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Sklaven der Flamme

Sklaven der Flamme

Titel: Sklaven der Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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zurück«, sagte Rara. »Wenn du unbedingt sprechen willst, dann sprich mit mir. Ich kann dir antworten. Nein, du hast den Krieg nicht in die Wege geleitet.«
    Geryn sprang plötzlich wieder hoch, tat ein paar schwankende Schritte, schlug beide Fäuste auf den Tisch und begann zu husten.
    »Herrgott, willst du nun endlich sitzen bleiben und dich beruhigen!« schrie Rara und versuchte, den Alten zu seinem Stuhl zurückzubringen. »Du bist krank, sogar sehr krank!« Über dem Haus hörte man das schwache Dröhnen von Helikopter-Rotoren.
    Geryn ging wieder zu seinem Stuhl. Plötzlich beugte er den Kopf weit zurück. Sein Adamsapfel zitterte. Rara sprang hinzu und stützte ihn im Nacken. »Hör doch auf damit!« sagte sie keuchend. »Hör auf, sonst tust du dir ernstlich weh.«
    Geryn richtete sich auf. »Krieg«, sagte er. »Sie haben mich dazu gebracht, den …«
    »Niemand hat dich zu irgend etwas gebracht«, widersprach Rara. »Und du hast keine Schuld an dem Krieg.«
    »Weißt du das sicher?« fragte er. »Nein. Das kannst du nicht sicher wissen. Niemand kann es. Niemand …«
    »Entspann dich jetzt«, drängte Rara und legte ihm wieder die Decke um.
    Geryn entspannte sich. Es begann mit seinen Händen und durchlief den ganzen Körper. Die steifen Schultern sackten ein wenig nach vorn, der Kopf hing schlaff auf die Brust, seine zitternden Bauchmuskeln gaben nach, der Rücken krümmte sich; und die starre Kraft, die ihn siebzig Jahre lang aufrecht gehalten hatte, auch sie gab nach. Geryn stürzte zu Boden.
    Er riß Rara mit sich. Sie merkte nicht, daß er tot war, sondern versuchte, ihn noch einmal hochzuhieven. Die Helikopter-Rotoren klangen laut und sehr nahe.
    Sie sah auf. Vor dem Fenster befand sich ein metallischer Schatten. »Mein Gott«, flüsterte sie. Dann klirrte Glas.
    Sie schrie auf, lief um den Tisch herum und in den Korridor.
    Sie schlug die Tür hinter sich zu.
    Über die biegsame Metallrampe, die am Fenstersims festgehakt war, betraten zwei Männer den Raum. Mit gezogenen Waffen beugten sie sich über den zusammengesunkenen Alten, hoben ihn auf und trugen ihn über die Rampe ins Freie. Ihre Armbinden kennzeichneten sie als Angehörige der königlichen Leibgarde.
    Tel rannte die Straßen entlang, weil ihn jemand verfolgte. Er huschte in eine Seitengasse und ein paar Kellertreppen hinunter. Irgendwo über sich hörte er einen Helikopter.
    Das Herz klopfte ihm schmerzhaft in der Brust; er mußte an das Meer, an seinen Ozean denken. Einmal hatte er durch einen winzigen Spalt zwischen klarem Wasser und dem Rand einer normalerweise überschwemmten Felshöhle geschaut. An der Decke der Höhle klebten rötliche Seesterne, und ihr Spiegelbild im Wasser zitterte vor seinem Atem. Nun befand er sich in der Höhle der Stadt, und die Furcht stieg immer höher. Er mußte damit rechnen, daß sie ihn ertränkte. Schritte klangen oben auf.
    In der Nähe befand sich eine Leiter und eine Falltür. Wenn er die Tür aufstieß, konnte er in das Erdgeschoß eines Mietshauses gelangen. Er tat es und lief die Treppen bis zum Dach hinauf. Vorsichtig marschierte er über die geteerte Fläche bis zum Rand und spähte nach unten. Zwei Männer kamen von entgegengesetzten Richtungen aufeinander zu. Vielleicht waren es seine Verfolger. Der Himmel zeigte abendliche Farben, und es wurde kühl. Die beiden Männer trafen sich, und dann deutete einer zum Dach hinauf.
    »Verdammt«, murmelte Tel und zog den Kopf ein. Dabei biß er sich vor Schreck in die Zunge. Er war ganz in seinen Schmerz vertieft. Der Helikopter kam näher.
    Dann fiel etwas Leichtes über ihn. Er vergaß die schmerzende Zunge und begann mit Händen und Füßen zu rudern. Das Ding war kräftig. Es verwickelte sich in seinen Beinen, und er stürzte. Erst als er über dem Dach schwebte, merkte er, daß man ihn mit einem Netz gefangen hatte. Er wurde zum Helikopter hinaufgezogen.
     
    Etwa um die gleiche Zeit kam der Befehl durch. Er hatte nicht einmal Zeit, sich von Clea zu verabschieden. Zwei andere Mathematiker im Korps hatten die Bedeutung von Cleas Entdeckung erkannt und den Standort des Generators errechnet. Der leitende General beschloß, daß es an der Zeit war, zu einem Entscheidungsschlag auszuholen. »Wir verlieren den Krieg, wenn wir nicht bald angreifen«, begründete er seinen Schritt.
    Der Schatten des Kontrolltowers fiel über die Kanzel und streifte Tomars Gesicht. Er zog seufzend die Fliegerbrille hoch. Angriff! Was zum Teufel sollten sie angreifen? Die

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