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Sklaven der Flamme

Sklaven der Flamme

Titel: Sklaven der Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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es jetzt nicht mehr tun?«
    »Du hast sie benutzt?« fragte Clea. »Das heißt, daß du tatsächlich in Toron warst.«
    »Ja, das stimmt. Ich war auf deinem Fest.«
    »Dann warst …« Sie unterbrach sich und lachte. »Ich bin so froh, daß du es warst.«
    »Los, Schwester, erzähle mir von deinem Leben«, sagte Jon. »Was gibt es Neues in der normalen Welt? Ich war so lange Zeit davon ausgeschlossen. Hier in Telphar ist es auch nicht besser. Im Moment laufe ich splitternackt umher. Auf dem Herweg geriet ich in eine verzwickte Situation und mußte meine Kleider zurücklassen. Doch das erzähle ich dir ein anderes Mal. Wie geht es dir?«
    »Oh, ich führe kein besonders aufregendes Leben. Ich habe mein Studium mit Glanz und Gloria abgeschlossen. Ich bin jetzt erwachsen. Und ich bin mit Tomar verlobt. Hast du das gewußt? Vater hat nichts dagegen, und wir wollen heiraten, sobald der Krieg vorbei ist. Ich arbeite an einer großen Aufgabe – den subtrigonometrischen Umkehrfunktionen. Sie stellen im Moment das Wichtigste in meinem Leben dar. Wahrscheinlich sollte ich mich mehr auf den Krieg konzentrieren, aber abgesehen von heute nachmittag habe ich noch wenig auf diesem Gebiet geleistet.«
    »Das freut mich«, sagte Jon.
    »Und was ist nun mit dir? Und mit deinen Kleidersorgen?« Sie grinste ins Visifon, und er blinzelte ihr zu.
    »Also – nein, du würdest mir ohnehin nicht glauben. Zumindest nicht, wenn ich es so direkt erzähle. Arkor, mein Begleiter und Freund, stammt vom Dschungelvolk ab. Er verließ seinen Wald, um eine Zeitlang in Toron zu leben, und dort lernte ich ihn auch kennen. Offensichtlich gelang es ihm, einen ganzen Schatz an Informationen zu sammeln – über Elektronik, Sprachen, ja sogar Musik. Man könnte beinahe glauben, daß er Gedanken liest. Jedenfalls sind wir nun hier in Telphar, weit weg von den Tetronminen und dem Dschungel.«
    »Jon, wie war es im Bergwerk? Ich frage mich immer, wie Vater Tetron verwenden konnte, wenn er doch wußte, daß du in den Minen schuften mußtest.«
    »Wir beide betrinken uns eines Abends, und dann erzähle ich dir, wie alles war«, sagte Jon. »Aber jetzt nicht. Du kannst ja die Sache von mir und den Sträflingsminen erwähnen, wenn du Vater zu überzeugen versuchst.«
    »Keine Angst, das werde ich.«
    »Jedenfalls mußten wir ungesehen durch den Dschungel gelangen«, fuhr Jon fort. »Zum Glück sorgte das dichte Laub für Dämmerung. Arkor wäre nicht angegriffen worden, da er zum Dschungelvolk gehört; aber ich mußte ständig nackt marschieren, um nicht gesehen zu werden.«
    Clea runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht. Fehlt dir auch nichts?«
    Jon lachte. »Nein, mir fehlt nichts. Ich kann dir nur im Moment nicht alles erklären. Ich freue mich so, daß ich dich wiedersehe und mit dir sprechen kann. Clea, ich habe mir so sehr gewünscht, frei zu sein und zu dir und Vater zu kommen … Nein, mir fehlt nichts. Nur Heimweh habe ich.«
    Sie konnte nicht verhindern, daß ihr die Tränen langsam unter den Lidern hervorquollen. »Da siehst du, was du angestellt hast«, sagte sie. Doch dann lachte sie wieder. »Es ist herrlich, dich wiederzusehen, Jon.«
    »Ich liebe dich, Schwesterherz«, entgegnete Jon. »Vielen Dank und lebe wohl.«
    »Ich werde die Botschaft ausrichten. Lebe wohl.« Der Bildschirm wurde dunkel. Clea saß da und wartete, bis ihre Erregung nachließ. Dann machte sie sich an die Arbeit.
     

 
10.
     
    Während der nächsten zwei Stunden starben zwei Menschen, Meilen voneinander entfernt.
     
    »Sei nicht albern«, sagte Rara in der Kneipe des Höllenkessels. »Ich bin eine gute Krankenpflegerin. Möchtest du meine Papiere sehen?«
    Der weißhaarige Alte saß kerzengerade in seinem Sessel am Fenster. Blauer Himmel drang herein. »Weshalb habe ich es getan?« fragte er. »Es war falsch. Ich – ich liebe mein Land.«
    Rara zog die Decke von der Stuhllehne und legte sie um die steifen, zitternden Schultern des Alten. »Wovon redest du?« fragte sie.
    Er schüttelte die Decke ab und riß die Zeitung vom Tisch.
     
    KRONPRINZ ENTFÜHRT!
    KÖNIG ERKLÄRT DEN KRIEG!
     
    Die zitternden Schultern verkrampften sich.
    »Lehn dich zurück«, sagte Rara.
    Geryn stand auf. »Setz dich«, befahl Rara. »Setz dich. Du fühlst dich nicht wohl. Nun setz dich doch!«
    Geryn nahm mühsam Platz und wandte sich Rara zu. »Habe ich den Krieg in die Wege geleitet? Ich wollte ihn verhindern. Mehr wollte ich nicht. Wäre er auch ausgebrochen, wenn …«
    »Lehn dich

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