Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
Angst konnte ich mir jetzt nicht leisten.
Da sah ich, dass sich etwas vor mir auf dem Boden bewegte.
Ein winziges Fleckchen Erde in der Mitte der kleinen Lichtung hob und senkte sich. Ein kleines Dreieck. Einen Moment regte sich nichts, dann hob es sich wieder. Etwas Weißes schaute heraus. Der modrige, faule Geruch des Todes stieg in die Nacht auf. Und das Weiße wurde zu Fingern.
Meine Nackenhaare stellten sich auf. Beast knurrte tief in meiner Kehle und machte sich sprungbereit. Mein Körper spannte sich an, bebte vor Erregung. Ich zog meinen Lieblingsvampkiller und fühlte mich gleich besser, als der Hirschhorngriff der Waffe in meiner Hand lag.
Noch ein Stück Erde rutschte weg, als die Blätter und Muscheln an der Oberfläche zur Seite geschoben wurden. Als etwas versuchte, sich aus dem Zentrum des Pentagramms zu erheben. Die Silberkreuze an den Bäumen begannen sanft zu schimmern.
Mist , ich wurde Zeugin, wie sich ein neugeborener Vampir erhob. Ein junger Rogue. Eine blutsaugende Tötungsmaschine. Ich zog einen Pflock und vergewisserte mich, dass die Spitze versilbert war. Aber Beast erlaubte mir nicht, mich zu bewegen, sondern sah weiter neugierig zu.
»Die Neugier ist der Katze Tod«, murmelte ich und fasste die Waffen fester.
Beasts Husten drückte düstere Belustigung aus.
Das Ding war ausgemergelt, weißhäutig und schmutzig. Ich sah Hände, Unterarme, spitze Ellbogen, den Kopf. Mit Armen wie Stöcke arbeitete es sich aus dem Boden heraus. Erdklumpen fielen von ihm ab. Langes Haar, verfilzt und von Graberde verklebt. Ich hatte noch nie eine Auferstehung gesehen, und es war fast genauso wie in Nacht der lebenden Toten in 3-D, nur dass es übler roch. Der Rogue war weiblich. Sie trug ein hübsches geblümtes Partykleid, der einst helle Stoff mit den großen Blumen in leuchtenden Farben war jetzt besudelt mit Leichenflüssigkeit, Blut und feuchter Erde. Sie stemmte die Hüften aus dem Boden, schüttelte sich Beine und Füße frei und tat einen Atemzug. Riss den Kopf zu mir herum. Und fand mich in der Nacht.
Ihre blutunterlaufenen Augen glühten beinahe. Ihr Hals war von knotigem Narbengewebe entstellt. Sie zischte wie eine Schlange, hungrig. Ausgehungert . Und sie kam auf mich zu. Ich begann, ihr entgegenzugehen, um kurzen Prozess zu machen.
Nein , flüsterte Beast. Nicht hier. Schöpfer wird ihren Tod riechen. Wird dich erkennen, wird dich finden können. Lauf. Wie ein verletzter Vogel. Ich sah kurz das Bild eines Vogels, der aus einem Nest schnellte, einen Flügel abgeknickt, um Räuber fortzulocken. Ich wirbelte herum, rannte durch die Bäume, tiefer in den Couturié Forest hinein, immer wieder über die Schulter zurückschauend. Hinter mir grunzte die Vampirin, witterte in die Luft wie eine wilde Hündin und fiel auf die Knie. Ich rannte immer weiter, weit weg von der Grabstätte, weit genug, damit Beast zufrieden war, die die Welt durch meine unzulänglichen Sinne erkundete. Ihre Unruhe spürend, rannte ich schneller. Kurz darauf hörte ich, wie der Rogue mir zu folgen begann, schwankend, mit ungleichmäßigen Schritten.
Sie wimmerte und quäkte wie ein Kätzchen. Die Welpenlaute hätten eigentlich Beasts Schutzinstinkt wecken müssen. Stattdessen hustete sie missbilligend und bohrte die Krallen in meinen Geist. Ich sprang über einen umgestürzten Baum und ein Rinnsal Wasser, Überbleibsel von Adas Fluten. Während ich lief, untersuchte Beast die Umgebung, auf der Suche nach einer Stelle, die sich für einen Hinterhalt eignete.
Der jüngste Vamp, den ich je erlegt hatte, war ein Jahr lang untot gewesen. Doch auch dann hatten diese Vamps ihre Vergangenheit – Erinnerungen, Verstand und Menschlichkeit – nicht wieder. Es dauerte Jahre, bis ein Vamp so weit wiederhergestellt war, dass er zur Selbstkontrolle fähig war und nicht gleich über jeden Menschen herfiel, der ihm über den Weg lief. Und es dauerte bis zu einem Jahrzehnt, bis er trotz seines Hungers seine Erinnerungen wiederfand. Ein gerade auferstandener Vamp dachte nur daran, zu fressen, zu trinken und aus Nahrungsgründen zu töten. Die Bewegungen und die Laute der Vampirin waren ziemlich abstoßend; auf einmal verstand ich, woher der Mythos der Zombies kam. Frische junge Rogues waren wie Zombies. Fast genauso.
Die Vampirin hinter mir hatte alles verloren, was sie einmal menschlich gemacht hatte, und jetzt musste sie ganz von vorne anfangen, das Gehen, die Kontrolle über die eigenen Gliedmaßen neu erlernen. Die für Vamps
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