Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
und verwuchs mit dem Hals zu einem gedrungenen Schädel, während sich das Weiß seiner Augen in gelb funkelnde Punkte verwandelte, die seitlich auseinander drifteten, bis sie aus den Schläfen eines Vogelhauptes heraus leuchteten. Knackend platzten seine Lippen auf, um fleischigen, schwarzen Wülsten Platz zu machen.
Die Schwarzmagier, noch halb blind, rannten ziellos umher und ahnten, dass etwas Fürchterliches um sie herum vorging. Nur sehr langsam ließ die Wirkung von Hazaars Zauber nach.
Als Nathael schließlich die Flügel ausbreitete, um sich in die Lüfte zu erheben, entlud sich sein Hass in einem markerschütternden Schrei, der einige schwarze Zauberer straucheln ließ.
Gwendol beobachtete fasziniert und zugleich voller Grauen die Verwandlung der Gefangenen. Zu seinem Erstaunen blieben drei Personen davon unberührt: Irian, Janus und Hazaar behielten ihre menschliche Gestalt. Gwendol vermutete, dass der Zauber für sie wirkungslos blieb, weil sie den Berg freiwillig betreten hatten und daher keine Gefangenen waren.
Hazaar erfasste blitzschnell die Situation. Dass sich die Zauberer nicht immun gegen die Schreie der Phyraton zeigten, überraschte ihn jedoch. Auch fragte er sich, woher Gwendol von dieser Schwäche wusste, und wer ihm den entsprechenden Zauber verraten hatte.
Währenddessen verspürte Irian leichten Schwindel. Janus rang nach Atem und selbst Hazaar griff sich an die Kehle, die sich plötzlich heiß und trocken anfühlte.
„Irian – Janus!“, rief der Magier. „Reißt Fetzen aus eurem Gewand und verstopft damit die Ohren!“
Während Irian diesen Befehl augenblicklich befolgte, schrie ihm Janus zu: „Was geht hier eigentlich vor?“, doch er verstummte sogleich, als Hazaar ihn anherrschte: „Tue wie dir geheißen! Es ist nicht die rechte Zeit für Fragen!“
Gleichzeitig trennte auch Hazaar Streifen von seinem Sklavenumhang ab und knüllte sie zusammen. Dann wendete er einen relativ einfachen Zauber an, der zu seiner Erleichterung auch ohne Hilfsmittel funktionierte: Die Fasern erwärmten sich ein wenig, verflüssigten sich und verschlossen schließlich in Form von erstarrtem Wachs ihre Gehörgänge.
Zarfan tobte vor Wut. Wie konnten sie es wagen? Und wie war es ihnen bloß gelungen, sich in diese abscheulichen Kreaturen zu verwandeln, die in ihrer Bösartigkeit die Schwarzmagier noch übertrafen? Nur selten hatte Zarfan von der Begegnung eines Phyraton mit Seinesgleichen gehört, doch jedes Mal war der Vogel als Sieger daraus hervorgegangen. Trotz dieser eher aussichtslos erscheinenden Perspektive wirkte Zarfan zum Kampf entschlossen. So leicht würde er sich nicht geschlagen geben, denn immerhin war er das Oberhaupt aller Schwarzmagier, auch wenn der kleine Mann auf den ersten Blick wirkte, als sei er eher von geringer Bedeutung. Doch seine Kleinwüchsigkeit glich Zarfan mit umso stärkerer Magie und einem unbändigen Willen aus. Als kleinster und jüngster von drei Brüdern aufgewachsen, musste er stets beweisen, dass er über mindestens die gleichen Fähigkeiten und Kräfte wie seine Geschwister verfügte.
Im Laufe der Jahre erkannten bald alle, dass Zarfans Zauberkraft die seiner Brüder um ein Vielfaches übertraf. Doch das genügte ihm nicht. Er gab sich nicht mit Mittelmaß zufrieden. Erst, als er in den Drachenberg einzog und die Befehlsgewalt über alle Schwarzmagier erhielt, hatte Zarfan sein Ziel erreicht.
Keinesfalls wollte er sich nun einem dahergelaufenen Bengel samt seinen unwürdigen Kumpanen geschlagen geben. Zarfans Oberarme, die noch blasser als sonst aus dem ärmellosen Wams hervor leuchteten, spannten sich an. Die Schwäche ignorierend, die ihn zu überwältigen drohte, biss er die Zähne zusammen und konzentrierte sich, um nicht den Schreien der Phyraton nachzugeben.
In seinen Gedanken formte sich ein Drache, der sich im Begriff befand, eine gewaltige Feuersbrunst aus seinem Rachen zu entladen. Er sah den langen Hals des Tieres bildlich vor sich und griff danach. Als er die Schuppenschicht berührte, glaubte er zu spüren, dass sein Arm mit dem Drachenhals förmlich verschmolz. Zarfan lachte gehässig. Er hatte es geschafft.
Weit spreizten sich seine Finger auseinander. Der Drachenschlund öffnete sich und spie eine Kugel aus Feuer hervor. Es zischte, als Zarfan sie in der Hand hielt, doch der Zauber hielt die Hitze ab, sodass seine Finger den glühenden Ball umschlossen wie eine frisch vom Baum gepflückte Frucht. Nun galt es, genau zu zielen.
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