein grober Schwamm auf Stein. »Wir holen Kinder zurück. Wir töten Räuber, der sie geholt hat. Jane und Beast zusammen werden sie zerreißen. Knochen von Fleisch, Blut aus Adern. Wir werden töten. Wir holen Kinder zurück. Das schwöre ich bei meinen Kindern.«
Molly hielt die Luft an. Ihr Herz schlug zweimal heftig und dann schnell und gleichmäßig. Vorsichtig, als befürchtete sie, eine Falle könnte zuschnappen, rückte Molly von mir ab und starrte mir in die Augen. Ihre Pupillen weiteten sich. Ihre Lippen öffneten sich. Ich hörte, wie ihr Herz noch schneller schlug, wie ihr Atem stockte. »Heilige Hexenscheiße. Beast?«
Ich schnurrte leise. Strich noch einmal sanft über ihr Haar. Dann stand ich auf und ging.
Der Morgen dämmerte herauf. Schon jetzt war es richtig schwül. Ich war noch nie irgendwo gewesen, wo das Gewicht der Luft tatsächlich körperlich zu spüren war. Hier war es so, als würde sich der Dampf aus einem riesigen Dampfkochtopf auf mich senken. Das gab mir ein Gefühl von Bedrängnis, als wäre ich unter Wasser und wüsste, dass ich bald wieder an die Oberfläche müsste, um Luft zu holen. Als wäre jeder Atemzug mein letzter.
Erst, als wir uns schon auf dem Weg aus der Stadt heraus befanden, durch all den Verkehr und die Hitze, gab Beast mich frei. Ich stand immer noch unter Schock. Ich verstand nicht, warum sie gesagt hatte, ich sei nichts weiter als ein Raubtier. Nur ein Killer. Das war nicht wahr. Ganz sicher nicht. Aber wir brauchten einen Killer – und zwar einen sehr guten – , um Angelina und Little Evan lebendig zu Molly zurückzubringen. Und Bliss. Bliss durfte ich nicht vergessen.
Ich beugte mich nach vorn und raste an einem Dieselgase spuckenden Sattelschlepper vorbei. Die Autos verschwammen vor meinen Augen. Um den richtigen Weg zu finden, verließ ich mich ganz auf meinen Instinkt und mein Muskelgedächtnis, während die Gedanken in meinem Kopf hämmerten wie ein Heavy-Metal-Drummer auf Speed.
Als ich im Licht des frühen Morgens vor dem Clansitz der Rousseaus vorfuhr, stand die Haustür einen Spalt auf. Ich zog die Benelli, noch bevor ich den Motor abstellte. Zückte meinen größten Vampkiller. Ging den Weg hinauf, betrat die stille Eingangshalle, auf alles gefasst. Aber umsonst. Der Clansitz war verlassen. Ich schlich durch die leeren Räume, trat Schranktüren auf, sah unter Betten und in Badezimmern und Abstellkammern nach. Die Gerüche sagten mir, dass das Gebäude in der Nacht geräumt worden war. Aber nicht freiwillig. An mehreren Stellen befand sich Blut an der Wand und am Boden. In der Luft lagen immer noch der warme Geruch verbrannter Magie und der Gestank des Rogue-Schöpfers und seiner beiden Kumpane. Mittlerweile kannte ich ihre Witterungen gut genug, um die drei Duftsignaturen auseinanderzuhalten, die sich so ähnlich waren, dass sie alle aus einer Blutlinie stammen mussten. Die drei Geschwister hatten den Sitz eines Clans
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