Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sklaven der Begierde

Sklaven der Begierde

Titel: Sklaven der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
Vom Netzwerk:
mal ganz sicher gewesen, dass sie überhaupt ein Gewissen besaß. Aber welche Möglichkeiten hätte sie sonst gehabt? Immer wieder stellte sie sich diese Frage. Talel anzeigen? Und dann? Er müsste eine Strafe zahlen, weil er sein Pferd getötet hatte. Und vermutlich hätte man ihm nahegelegt, sich aus dem Rennpferd-Business zurückzuziehen. Versicherungsbetrug wäre kein Thema gewesen, wer hätte sich die Mühe machen sollen, ihn dafür dranzukriegen? Schließlich müsste die Versicherungssumme nach Talels Geständnis, dass er „Spanks“ einen Stromschlag verpasst hatte, nicht ausgezahlt werden. Er wäre also mit einem blauen Auge davongekommen.
    Was sie von ihm verlangte, war eine viel härtere Strafe als alles, was eine Aufsichtsbehörde im Pferderennsport über ihn verhängen konnte. Kingsleys Arm reichte weit. Wenn Talel aus dem Untergrund verbannt wurde, hieß das, dass kein legaler BDSM-Club ihn jemals wieder aufnehmen würde. Für einen Mann, der in seiner eigenen Welt nicht er selbst sein durfte, war der Verlust ihrer Welt wie ein Todesurteil, zumindest ein seelisches. In dem schrecklichen ersten Jahr, nachdem sie Søren verlassen hatte, hatte sie etwas ganz Ähnliches durchgemacht. Für Leute wie Talel oder sie war ihre Sexualität fast so etwas wie ein sechster Sinn. Und wenn sie aus ihrem dunklen Paradies herausgeworfen wurden, dann war das für sie genauso schlimm, als ob man ihnen das Augenlicht nehmen würde oder die Fähigkeit zu hören. Ohne Søren, ohne den Untergrund hatte Nora sich blind gefühlt. Ihre Augen hatten nicht mehr funktioniert. Sosehr sie auch litt und trauerte, sie konnte einfach nicht weinen.
    Als sie auf dem Gestüt ankam, fuhr sie nicht gleich zum Gästehaus, sondern hielt vor dem Hauptgebäude. Sie stieg aus, ging zur Eingangstür, klopfte höflich und wartete. Mr Railey selbst öffnete.
    „Seltsam“, sagte Nora verblüfft.
    „Ich wünsche ebenfalls einen guten Morgen, junge Dame.“ Wesleys Vater klang verwirrt, aber nicht feindselig.
    „Entschuldigen Sie bitte. Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass Sie plötzlich vor mir stehen. Ich dachte, dass bei Ihnen eine Haushälterin oder eine Sekretärin zur Tür geht.“
    „Brauche ich nicht. Ich habe vor langer Zeit gelernt, wie man eine Tür aufmacht. Und so was vergisst man nicht.“
    Sie lachte. „Das ist wohl wie mit dem Fahrradfahren, nehme ich an. Obwohl ich das nie gelernt habe.“
    „Sie können nicht Fahrrad fahren?“
    „Gelten Motorräder?“
    „Nein, Motorräder gelten nicht.“
    Sie seufzte. „Mist. Kann ich einen Augenblick mit Ihnen sprechen?“
    Mr Railey sah sie eine Sekunde unverwandt an, dann bat er sie mit einer Geste ins Haus.
    „Oh, wie schön. Was für ein traumhafter Kronleuchter.“
    „Danke. Er ist aus Versailles.“
    „Ich dachte, man spricht das Ver-sales aus?“ Sie folgte ihm die Treppe hinauf.
    Er schaute sie über seine Schulter hinweg an und hob die Brauen.
    „Oh.“ Sie zog eine verlegene Grimasse. „Das richtige Versailles.“
    „So ist’s. Nun, was kann ich für Sie tun?“ Er führte sie in einen Raum, der wohl sein privates Büro war, und deutete einladend auf einen Stuhl. Er selbst nahm hinter dem Schreibtisch Platz.
    „Hübsches Haus“, sagte sie, was vermutlich die Untertreibung des Jahres war.
    „Wir versuchen, es gut in Schuss zu halten.“
    „Äußerst erfolgreich, wie ich sehe.“ Nora ließ ihren Blick versonnen durch das Büro schweifen. Überall hingen Fotos von Pferden, die die üppige Rosendecke des Kentucky-Derby-Siegers trugen. Oft stand Wesley neben ihnen. Auf eineinhalb Metern Wand alterte er um zehn Jahre, auf dem ältesten Foto war er acht, auf dem jüngsten achtzehn. Von Bild zu Bild wurde er größer und breiter, aber seine Augen veränderten sich nie, sie blieben bis zur letzten Aufnahme lieb und unschuldig.
    „Ich weiß, dass es ziemlich anmaßend von mir ist, Sie um einen Gefallen zu bitten“, begann sie ohne weiteres Vorgeplänkel. „Aber ich habe versprochen, dass ich es tun würde. Und es fällt mir äußerst schwer, ein einmal gegebenes Versprechen mit mir herumzutragen. Ich mache es wie mit Pflastern: Lieber schnell weg damit, auch wenn’s kurz wehtut.“
    „Das scheint mir eine gesunde Einstellung zu sein.“ Er lehnte sich im Stuhl zurück und musterte sie prüfend. „Reden Sie weiter.“
    „Talel hat sein Pferd umgebracht. Das hat er mir gegenüber zugegeben. Es war kein Unfall. Er zieht sich jetzt aus dem Renngeschäft zurück und

Weitere Kostenlose Bücher