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Sklaven der Flamme

Sklaven der Flamme

Titel: Sklaven der Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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auf dem Festland. Dann, im ersten Winter nach meiner Schulzeit, wohnte ich in einem Fischerdorf am Rand des Dschungels und studierte die Gewohnheiten des Dschungelvolkes, so gut ich es vermochte. Ich fertigte Skizzen ihrer Tempel an und versuchte ihre Nomadenzüge kartographisch festzuhalten. Ich schrieb sogar einen Artikel über die Architektur ihrer provisorischen Hütten, der im Fachblatt der Universität veröffentlicht wurde.
    Mein Ziel ist es, Toromon frei zu machen, frei von den lächerlichen Beschränkungen, die es sich selbst auferlegt. Da ich aus der königlichen Familie stamme, fällt es mir irgendwie leichter, eine Bindung zur Geschichte Toromons zu finden. Das ist wohl das einzige, wozu Aristokraten gut sind. Aber ich wollte mehr als das, ich wollte wissen, was die Geschichte wert ist. So sah ich mich genau im Lande um und fand heraus, daß sie eine ganze Menge bedeutet. Irgendwie muß Toromon aufgerüttelt werden, und wenn ich es persönlich tun muß. Das ist mein Ziel, Jon Koshar, und es bedeutet mir ebensoviel wie Ihnen die Freiheit.«
    Jon schwieg einen Moment lang. Dann sagte er: »Nun, wahrscheinlich müssen wir den gleichen Weg gehen, um unsere Ziele zu erreichen. Einverstanden, ich komme mit. Aber Sie müssen mir noch viel erklären. Ich verstehe so wenig.«
    »Wir verstehen beide wenig«, sagte die Herzogin. »Aber wir wissen folgendes: sie kommen nicht von der Erde, sie sind keine Menschen, und sie sind weit weg beheimatet. Unvorstellbar weit weg.«
    »Und sonst?«
    »Sie werden uns helfen, Toromon zu retten, wenn wir sie auch unterstützen. Wie wir das anstellen sollen, weiß ich auch noch nicht. Aber ich habe bereits alles in die Wege geleitet, um Prinz Let entführen zu lassen.«
    »Entführen? Weshalb denn?«
    »Wenn wir diese Krise durchgestanden haben, braucht Toromon einen starken König. Und wir sind uns wohl einig darüber, daß Uske dafür niemals der richtige Mann sein wird. Er ist krank und könnte bei zu starker Belastung zusammenbrechen. Außerdem bilden sich bei jedem Krieg Untergrundgruppen, die versuchen, das Königtum zu unterminieren. Let wird an einen Ort gebracht, wo er sich zu einem starken Mann entwickeln kann und wo er eine gute Ausbildung erhält. Falls Uske irgend etwas zustößt, kann er zurückkehren und das Ruder in die Hand nehmen. Wie wir danach unseren Freunden helfen sollen, weiß ich auch noch nicht.«
    »Ich verstehe«, sagte Jon. »Wie wurden Sie eigentlich gefangen? Ach ja, und wie wurde ich gefangen?«
    »Sie? Man nahm kurz vor Telphar Verbindung mit Ihnen auf, nicht wahr? Unsere Freunde mußten einige Ihrer empfindlichen Proteine umwandeln und Ihren subkristallinen Aufbau verbessern, damit die Strahlung Ihnen nichts mehr anhaben konnte. Das hatte leider die unangenehme Nebenwirkung, daß Ihr Brechungsindex um ein Stück nach unten rutschte. Deshalb werden Sie im Halbdunkel unsichtbar. Um ehrlich zu sein, man berichtete mir von allen Phasen Ihrer Flucht. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Wie man mit mir Verbindung aufnahm? So wie mit Ihnen – ganz plötzlich. Ich hörte nur die Worte: Herr der Flammen. Aber nun zu Ihrem ersten Auftrag …«
     
    In einem anderen Raum saß Clea auf einem blauen Samthocker und verkrampfte die Hände auf dem Schoß. Plötzlich faßte sie sich an die Schläfen und ließ die Arme hilflos wieder sinken. »Tomar«, sagte sie, »bitte, entschuldige, aber ich bin ganz aufgeregt. Es war so merkwürdig. Als ich mit dem König tanzte, erzählte er mir, daß er nachts von meinem Bruder geträumt habe. Ich dachte mir nichts weiter, sondern hielt es für Konversation. Dann, als ich zum dritten Mal den Partner wechselte, starrte ich in Jons Gesicht. Ich hätte schwören können, daß er es war. Und der Mann tanzte nicht. Er sah mich nur ganz komisch an, und dann nannte er mich beim Namen. Tomar, so hatte Jons Stimme immer geklungen, wenn ich mir weh getan hatte und er mir helfen wollte. Oh, er kann es nicht gewesen sein, denn er war zu groß und hager, und er hatte einen tiefen Baß. Aber die Ähnlichkeit verblüffte mich. Im gleichen Moment erklärte der König den Krieg. Ich drehte mich einfach um und rannte weg. Das Ganze kam mir übernatürlich vor. Nein, keine Angst, ich bin nicht abergläubisch, aber die Begegnung entnervte mich. Dazu kommen noch deine Worte von heute vormittag.«
    »Meine Worte?« fragte Tomar. Er stand neben ihr im Blauen Salon, die Hände in den Taschen, und hörte mit unendlicher Geduld zu.
    »Daß sie

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