Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sklaverei

Sklaverei

Titel: Sklaverei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Cacho
Vom Netzwerk:
Gefängnissen.
    Am 10 . Dezember 1998 schrieb die britische Tageszeitung
The Independent
, die albanische Mafia kontrolliere 70  Prozent des Heroinmarktes der Region. Mahmut und andere Quellen berichten, die Erben dieser Mafiosi werden immer jünger und immer raffinierter und kontrollierten nach wie vor den Frauenhandel und die Prostitution. Die Banden seien technologisch immer besser ausgerüstet und gingen nationale und internationale Bündnisse ein, genau wie Regierungen. Ein weiterer Unterschied zwischen der neuen und der alten Mafia sei die aktive Beteiligung von Frauen in den Schleppernetzen. Viele der ursprünglichen Opfer, die zu Lieblingen der Anführer werden, spezialisieren sich auf die Anwerbung und Ausbildung von Frauen und Mädchen. Der Markt und seine Teilnehmer haben sich voll auf die neuen Anforderungen der Zeit eingestellt.
    Die Politik scheint ihre Lektion dagegen nicht gelernt zu haben. Im Januar 2005 wurde Princ Dobroshi, der als Terrorist und einer der grausamsten Gangster des Balkans verurteilt worden war, von den norwegischen Behörden auf Bewährung freigelassen. Als Grund nannten Quellen der NATO »gute Führung«.
     
    Mahmut sah auf die Uhr. Französisch zu sprechen und nach Worten zu suchen, um seiner Besorgnis über die Operationen der Mafia Ausdruck zu verleihen, hat ihn ermüdet. Ein türkisch-französisches Wörterbuch ist unser Verbündeter.
    Mein Gegenüber hat inzwischen fünf Gläser schwarzen Tee getrunken. Er schaut zum Fenster hinaus und schweigt jedes Mal, wenn auf dem Gang Stimmen zu hören sind. Plötzlich zieht er sein Handy aus der Hosentasche und zeigt mir ein Video von einem dreijährigen Mädchen, das zu einer Musik im Hintergrund tanzt. Als würde er mit sich selbst sprechen, sagt er: »Während der Ausbildung haben uns die Leute von der IOM gefragt: Was würden Sie machen, wenn Ihre Tochter in die Prostitution verkauft würde? Genau deswegen bin ich hier.« Er steckt das Handy wieder ein und räuspert sich.
    Offenbar ist er ein wenig besorgt, dass ich ihm sein Geständnis als Schwäche auslegen könnte, und erklärt, sein Vater habe ihn erzogen, die Moral über alles zu stellen. Seinen französischen Vorfahren hat er es zu verdanken, dass er Französisch lernte, womit er deutlich besser gebildet ist als die meisten seiner Kollegen. Wie viele Türkinnen ist seine Frau funktionale Analphabetin. Er möchte, dass sich seine Tochter sicher fühlen kann.
    In einer seltsamen Anwandlung gesteht er mir, dass er sich früher einmal »zu den Nataschas hingezogen gefühlt« habe. Aber Bordelle betrete er nicht.
    »Sie haben mir gesagt, dass Sie in England waren«, murmelt er und senkt den Kopf, während ihm die Tränen in den Augen stehen. »Was haben sie Ihnen da über die Frauen aus der Türkei und die berühmten albanischen Zuhälter erzählt? Haben Sie gesehen, wie sie nach Italien kommen? Sie wissen, dass wir Seegrenzen haben [er meint die fünftausend Kilometer lange Küste der türkischen Halbinsel]. Gehen Sie mal und sehen Sie nach, was sich in den Containern der Frachtschiffe befindet.«
    Die Türkei ist geostrategisch von immenser Bedeutung. Sie hat gute Beziehungen in den Kaukasus, nach Zentralasien und in die Balkanstaaten, und dank ihrer wirtschaftlichen Öffnung unterhält sie Handelsbeziehungen bis nach Japan und Südkorea. Sie spielt eine immer wichtigere Rolle als Zulieferer der Autoindustrie, als Stahlerzeuger sowie als Produzent von Baumaterialien und Haushaltsgeräten. Doch Experten meinen, die Bedeutung der Türkei liege vor allem auf dem expandierenden Rüstungsmarkt. Es ist kein Geheimnis, dass die Türkei heute nach den Vereinigten Staaten die zweitstärkste Armee der NATO stellt. Sie hat 1   043   550 Soldaten unter Waffen, und auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik stehen 90 mit Atomwaffen bestückte Bomber vom Typ B- 61 .
    Die Opfer der Zwangsprostitution, mit denen ich gesprochen habe, berichten, die Soldaten seien die besten Kunden der Tausende legalen und illegalen Bordelle in der Türkei. Dank ihrer Waffenproduktion ist die Türkei auch für die Waffenschieber interessant geworden.
    »Was könnte ich leichter kaufen – ein asiatisches Mädchen oder eine AK - 47 ?«, frage ich Mahmut. Er lächelt.
    »Die AK - 47 ist ein altes Modell, die bekommen Sie schon für 250  Dollar. Für eine Frau …« Er scheint zu spielen, aber ich kann es nicht genau beurteilen. »Eine AKM ist besser, die bekommen Sie schon für 400  Dollar. So viel kostet Sie

Weitere Kostenlose Bücher