Sklaverei
Söhne – und die immer weiter arbeiten, an das Leben glauben, von der Zukunft träumen und von der Freiheit, die eines Tages anbrechen wird. Vielleicht kommt eines Tages mit der Morgensonne die Freiheit, der Frieden und das Verständnis.
In ihren Konzerten wurde Rim gelegentlich bedroht und als muslimische Extremistin beschimpft. Kaum jemand weiß, dass Rim Christin ist. »Mit Menschen, die nicht zuhören wollen und keine Kritik zulassen, kann man keinen Dialog führen. In diesem Umfeld ist es schwierig, Gewalt gegen Frauen zu untersuchen«, sagt sie. Deswegen müssen Frauen, die Zwangsprostituierte befreien, im Stillen agieren. Es ist eine Welt des Krieges, nicht das Friedens.
Palästina ist in vielerlei Hinsicht ein vermintes Gelände. Die Feinde stehen sich nicht nur an den israelischen Grenzzäunen gegenüber. Die Auseinandersetzung zwischen Arabern, Christen und Juden sind tief verwurzelt. Zwischen Völkern, die allem Anschein nach Brüder sein könnten, erreichen Hass, Intoleranz und Rassismus kaum vorstellbare Dimensionen.
Ich frage Rim, ob sie glaubt, dass Mädchen und Frauen in Kriegszeiten größere Gefahr laufen, entführt und verkauft zu werden. »Genauso ist es. Der Krieg öffnet allem Übel die Tür. Deswegen singe ich von der Hoffnung. Die dürfen wir nicht verlieren.«
Rim berichtet mir von den vergangenen vier Jahrzehnten, seit dem Sechstagekrieg des Jahres 1967 , in denen die israelische Armee die palästinensischen Gebiete im Gazastreifen, in Ostjerusalem und im Westjordanland besetzt hielt. Unter der Besatzungspolitik ist die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt, sowohl in den Gebieten selbst als auch an ihren Grenzen. Palästina ist zersplittert. Die Besetzung und die mit ihr einhergehende Gewalt und Unterdrückung erzeugen einen Kriegszustand, in dem für Menschenrechte kein Platz ist.
Die Straßen sind von Wällen und Militärposten gesäumt, die das israelische Militär je nach Umständen und Taktik verlegt. Hier die Ruinen eines Hauses, da die Überreste einer Schule. Ohne Vorwarnung werden Straßen gesperrt, um die Bewegungsfreiheit der Menschen einzuschränken. Wenn die Kinder auf dem Weg zur Schule an eine solche Sperre kommen, dann machen sie wortlos kehrt und suchen sich einen anderen Weg. Sie schweigen, weil sie wissen, dass jedes Wort sie das Leben kosten kann. Die Kinder und ihre Mütter haben gelernt, sich ihre Kräfte zu sparen und sich genau zu überlegen, wo sie sie einsetzen. Mit Spielen oder verstohlenen Witzen versuchen sie, die Angst zu überwinden, die ihren ganzen Körper erfasst, wenn sie sehen, dass neben dem Haus der Großmutter ein neuer Militärposten aufgebaut wurde. Ein kleiner Junge hebt einen Ast auf. Seine 20 -jährige Tante sieht ihn und läuft beinahe zornig auf ihn zu, nimmt ihm den Ast ab und zerbricht ihn. In diesem Moment verstehe ich, dass der Ast von weitem aussehen könnte wie ein Gewehr, und erinnere mich daran, wie die mexikanische Armee in Chiapas auf Jugendliche schoss, die Holzstöcke bei sich trugen; später zeigten Armeesprecher Fotos und behaupteten, die Stöcke hätten von weitem ausgesehen wie Gewehre.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF berichtete, dass in den besetzten Gebieten nach wie vor Hunderte Kinder an den Folgen der bewaffneten Auseinandersetzungen sterben. Die Armut hat seit dem Jahr 2000 deutlich zugenommen. Wegen der israelischen Kontrollen und Straßensperren wird es für die Palästinenser immer schwieriger, zur Arbeit, in die Schule oder ins Krankenhaus zu kommen. Wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens minderjährig ist, dann erkennt man, wie dringend Maßnahmen zum Schutz der Kinder sind.
Anders als in anderen Ländern ist die Prostitution in Israel und Palästina illegal und gilt als extrem unmoralisch, sowohl aus gesellschaftlichen wie aus religiösen Gründen. Was natürlich nicht bedeutet, dass es sie nicht gibt. Sie ist nur schwieriger zu untersuchen, da sie im Verborgenen stattfindet. Die Situation ist ähnlich wie im Iran und Irak, wo die orthodoxen Gläubigen den Standpunkt vertreten, die Männer seien die Eigentümer der Frauen und Herren über ihr Schicksal.
Die Situation in Palästina ist komplex. Die Diskriminierung von Frauen ist Teil einer kulturellen Bürde, die oft noch durch die Religion verstärkt wird. Man muss sich nur die Fotos einer von der Hamas organisierten Hochzeit ansehen, auf denen Männer im Alter von 25 bis 35 , die sich soeben mit
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