Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
eine der frühen Kopien auf. Die Geschichte berichtet von den Söhnen der Dunkelheit und ihrem Sündenfall. Sie erzählt, wie wir erschaffen wurden. Die Söhne haben ihren Blutfluch an uns weitergegeben und mit uns eine Rasse geschaffen, die viele Gaben, aber auch großes Leid, großen Schmerz und die Sünde der Welt zu tragen hat.« Sie hielt inne. In der Ferne hörte ich den Schrei einer Eule, die typische Melodie aus vier Takten plus fünf Takten dieses Tiers, als würde sie rufen: »Wer guckt mir zu? Wer guckt mir denn zu?« Einige klagende Töne kamen zur Antwort, noch weiter entfernt. Eulen fühlten sich wohl in dieser Gegend. Die Stille zwischen uns dehnte sich, bis ich schon glaubte, Sabina würde nicht mehr weitersprechen, und darum zusammenzuckte, als ich ihre Stimme hörte.
»Und obwohl ihre Sünde die schlimmste aller Sünden war, prophezeiten die Söhne die Erlösung der unseren.« Sie legte den Kopf schief, die Augen weiterhin auf LeShawn gerichtet. Sein Blut war auf die weißen Muscheln auf dem Boden gesickert. »Falls sich herausstellen sollte, dass Sie die Erlöserin sind, dass Sie diejenige sind, die uns Frieden bringt, dann werde ich Ihnen alles sagen. Denn nur der Erlöser oder die Erlöserin der Mithraner darf die ganze Geschichte hören.« Plötzlich spürte ich ihre Blicke auf mir, schwer wie eine Bleidecke, sodass ich mich nicht rühren konnte. Doch ich wandte die Augen ab. Sie musterte mich. »Aber ich glaube nicht, dass Sie diese Retterin sind. Mein Warten hat noch kein Ende. Noch darf ich nicht auf meinen Tod hoffen.« Sie seufzte. Ihr Atem roch nach altem Blut. Sehr altem Blut. Wieder fragte ich mich, wann sie sich das letzte Mal genährt hatte.
Als Sabina sich die Lippen leckte, schrak ich zusammen. Immer wieder vergaß ich, dass auch sie einmal ein Mensch gewesen war und immer noch zu menschlicher Mimik fähig war. Sabina ließ mich nicht aus den Augen. »Ich habe drei Mithraner an der Auferstehungsstätte gerochen, die ich alle drei kannte, aber vor sehr langer Zeit. Nie hätte ich geglaubt, dass ein Vampir in dieser Stadt sein Nest hat, den ich nicht kenne. Genauso wenig wie ich es für möglich gehalten habe, dass eine Familie, selbst eine kleine, oder nur ein einzelner Vampir im Jagdgebiet der Pellissiers überleben kann. Aber die Vergangenheit wiederholt sich und mit ihr das Böse.«
Sie schien eine Antwort zu erwarten, doch ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Als ich schwieg, sah sie zur Seite. »An dieser Stätte wurde ein Hexenkind getötet. Das Kind wurde ausgeblutet und seine Leiche weggeschafft.«
Unwillkürlich zuckte ich zusammen. Sabine fuhr ungerührt fort. »Das verstößt gegen die Vampira Carta, gegen unsere Sitten und Gebräuche und ist mit dem endgültigen Tod zu bestrafen. Wirst du dafür sorgen, dass die Schuldigen ans Tageslicht gebracht werden?«
Ich nickte. »Aber Sie müssen mir dabei helfen«, sagte ich. »Wissen Sie irgendetwas, das mir helfen könnte, den Vampir, der dahintersteckt, zu finden?«
»Der Rousseau-Clan praktizierte einst Blutmagie, für die Menschen- und Hexenkinder geopfert wurden. Es gab unter den Rousseaus einige, die die Schuld, die alle Mithraner tragen und die die älteren Mithraner dem Gesetz nach an ihre Geschöpfe weitergeben, nicht anerkennen. Sie beriefen sich auf das Gesetz der Naturaleza, das besagt, dass sie als Räuber das Recht haben, Menschen zu jagen und zu töten. Und sie behaupteten, die Sünde der Väter werde nicht auf die Söhne übergehen.« Sie schüttelte den Kopf und sah mich an. »Ihr Frevel wurde entdeckt, und sie wurden in einer großen Säuberung ausgelöscht.«
Aufregung erfasste mich. Von dieser Säuberung hatte ich gehört. Dies war das Bindeglied, das ich gesucht hatte.
»Die Blutlinie der Rousseaus litt schon immer unter einer seltsamen Form des Wahnsinns. Davon reden wir nicht oft. Dennoch ist es so.« Sabina sah LeShawn an. Als ihr Blick mich losließ, zitterte ich beinahe. Jetzt, da seine Augen langsam glasig und milchig wurden, sah es nicht mehr so aus, als würden sie die Priesterin fixieren, und seine Gesichtszüge begannen an Kraft zu verlieren. Als sie es bemerkte, zog sie die Mundwinkel nach unten, und ihre Haut wirkte wie zerknitterte Seide. Auf einmal sah sie sehr alt aus. Erleichtert stieß ich die Luft aus und fragte mich, ob sie die Pheromone der Entspannung in meinem Atem, in meinem Schweiß riechen konnte.
»Viele aus ihrer Linie erlangen ihren Verstand nie wieder, nachdem
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