Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)

Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)

Titel: Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faith Hunter
Vom Netzwerk:
›der Eine‹. »Ich rufe den Einen an, Gott den Schöpfer.« Wieder kam Wind auf, heftiger dieses Mal und stärker, der nach Nässe und Schimmel und Erde roch. Bevor ich ihn fallen lassen konnte, wurde mir der Tabak aus den Fingern gerissen. Mein Atem war heiß und laut, wie ein vom Dampf feuchter Blasebalg.
    Ich wandte mich wieder nach rechts, jetzt in Richtung Norden, hielt den Tabak fest zwischen den Fingern. Mein Herz schlug zu schnell, zu unregelmäßig. »Ich rufe die Trinität an, die heilige Zahl Drei.« Noch während ich die Worte sagte, begann die Haut in meinem Nacken zu kribbeln, und ich zog die Schultern zusammen, als der Wind an mir vorbeiwirbelte. Beast knurrte leise in meinem Geist, ein weit entferntes Geräusch; der Platz, an dem sie normalerweise lag, war verlassen.
    Ich war mir nicht sicher, ob vorgesehen war, dass ich den Kreis schloss. Aggies Anweisungen hatte ich vergessen. Doch ich empfand es als richtig, deswegen wandte ich mich zurück nach Osten. Ich nahm die noch übrig gebliebenen Tabakblätter und schloss die Augen. Meine Fingerspitzen prickelten und fühlten sich kalt an. Ich ließ den Tabak fallen. »Ich erbitte Weisheit und Stärke im Kampf und Reinheit des Herzens, des Geistes und der Seele.« Aus der Ferne echote der laute, lang gezogene Schrei einer Eule. Irgendwo in der Nähe antwortete ihr eine andere mit drei klagenden Tönen. Ein Schauder der Angst überlief meinen Rücken wie Spinnenbeine, auch wenn es keinen Grund gab, Angst zu haben.
    Ich öffnete die Augen und suchte in den Wipfeln der Kiefern nach den Eulen. Doch falls sie dort waren, dann waren sie im grauen Licht nicht zu erkennen. Die Spinnenbeine krabbelten schneller, und mich schauderte. Mir gefiel es nicht, dass ich die Eulen nicht sah. Ganz und gar nicht. Ich schloss den Beutel und klopfte mir die Hände ab.
    Mein Magen tat nicht mehr weh. Das Prickeln war immer noch da. Ich fühlte mich leichter. Sauberer. Atemlos, aber beschwingt, leicht erwartungsvoll, fast freudig. Ich fragte mich, welche Kräuter in diesem Brechmittel gewesen waren, und ob sie noch etwas anderes bewirkt hatten, als meinen Magen zu entleeren.
    Ich schlängelte mich durch die Bäume stromaufwärts, in die Richtung, die auch Aggie eingeschlagen hatte. Die Erde saugte an meinen Flip-Flops, als wollte sie mich in sich hineinziehen. Die Welt roch frisch und neu, nach dem sauberen Duft von Fisch, Ente, Gans und Falke und aus der Ferne scharf nach Stinktier – selbst der Schimmel roch gut, wenn so etwas denkbar wäre.
    Gerade als die Bäume sich an einer scharfen, aus dem Bayou herausführenden Kurve öffneten, stieg mir der Duft von brennendem Kiefernholz in die Nase. In der Mitte einer winzigen Lichtung saßen Aggie und ihre Mutter auf flachen Steinen, nackt bis auf zwei kleine perlenbestickte Beutel an Lederbändern um ihren Hals. Ihre Kleider lagen säuberlich zusammengefaltet neben ihnen. U ni lisi , die Großmutter vieler Kinder, schürte ein winziges, rauchloses Feuer.
    Ich wandte den Blick ab und fragte mich, warum man bei so vielen Ritualen der Cherokee nackt sein musste. Da ich aber wusste, dass ich ihrem Beispiel zu folgen hatte, zog ich mich aus und legte meine Kleider neben einen Stein auf der anderen Seite des Feuers, wo ich meinen Platz vermutete.
    Aggie deutete mit dem Kinn auf die grünen Kiefernzweige daneben. Richtig. Die sollte ich nun aufheben und sie in einem Kreis um uns legen. Ein Schutzkreis, so hatte Aggie es genannt. Ich versuchte, mich so zu bücken, dass ich den beiden Frauen nicht meinen nackten Po zukehrte, hob die harzigen Zweige auf, wobei die Rinde über meine Haut kratzte, und schritt im Uhrzeigersinn um das Feuer, um die Zweige dicht an dicht zu einem Kreis zusammenzufügen. Das Harz machte meine Hände klebrig, aber die Bewegung des Bückens und sich wieder Aufrichtens beruhigte meinen Geist. Als ich schließlich den Kiefernzweigkreis schloss, war auch der letzte Rest von Verlegenheit verschwunden. Die schwache Morgenbrise flaute wieder ab, und die Luft wurde still, war auf einmal voller Möglichkeiten. Wartete.
    Auf eine Geste von Aggie hin legte ich den letzten grünen Zweig auf das Feuer. Der Geruch von Kiefernrauch stieg auf, und Aggie sagte, dass nun nichts Böses mehr diesen Kreis betreten oder in den duftenden Rauch eindringen könne, er wirke wie ein Bann gegen übelwollende Geister. Dann setzte ich mich auf den kühlen Stein. Die alte Frau erhob sich und wandte sich nach Osten. Die Haut hing ihr in Falten

Weitere Kostenlose Bücher