Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
überfallen. Und alle in die Flucht geschlagen.
Ich ging zurück zu Mischa und fuhr weiter stadtauswärts. An der ersten Tankstelle verließ ich die Straße und hielt an einer Zapfsäule. Die Blicke der anderen Kunden ignorierend, schnallte ich die Flinte an die Maschine. Mittlerweile war es heiß geworden, und ich zog meine Lederjacke aus und stopfte sie in eine der Satteltaschen, zusammen mit dem Kettenkragen, den Pflöcken und den Vampkillern. Trotzdem hatte ich immer noch genug Waffen am Körper, um einen kleinen Krieg führen zu können. Jetzt war mir wohler, auch wenn ich immer noch nach Angstschweiß roch. Während das Benzin in den fast leeren Tank gluckerte, zückte ich mein Handy und drückte » W ahlwiederholung«, um Bruiser anzurufen. Ich wurde zur Mailbox durchgestellt. Glücklicherweise wusste ich, wo er wohnte. Ich stieg wieder auf und röhrte gegen den Fluss des Berufsverkehrs stadtauswärts. Je weiter ich fuhr, desto dichter wurde der Verkehr und desto wütender wurde ich. Leo und Bruiser verheimlichten mir etwas, etwas, das ich wissen musste, um die Kinder zu finden. Und Bliss. Durfte ich nicht vergessen. Als ich schließlich kurz vor halb acht die Einfahrt zum Clansitz der Pellissiers erreichte, war ich stinksauer.
Das Haus stand am Ende einer ordentlich gepflasterten, aber wenig benutzten Straße, ohne Nachbarn in Sichtweite, weit und breit nur gepflügte Felder und Pferde, die mit wippenden Köpfen aus ihren Ställen trotteten, und Stuten mit ihren munteren Fohlen. Lebenseichen bogen ihre knotigen Äste über die lange, leicht ansteigende Auffahrt. Das Haus stand ein wenig erhöht, vielleicht sechs Meter über dem Meeresspiegel, und überragte alle anderen Gebäude in der Umgebung. Der Clansitz der Pellissiers lag in einer Krümmung des Mississippi, den ich durch die Bäume riechen konnte. Selbst in dieser Entfernung war die Luft, die von dort herüberwehte, noch feucht und roch säuerlich. Die Eichen rasten links und rechts an mir vorbei, als ich die Auffahrt entlangdonnerte.
Vielleicht war es nicht sehr klug herzukommen, auch wenn Leo auf dem Clansitz tagsüber nicht sein Nest hatte und vermutlich auch keiner seiner Vasallen, außer im Notfall. Aber bei Tageslicht musste ich mir um Vamps keine Sorgen machen; ich brauchte Antworten auf meine Fragen, und die würde ich hier bekommen.
Als ich mich dem weiß gestrichenen, zweigeschossigen Backsteingebäude näherte, schaltete ich herunter. Bruiser und drei weitere Männer saßen an einem großen, runden, gedeckten Tisch auf der Veranda und sahen mir entgegen. Bruiser überspielte hastig die Erleichterung, die er empfand, als er mich sah. Er hatte sich Sorgen gemacht, dass Sabina mich getötet haben könnte. Nicht genug, um mir zu helfen. Natürlich nicht.
Ganz offensichtlich unterbrach ich eine wichtige Besprechung, ein Geschäftsessen vermutlich. Was mich wenig kümmerte. Ich hielt vor der Treppe, stellte die Füße links und rechts von Mischa ab und machte den Motor aus. Dann klappte ich den Ständer aus und stieg ab.
Ich blinzelte in das grelle Sonnenlicht. Auf einmal merkte ich, dass ich seit Tagen nicht geschlafen hatte – richtig geschlafen, nicht nur ein Nickerchen. Auch das musste warten, bis ich die Kinder gefunden hatte, genauso wie die Frage, ob ich tatsächlich nicht mehr als eine Killerin war. Das Lächeln, das bei diesen Gedanken auf meinem Gesicht erschien, muss ziemlich hässlich gewesen sein, denn einer der Typen fasste unter dem Tisch nach einer Waffe.
Ich stieg die Stufen hoch. Es war mucksmäuschenstill, nur das Donnern meiner Stiefel war zu hören. Mein Blick hielt den Bruisers fest. Auch er begann zu lächeln und kniff die Augen nachdenklich zusammen, obwohl er sich gleichzeitig mit lässiger Unbekümmertheit zurücklehnte. Die drei anderen rochen besorgt. Die Tatsache, dass ich das kleine Grüppchen in Aufruhr versetzte, verschaffte mir eine perverse Freude. »Ich sehe, dass du Leos kleinen Wutanfall gestern Abend überlebt hast.«
Bruiser nickte. »Und du auch.«
»Knapp. Etwas anders sieht es auf dem Clansitz der Rousseaus aus.«
Seine Miene verfinsterte sich. »Tyler, Louisa, Dale, wir sind hier erst mal fertig. Gebt mir eine Stunde mit Miss Yellowrock.« Wie abgerichtete Hunde erhoben sie sich und ließen uns allein. Vermutlich, um die Stimmung ein wenig aufzulockern, lehnte Bruiser sich vor und schüttelte ein Silberglöckchen, das auf dem Tisch stand. Ernsthaft. Er klingelte mit einem Glöckchen. Und eine
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