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Sklaven der Flamme

Sklaven der Flamme

Titel: Sklaven der Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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Beförderung erfahren, die auf Sie wartet? Wie viele Kinder Sie …«
    »Hören Sie, Frau«, sagte der Uniformierte. »Hier dürfen Sie die Zukunft nicht vorhersagen.«
    »Aber ich habe eine Lizenz«, erklärte Rara. »Ich bin eine echte Hellseherin. Einen Augenblick …« Sie kramte in den Säumen und Taschen ihrer grauen Lumpen.
    »Lassen Sie nur, Frau. Und gehen Sie.« Er gab ihr einen Stoß, und Rara ging weiter.
    Tel schälte einen Streifen der Schale ab, leckte den Saft, der heraustropfte, und folgte Rara.
    »Sohn eines Zitterrochens«, sagte sie, als Tel sie erreicht hatte. »Irgendwie muß man doch sein tägliches Brot verdienen.« Ihr Muttermal leuchtete scharlachrot.
    »Willst du beißen?«
    Rara schüttelte den Kopf. »Ich bin zu wütend«, sagte sie. Sie gingen zurück zur Kneipe.
    »Weißt du, wo Alter ist?« fragte Tel. »Ich habe sie gesucht.«
    »Sie ist nicht in der Wirtschaft?«
    »Ich konnte sie jedenfalls nicht finden.«
    »Hast du auf dem Dach gesucht?« fragte Rara.
    »Oh – nein«, entgegnete Tel. Sie betraten die Kneipe und gingen nach oben. Erst als er auf der Leiter stand, die zur Falltür in der Decke führte, fragte er sich, was Alter auf dem Dach zu schaffen hatte. Er klappte die Falltür zurück und schob sich über den staubigen, verwitterten Rand.
    Alter hing mit dem Kopf nach unten von einem Verbindungsrohr zwischen dem Steinkamin und einem fest verankerten Pfosten. Ihr weißes Haar wehte.
    »Was machst du da?« fragte Tel.
    »Hallo.« Sie lächelte ihn an. »Ich übe.«
    »Was übst du?«
    Sie hob die Hände, faßte das Rohr und schob den Körper so hoch, daß ihre Taille die Stange berührte. Dann ließ sie sich mit völlig gestreckten Beinen nach vorn kippen. Ihre Füße berührten leicht den Boden. »Meine Tricks«, sagte sie. »Ich bin Akrobatin.« Sie ließ die Stange nicht los, sondern schwang plötzlich die Beine so hoch, daß die Knöchel fast die Hände berührten, kippte federnd nach unten und stützte sich im nächsten Moment mit gestreckten Armen auf die Stange. Dann schleuderte sie die Beine nach hinten hoch (Tel zuckte zusammen, denn es sah aus, als würde sie stürzen) und drehte sich einmal mit gestrecktem Körper um die Stange. Danach knickte sie in der Taille ab, schob ein Bein so über das Rohr, daß es genau in der Kniekehle war, holte nach der entgegengesetzten Richtung Schwung und saß rittlings auf der Stange.
    »Donnerwetter«, sagte Tel. »Wie hast du das gemacht?«
    »Reine Zeiteinteilung«, erklärte Alter. Plötzlich warf sie den Kopf zurück und wirbelte noch einmal um die Stange. Ihr Gewicht wurde von den Händen und der Kniekehle gehalten. Dann spreizte sie das Bein ab und landete am Boden.
    »Man muß nur kräftig genug sein, um das eigene Gewicht hochzudrücken. Vielleicht noch ein wenig kräftiger. Aber der Rest ist Zeiteinteilung.«
    »Du glaubst, ich könnte das auch tun?«
    »Möchtest du etwas versuchen?«
    »Was?«
    »Komm her und halte dich an der Stange fest.«
    Tel packte die Stange mit beiden Händen. Er erreichte sie mit gestreckten Armen. »Gut«, sagte er.
    »Nun zieh dich hoch und hake das linke Knie über die Stange.«
    »So?« Er verfehlte die Stange einmal und versuchte es von neuem.
    »Wenn du die Beine hochschwingst, mußt du den Kopf zurücknehmen«, erklärte sie ihm. »Dann hast du ein besseres Gleichgewicht.«
    Er tat es, zog sich hoch, schob den Fuß zwischen den Armen durch und spürte die Stange plötzlich in der Kniekehle. »Was mache ich jetzt?« fragte er, während er hin und her pendelte.
    Alter stützte ihn im Rücken, bis er ruhig an der Stange hing.
    »Jetzt streckst du dein rechtes Bein und machst die Arme ganz steif.« Er gehorchte. »Nun schwingst du das rechte Bein dreimal auf und ab. Beim drittenmal mußt du deine ganze Kraft in den Schwung legen.« Tel schwang das Bein nach ihren Anweisungen. »Knie durchdrücken!« sagte Alter. »Wenn du es abknickst, verlierst du an Schwung.«
    Er schwang das Bein mit aller Kraft und ließ sich dann locker nach rückwärts fallen, ohne die Hände und das Knie von der Stange zu nehmen. Auf einmal kippte der Himmel, und sein Körper sauste in die andere Richtung hoch. »Puh!« sagte er. Alter hielt sein Handgelenk fest. Er saß wieder auf der Stange, ein Bein eingehakt. Dann sah er zu Alter hinunter.
    »Das war alles?«
    »Ja«, sagte sie. »So etwas nennt man Knieaufschwung.«
    »Schön. Und was mache ich nun?«
    »Paß auf. Du streckst die Arme. Das ist wichtig – du darfst

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