Sklaverei
auch ein ›frisches‹ Mädchen, das Sie ausbeuten können. Von Drogen würde ich die Finger lassen. Von den drei Produkten sind sie das Einzige, was Sie nach Gebrauch nicht weiterverkaufen können.« Mich fröstelt, und er bemerkt, dass er nicht mehr zu sagen braucht. Er wechselt das Thema und erklärt mir den Unterschied zwischen legalem und illegalem Waffenhandel und warum es so schwierig ist, die beiden auseinanderzuhalten.
»Ist das bei Frauen genauso?«, frage ich ihn. Der Sklavenhandel benötigt die legale Prostitution, um sich hinter ihr zu verbergen.
»Genauso, Madame«, bestätigt er. »Deswegen sind ja so viele Leute daran interessiert, die Prostitution nicht abzuschaffen, sondern sie gesetzlich zu regulieren.«
Mit ihrer aufstrebenden Wirtschaft gehört die Türkei zu den vier größten Produzenten von Schiffen, Yachten und Luxusyachten. Allein im Jahr 2008 importierte die Türkei Waren und Dienstleistungen im Wert von 141 , 8 Milliarden US-Dollar, während sie im gleichen Zeitraum Güter im Wert von 204 , 8 Milliarden US-Dollar exportierte.
»Schauen Sie sich die Charterflüge und die leeren Blicke am Flughafen an. Aber seien Sie vorsichtig«, sagt Mahmut zum Abschied. Er legt sich die Hand auf die Brust und macht eine kaum merkliche Verbeugung.
»Machen Sie sich keine Sorgen«, antworte ich und neige leicht den Kopf. »Ich komme aus Mexiko. Da sind Journalisten auch nicht viel besser dran.« Obwohl er kein gläubiger Mensch ist, verabschiedet sich Mahmut mit einem traditionellen Gruß und wünscht mir, dass Gott mich beschützen möge.
2 Israel und Palästina: Was der Krieg verbirgt
Mir gegenüber sitzt eine Frau mit großen Augen und einer poetischen Weisheit. Sie heißt Rim Banna und ist ein Symbol der besetzten Palästinensergebiete, des Westjordanlandes und des Gazastreifens. Rim lebt in Nazareth, wo sie 1966 zur Welt kam. Ihr Werkzeug ist die Musik, und sie sieht ihre Mission darin, die Wirklichkeit zu zeigen, jenseits der Manipulationen in den Medien und jenseits der politischen Entscheidungen. Sie hat inzwischen elf CD s mit eigenen Liedern aufgenommen, eine faszinierender als die andere. Sie ist eine palästinensische Dichterin und Vorkämpferin für die Rechte der Frauen. Ihr Partner Leonid, Vater ihrer Tochter und ihres Sohnes, ist ebenfalls Musiker; zusammen arbeiten sie für Freiheit und Frieden.
Wir sitzen in einem Wohnzimmer auf Holzstühlen. Ich halte meine Kamera und meinen Kugelschreiber bereit. Wir unterhalten uns über das Leben und die Sicherheit der Frauen und Mädchen in den besetzten Palästinensergebieten. Sie hat kaum angefangen, mir ihre Ansichten darzulegen, als ihr Handy piepst. Sie entschuldigt sich, liest eine SMS und lächelt, dass ihr ganzes Gesicht leuchtet. Sie zeigt mir den Bildschirm: Es ist eine Nachricht ihrer kleinen Tochter Baylasan. Sie informiert ihre Mutter, dass sie in der Schule angekommen ist. Das Mädchen hat ein Foto gemacht, auf dem sie in die Kamera lächelt, und es ihrer Mutter geschickt. Rim erklärt mir, dass dies mehr ist als ein Spiel zwischen der Mutter und ihrer sechsjährigen Tochter. So leben sie zwischen Bombenangriffen und Soldaten, Entführungen und illegalen Verhaftungen. Mit diesen Nachrichten beruhigen sie sich gegenseitig und freuen sich, dass ihre Lieben leben und frei sind. Zumindest heute.
Rim bittet mich, ihr von den Frauen und Mädchen in Mexiko zu berichten. Danach erinnert sie mich daran, dass der Handel mit Frauen und Mädchen gewisse Ähnlichkeit mit der Situation der Menschen in einem besetzten Land hat:
Die Welt wird die wahre Geschichte nicht verstehen, bis sie nicht verstanden hat, dass sich ein Konflikt nicht lösen lässt, solange Macht, Geld, Waffen und Ideen derart ungleich verteilt sind; solange eine Seite die Stimme der Patriarchen hat; solange die einen befehlen und die anderen gezwungen sind, zu gehorchen, sich zu unterwerfen, ihre Seele zu verkaufen und die Kolonialisierung zu akzeptieren, weil sie die anderen sind. Ich bin gegen Gewalt, ich glaube nicht an sie. Deswegen zeigt meine Musik die menschliche Seite Palästinas, die Geschichte der Menschen, der Frauen und der Mädchen. Ich besinge die Stärke der Kinder, die lernen, Ball zu spielen und miteinander zu lachen, obwohl sie wissen, dass sie von israelischen Soldaten überwacht werden; die Frauen und Mädchen, die das ganze Volk stützen und erhalten, die arbeiten und ihre Männer verlieren – ihre Väter, ihre Ehemänner, ihre Brüder, ihre
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