Sklaverei
unsere Geschichten lesen?«, fragte sie mich mit der Neugierde eines Menschen, der nie ein Buch gelesen hat. »Aber wozu?«, fragte sie lächelnd. Weder sie noch ich können uns diese perverse Form der Sklaverei erklären, die es dem Opfer erlaubt, von ihr zu berichten, nur um wenige Stunden später wieder in die Hölle zurückzukehren und sich ihren Herren zu unterwerfen. Diese absurde Situation wäre undenkbar, wenn Staat und Gesellschaft nicht Komplizen wären. Ich stehe auf, um mich zu duschen. Die Suche muss weitergehen, die Wahrheit muss ans Licht. Jede dieser menschlichen Tragödien ist das Produkt einer Idee und einer Strategie, und die Komplizen müssen benannt werden.
Baby Girl Limo Service
Ich hatte mich mit einer amerikanischen Touristin im einzigen legalen Spielkasino von Phnom Penh verabredet, in Naga World, einer 80 000 Quadratmeter großen Anlage mit einem Luxushotel à la Schanghai und einem festverankerten Schiff als Markenzeichen.
Ich bat den Portier meines Hotels, mir ein Taxi zu organisieren. Wenn ich nachts ausgehen wolle, sei eine Limousine das sicherste, meinte er. Mit einem guten Trinkgeld stellte ich sicher, dass der Fahrer sein Cousin war und verständliches Englisch sprach. Am Ende sprach der Fahrer besser Französisch, und wir konnten uns einigermaßen verständigen. Eigentlich war es lächerlich, eine Limousine zu mieten, denn das Casino befand sich nur 200 Meter von meinem Hotel entfernt, aber es war Teil meiner Sicherheitsstrategie.
Ich duschte mich, zog ein schwarzes Kleid und Pumps an und legte ein bisschen Schminke auf. Dann sah ich in meine Geldbörse: Ich hatte 400 Dollar in 20 -Dollar-Scheinen und etwa 300 Euro sowie einige Visitenkarten mit falschem Namen und einen Lippenstift. Die Handtaschen werden am Eingang minutiös durchsucht. Weibliche Besucher ohne männliche Begleitung werden in Kasinos, die Prostitution verbergen, immer besonders misstrauisch beäugt.
Ich wusste, dass Naga World dem malaysischen Multimillionär Tan Sri Dr. Chen Lip Keong gehörte. Der 62 -Jährige verfügt nach Auskunft der Zeitschrift
Forbes
über ein Vermögen von 195 Millionen Dollar, die er mit Glücksspiel verdient hat. Unlängst unterband die Börsenaufsicht von Singapur den Börsengang von Naga Corp. Ltd. mit Sitz auf den Kaimaninseln. Nach Auskunft der Behörde wurde Chen Lips Antrag abgelehnt, da seine Geschäfte »out of bounds« seien. Seine Spielkasinos entziehen sich der Aufsicht für Glücksspiel und Geldwäsche und befinden sich außerhalb des Staatsgebiets.
Trotz aller Zweifel an seinem Geschäftsgebaren schaffte der Magnat Chen Lip das Unmögliche: Er erwarb auf 60 Jahre das Monopol für den Betrieb von Spielkasinos in Kambodscha. Sein Geheimnis besteht darin, dass er Wirtschaftsberater des Premierministers Hun Sen ist.
Nach dem Elend und der Unsicherheit, die das Regime der Roten Khmer unter dem Diktator Pol Pot hinterließen, bekämpfte die Regierung nicht nur die Armut, sondern auch das Glücksspiel und die illegalen Wetten im Land. Im Fall von Chen Lip scheint sie jedoch eine Ausnahme zu machen. Der Multimillionär ist nämlich außerdem Eigentümer der Nationalen Lotteriegesellschaft von Kambodscha, die von der Presse und einigen Abgeordneten scharf kritisiert wird, weil sie Millionen einnimmt und niemand je einen Hauptpreis gewonnen hat. Abgeordneten des Nationalkongresses fordern eine Offenlegung der Bilanzen und der legalen und illegalen Aktivitäten des Eigentümers von Naga Corp. Ltd., doch dessen politischer Einfluss hat bislang jegliche Transparenz verhindert. Die Untersuchung von Kasinos, die in den Frauenhandel verwickelt sind, ist nicht einfach: Von Las Vegas bis Kambodscha genießen die Eigentümer den besonderen Schutz einflussreicher Politiker. Von Nevada bis Hongkong, von Macau bis London und von der Karibik bis nach New York haben die Behörden und Medien die Strategien der Bestechung von Polizeibeamten und den Wahlkampfspenden für Abgeordnete, Senatoren, Bürgermeister, Richter und Polizeichefs bestens dokumentiert. Nach Schätzungen von Interpol besuchen jedes Jahr 100 Millionen Menschen ein Spielkasino, und das Geschäft wird mit der Legalisierung des Glücksspiels in verschiedenen Ländern immer lukrativer. Die Glücksspielbranche erzielt größere Gewinne als Sportereignisse, Kino, Musik, Themenparks und Luxuskreuzfahrten zusammen.
Meine Informanten vor Ort berichten, es gebe immer wieder Europäer oder Amerikaner, die Dokumentarfilme
Weitere Kostenlose Bücher